Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen der zweit‑ und drittbeklagten Partei werden mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Erstbeklagte war seit 1978 Mieter eines Geschäftslokals in einem Haus, das einer Rechtsvorgängerin der Klägerin gehörte.
Der Erstbeklagte hatte das Geschäftslokal verpachtet, im Jahr 2000 wurde sein Pächter insolvent. Im Juli 2000 gründeten der Zweit‑ und der Drittbeklagte sowie dessen Ehefrau eine GesellschaftmbH, welche das Geschäftslokal pachten und darin ein indisches Lokal betreiben wollte. Der Zweit‑ und der Drittbeklagte traten als Geschäftsführer auf. Auch der Erstbeklagte war bei Unternehmensgründung handelsrechtlicher Geschäftsführer, weil er zu diesem Zeitpunkt als einziger über die gewerberechtliche Konzession für das Gastgewerbe verfügte. Für seine Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer erhielt der Erstbeklagte ein monatliches Honorar; überdies war er an der Übernahme des Betriebs durch die gegründete Gesellschaft interessiert, weil er auch während einer Leerstehung des Lokals weiter Miete bezahlen musste.
Am 21. September 2000 kam es in den Räumlichkeiten der Hausverwaltung zu einer Besprechung, an der sämtliche Beklagten und eine Angestellte der Hausverwaltung teilnahmen. Diese verlangte unter Hinweis darauf, dass die als zukünftige Mieterin vorgesehene Gesellschaft eine neu gegründete GmbH mit Mindestkapital sei, die Übernahme der persönlichen Haftung der Gesellschafter und sämtlicher Geschäftsführer, was vor diesem Termin nicht besprochen worden war. Der Erstbeklagte verwies darauf, dass er seine Geschäftsführertätigkeit nur vorübergehend ausübe. Die Hausverwaltungsangestellte bestand jedoch auch auf seiner persönlichen Haftung für die Mieterpflichten und verwies darauf, dass er als Geschäftsführer mit den Anderen gleichberechtigt sei. Eine ausdrückliche Zusage, wonach die Haftung des Erstbeklagten auf die Dauer seiner Geschäftsführungstätigkeit beschränkt sein solle, machte die Hausverwaltungsangestellte nicht, begründete seine vorgesehene Haftung aber eben mit dieser Funktion. Der Erstbeklagte verstand dies so, dass seine Haftung auf die Dauer seiner Geschäftsführungstätigkeit beschränkt sein solle. Zu einer weitergehenden Haftung hätte er sich auch nicht verpflichtet. Die Hausverwaltungsangestellte erklärte auch dem Zweit‑ und Drittbeklagten, dass sie die persönliche Haftung übernehmen müssten. Schließlich unterfertigten sämtliche Beklagten eine von der Hausverwaltung vorbereitete schriftliche Vereinbarung betreffend das von der Gesellschaft anstelle des Erstbeklagten angemieteten Geschäftslokals, wonach ausdrücklich vereinbart wird, dass die Gesellschafter sowie die vertretungsbefugten Geschäftsführer der Mieterin (die drei Beklagten) sich persönlich verpflichten, für einen etwaigen Mietzinsrückstand ‑ zur ungeteilten Hand ‑ zu haften und diesen auch zu bezahlen.
Der Erstbeklagte schied am 10. Mai 2001 als Geschäftsführer aus der Gesellschaft aus. Auch der Zweitbeklagte legte zu diesem Zeitpunkt seine Geschäftsführungstätigkeit zurück, blieb jedoch Gesellschafter. Alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer ist seither der Drittbeklagte.
Die Klägerin machte bereits im Februar 2007 rückständige Mietzinse geltend und erklärte die Aufhebung des Mietvertrags gemäß § 1118 ABGB. Die Gesellschaft zahlte schließlich die rückständigen Mieten. Im Mai 2008 erhob die Klägerin neuerlich eine Mietzins‑ und Räumungsklage gemäß § 1118 ABGB. Am 2. Juli 2010 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Eine auch nur teilweise Befriedigung der Insolvenzgläubiger erfolgte nicht, weil die Gesellschaft über keinerlei Vermögen verfügte. Der Insolvenzverwalter stellte das Bestandobjekt am 15. Juli 2010 an die Klägerin zurück.
Die Klägerin begehrte letztlich 31.962,96 EUR sA an rückständigen Mietzinsen von Februar 2008 bis zur Rückstellung des Bestandobjekts im Juli 2010 von sämtlichen Beklagten.
Der Erstbeklagte wendete ein, der Klägerin stünde kein Mietzins, sondern allenfalls noch Benützungsentgelt zu. Der Erstbeklagte habe eine persönliche Haftung höchstens für vertragliche, nicht jedoch für bereicherungsrechtliche Ansprüche übernommen. Eine Vertragsübernahme durch die Klägerin, die durch den Verkauf der Liegenschaft in den Mietvertrag eingetreten sei, hätte der Zustimmung aller Vertragspartner und überdies der Schriftform bedurft. Überdies sei die persönliche Haftung mit der Dauer der Geschäftsführertätigkeit des Erstbeklagten befristet gewesen.
Der Zweit‑ und der Drittbeklagte bestritten ebenfalls den Übergang der sich aus den Haftungserklärungen ergebenden Verpflichtungen auf die Klägerin.
Das Erstgericht wies mit Teilurteil das gegenüber dem Erstbeklagten erhobene Begehren ab und gab dem gegen den Zweit‑ und den Drittbeklagten erhobenen Klagebegehren mit Zwischenurteil dem Grunde nach statt. Die Haftungserklärung des Erstbeklagten sei gemäß § 915 ABGB so auszulegen, dass seine Haftung durch die Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit in der Gesellschaft geendet habe. Die Haftung des Zweit‑ und des Drittbeklagten sei jedoch nicht dadurch erloschen, dass die Haftungserklärung mit der Vorvermieterin abgeschlossen und die Liegenschaft an die Klägerin verkauft worden sei. Die Haftung bestehe überdies trotz Bezugnahme auf Mietzinsrückstände fort, obwohl es sich bei der geltend gemachten Forderung nach Auflösung des Mietvertrags um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch (Benützungsentgelt) handle.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Haftung sämtlicher Beklagter dem Grunde nach aussprach. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig. Nach dem maßgeblichen objektiven Erklärungswert der Haftungsübernahme des Erstbeklagten sei mangels ausdrücklicher Einschränkung nicht davon auszugehen, dass seine Haftung auf den Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit beschränkt wäre. Sonst stünde es ihm frei, durch seinen Willensentschluss, nicht mehr als Geschäftsführer zu agieren, die Haftung für ausständige Mietzinse zu beenden. Im Fall der Veräußerung des Bestandobjekts durch den Vermieter gehe der Mietvertrag mit dem Bestandinhaber auf den Erwerber der Liegenschaft über. Mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts übernehme der Erwerber die bestehenden Bestandverträge kraft Gesetzes. Es komme lediglich zu einer Änderung der Vertragspartei auf Vermieterseite, inhaltlich bleibe der Bestandvertrag ‑ abgesehen von Nebenabreden ungewöhnlichen Inhalts im Sinn des § 2 Abs 1 MRG ‑ ident. Die Vereinbarung der Haftungsübernahme durch die Beklagten sei als Bürgschaft für die Mietzinsforderungen der Klägerin gegen die Gesellschaft zu beurteilen. Die Bürgschaft sei gemäß § 1363 ABGB akzessorisch zur Hauptforderung. Die Haftung bleibe auch bei Wechsel der Partei auf Gläubigerseite bestehen. Ob es sich bei der persönlichen Haftungsübernahme um eine Nebenabrede ungewöhnlichen Inhalts handle, könne dahingestellt bleiben. Da die Beklagten die Verpflichtung zur persönlichen Haftung schriftlich abgegeben hätten, sei dem Schriftformgebot entsprochen worden. Eine neuerliche schriftliche Vereinbarung mit dem Erwerber des Bestandobjekts sei nicht erforderlich. Nach dem Parteiwillen sei nicht nur der Mietzins sondern auch die aus dem bestehenden Vertragsverhältnis entspringende Verpflichtung, nach Beendigung des Bestandverhältnisses im Falle verspäteter Rückstellung des Objekts Benützungsentgelt zu bezahlen, von der Haftungsübernahme umfasst. Eine bewusste Unterscheidung zwischen einem vertraglichen Mietzins und einem bereicherungsrechtlichen Benützungsentgelt könne den Parteien nicht unterstellt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Erstbeklagten, mit der er die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt, ist zulässig und berechtigt.
Die außerordentlichen Revisionen des Zweit‑ und des Drittbeklagten, die die gänzliche Klageabweisung anstreben, sind mangels Aufzeigens erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Zur Revision des Erstbeklagten:
Die Auslegung der Bürgschaftserklärung des Erstbeklagten durch das Berufungsgericht erweist sich als korrekturbedürftig.
Zwar geht aus dem Vereinbarungstext nicht hervor, dass die Bürgschaft des Erstbeklagten für die Mietzinsverbindlichkeiten der Gesellschaft auf die Dauer seiner Geschäftsführertätigkeit beschränkt sein soll, die festgestellten Vorgespräche zwischen dem Erstbeklagten und der der Klägerin zuzurechnenden Mitarbeiterin der Vertreterin der Rechtsvorgängerin der Klägerin nahmen aber auf diese Geschäftsführertätigkeit Bezug. Der Erstbeklagte, der dem Ansinnen der Hausverwaltung, eine Haftung für die Mietzinsschulden der Gesellschaft zu übernehmen, offensichtlich ablehnend gegenüberstand, verwies darauf, dass er seine Geschäftsführungstätigkeit nur vorübergehend ausübe. Die Hausverwaltung bestand aber auf seiner persönlichen Haftung unter Hinweis darauf, dass er als Geschäftsführer mit den anderen Geschäftsführern (und auch Gesellschaftern) der Gesellschaft gleichberechtigt sei. Zwar kommt es richtigerweise nicht darauf an, wie der Erstbeklagte die von ihm abgegebene Erklärung selbst auffasste, bei den gegebenen Umständen durfte die der Klägerin zuzurechnende Mitarbeiterin der Hausverwaltung aber nicht darauf vertrauen, dass der Erstbeklagte unabhängig von seiner Geschäftsführungstätigkeit zeitlich unbeschränkt die Haftung für sämtliche, auch nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer begründete Mietzinsschulden der Gesellschaft übernehmen wollte. Die von der erkennbaren Absicht der Parteien ausgehende Vertragsauslegung müsste daher schon zur bloß mit der Geschäftsführertätigkeit befristeten Bürgschaftsübernahme führen. Jedenfalls aber ist entsprechend der erstgerichtlichen rechtlichen Beurteilung davon auszugehen, dass der Erstbeklagte im Zweifel die geringere Verbindlichkeit übernehmen wollte (§ 1353 ABGB für die Bürgschaft im Speziellen, § 915 ABGB im Allgemeinen).
Da feststeht, dass der Erstbeklagte im hier maßgeblichen Zeitraum (Mietzins‑ oder Benützungsentgeltansprüche der Klägerin in den Jahren 2008 bis 2010) schon längst nicht mehr Geschäftsführer der Mietergesellschaft war, bildet die vom Erstbeklagten übernommene Mithaftungsverpflichtung keine Grundlage für die von der Klägerin erhobenen Ansprüche. Das in Ansehung des Erstbeklagten abweisende Teilurteil des Erstgerichts ist daher wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO (Bemessungsgrundlage 31.962,96 EUR).
2. Zur außerordentlichen Revision des Zweit‑ und des Drittbeklagten:
Ist der Umfang der Bürgschaftserklärung nicht zweifelhaft, bedarf es der Heranziehung der Auslegungsregeln der §§ 1353 und 915 ABGB nicht (RIS‑Justiz RS0017945). „Ausdrücklich“ nach § 1353 ABGB bedeutet nicht mehr als „deutlich erkennbar“ (RIS‑Justiz RS0032159). Die Auffassung der Vorinstanzen, die Bürgschaft des Zweit‑ und des Drittbeklagten dienen nicht nur dem Wortlaut entsprechend für vertraglich geschuldetes Mietentgelt sondern darüber hinaus auch nach Auflösung des Vertrags für das auf bereicherungsrechtlicher Grundlage geschuldete Benützungsentgelt als Äquivalent für die weitere Nutzung des Geschäftslokals, bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung. Zutreffend verweist das Berufungsgericht auf die analoge Berechnung und Fälligkeit des Benützungsentgelts zum Mietzins. Die bereicherungsrechtlichen Ansprüche nach Aufkündigung des zunächst gültig zustande gekommenen und über einige Zeit beiderseits erfüllten Dauerschuldverhältnisses sind nicht mit den Fällen zu vergleichen, in denen das mit Bürgschaft gesicherte Vertragsverhältnis gar nicht zustande kam oder ‑ etwa infolge Abschlussmängel ‑ nachträglich rückwirkend beseitigt wurde, sodass zu sichernde vertragliche Ansprüche gar nicht wirksam begründet wurden. Die vom Zweitbeklagten befürchtete uferlose Haftung des Bürgen bei Ausdehnung der Bürgschaft auf bereicherungsrechtliche Ansprüche droht hier gerade nicht, weil das Benützungsentgelt nach Höhe und Fälligkeit dem Mietzins entspricht. Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, dass der Bürge als Geschäftsführer der Hauptschuldnerin selbst maßgeblich auf deren Verhalten Einfluss hat, weshalb ihm schon aus diesem Grund keine nicht einschätzbaren Gefahren drohen.
Die im Zusammenhang mit der Rechtsnachfolge auf Klagsseite aufgeworfenen Fragen (Anwendung des § 2 MRG) sind gleichfalls nicht erheblich. Auch wenn man nicht von einer gesetzlichen Vertragsübernahme nach § 1120 ABGB oder § 2 Abs 1 MRG ausgeht, ist zumindest eine Zession der Mietzinsforderungen auf Klagsseite anzunehmen. Diese Zession bewirkt aber den Übergang der Bürgschaft (RIS‑Justiz RS0015158, RS0032751).
Die darüber hinaus vom Drittbeklagten bemängelte Auslegung des Klagevorbringens durch das Berufungsgericht ist gleichfalls vertretbar. Zwar spricht die Klägerin stets von ihr geschuldeten Mietzinsen, sie tritt auch der Argumentation des Erstbeklagten in erster Instanz entgegen, nach Auflösung des Mietverhältnisses werde allenfalls Benützungsentgelt geschuldet, sie schränkt aber ihr Begehren im Hinblick auf den eingewendeten Rückstellungstermin (15. Juli 2010) dahin ein, dass sie nur mehr anteilig für Juli 2010 „Mietzins“ begehrt. Es erscheint daher vertretbar, ungeachtet des Streits zwischen den Parteien über die rechtliche Qualifikation des begehrten Nutzungsentgelts (vertraglicher oder bereicherungsrechtlicher Anspruch) keine Beschränkung des Klagebegehrens im Hinblick auf einen bestimmten geltend gemachten Rechtsgrund anzunehmen. In der mündlichen Streitverhandlung wurde darüber hinaus nach Verlesung zweier Vorakten betreffend Mietzins‑ und Räumungsklagen das Problem der rechtlichen Qualifikation des begehrten Nutzungsentgelts nicht mehr erörtert. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über die zweifache Auflösung des Mietverhältnisses nach § 1118 ABGB sind daher nicht als überschießend zu betrachten und somit Basis der rechtlichen Beurteilung.
Der vom Drittbeklagten gerügte Verfahrensmangel erster Instanz ist in dritter Instanz ohnehin nicht mehr maßgeblich (RIS‑Justiz RS0042963).
Die außerordentlichen Revisionen des Zweit‑ und des Drittbeklagten waren daher mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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