OGH 4Ob144/13z

OGH4Ob144/13z27.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** H*****, vertreten durch Dr. Karin Buzanich-Sommeregger, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) S***** K*****, 2) W***** M*****, wegen 66.240 EUR (Erstbeklagte) und 169.500 EUR (Zweitbeklagter) sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Juni 2013, GZ 12 R 104/13x-10, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Juni 2013, GZ 57 Cg 38/13x-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen die gegen den Zweitbeklagten, der nicht im Sprengel des Erstgerichts wohnt, gerichtete Klage mangels örtlicher Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zurück. Zwar wohne die Erstbeklagte im Sprengel des angerufenen Gerichts, zwischen den Parteien liege aber nur formelle Streitgenossenschaft vor. Die Gerichtsstandsvereinbarung, auf die sich der Kläger weiters berufe, lasse nicht erkennen, dass sie alle Streitigkeiten zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten im Zusammenhang mit einer bestimmten Gesellschaft umfassen solle. Nach dem Wortlaut der Urkunde handle es sich um eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Gesellschaft einerseits und zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten andererseits, die alle Streitigkeiten zwischen dem Kläger und der Gesellschaft sowie alle Streitigkeiten zwischen dem Kläger und dem Zweitbeklagten umfassen solle. Damit werde das vom Gesetz für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung geforderte Rechtsverhältnis, auf das sich die Vereinbarung beziehen müsse, nicht ausreichend bestimmt festgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin vermag in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Auf die Auslegung einer Gerichtsstandsvereinbarung ist, da diese kein materiellrechtlicher Vertrag ist, primär Prozessrecht anzuwenden. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Auslegung von Verträgen können nicht unmittelbar herangezogen werden. Soweit das Prozessrecht keine Auslegungsregeln zur Verfügung stellt, ist primär der objektive Erklärungswert festzustellen. Wenn dies nicht ausreicht, ist entsprechend den für alle Rechtsgebiete wirksamen allgemeinen Auslegungsregeln des § 7 ABGB vorzugehen (1 Ob 25/05s). Für die Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung eine Gerichtsstandsvereinbarung iSd § 104 JN enthält, ist deren Wortlaut maßgebend. Eine Urkunde ist zum Nachweis einer Gerichtsstandsvereinbarung ungeeignet, wenn zu ihrer Auslegung andere Beweismittel herangezogen werden müssten (RIS-Justiz RS0046779).

Die vom Rekursgericht sohin im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung am Wortlaut der vorgelegten Gerichtsstandsvereinbarung orientierte Auslegung wirft mangels vom Obersten Gerichtshof aufzugreifender Fehlbeurteilung im Einzelfall keine erhebliche Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO auf. Dass die hier zu beurteilende Vereinbarung zwischen insgesamt 5 (natürlichen und juristischen) Personen ohne jede konkrete Bezugnahme auf bestimmte zwischen diesen Personen bestehende oder in Aussicht genommene Rechtsverhältnisse nicht den Bestimmtheitsanforderungen der Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen entspricht, ist jedenfalls vertretbar.

Fragen der allenfalls zulässigen Befristung einer Gerichtsstandsvereinbarung stellen sich hier nicht. Das Rekursgericht hat lediglich aus der zeitlichen Abfolge des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung und des nunmehr für die Klage herangezogenen anspruchsbegründenden Sachverhalts - durch die Revisionsrekursausführungen unwiderlegt - geschlossen, dass sich die Jahre vorher getroffene Gerichtsstandsvereinbarung nicht auf einen konkreten Prozess zu beziehen vermag.

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