OGH 11Os62/13x

OGH11Os62/13x28.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Attila T***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster, zweiter und vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 22. Februar 2013, GZ 39 Hv 90/12z-97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im freisprechenden Teil unberührt bleibt, aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache dazu an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von einem weiteren einschlägigen Vorwurf enthält - wurde Attila T***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster, zweiter und vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den hiefür bereits rechtskräftig verurteilten Ferenc N*****, Rudolf B*****, Roland N***** und Sandor S***** sowie mit weiteren Unbekannten als Mittäter durch Eindringen in Lagerplätze mittels Aufzwicken eines Maschendrahtzauns fremde bewegliche Sachen, nämlich Kupferkabel mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigten der Ö***** wegzunehmen versucht, und zwar

1. in der Nacht zum 29. Oktober 2009 im Gesamtwert von insgesamt ca 7.000 Euro

2. am 31. Oktober 2009 im Gesamtwert von insgesamt ca 2.500 Euro,

wobei er den Diebstahl als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) anderer Mitglieder dieser Vereinigung an Sachen, deren Wert insgesamt 9.500 Euro beträgt, sohin 3.000 Euro übersteigt, sowie den Diebstahl durch Einbruch in der Absicht zu begehen suchte, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten (US 8 f) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 5a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge (Z 3) gegen die Verlesung der Aussagen von Zeugen, die aus Ungarn vergeblich vor das erkennende Gericht geladen worden waren, kann überwiegend Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Der Angeklagte hatte sich angesichts der belastenden Angaben der bereits rechtskräftig verurteilten (mutmaßlichen Mit-)Täter mit einer Personenverwechslung verantwortet und damit den Tatvorwurf (ON 83) zur Gänze geleugnet (ON 96 S 2 f, 6).

Das Erstgericht hatte die vier Verurteilten aus Ungarn ordnungsgemäß als Zeugen geladen, wobei drei Ladungen zugestellt werden konnten, eine jedoch wegen unbekannten Aufenthalts der Zielperson nicht (ON 94).

Da die Geladenen nicht zur Hauptverhandlung gekommen waren, wurden die Aussagen aller dieser Zeugen gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesen (ON 96 S 5 f) und zur Überführung des Angeklagten verwertet (ON 6 ff, 9 f).

Ob das persönliche Erscheinen eines Zeugen füglich nicht bewerkstelligt werden kann und das Protokoll über seine Vernehmung daher verlesen werden darf (§ 252 Abs 1 Z 1 StPO), ist stets nach der Lage des konkreten Einzelfalls zu beurteilen (Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 63; Fabrizy, StPO11 § 252 Rz 14; 12 Os 102/97; RIS-Justiz RS0098248 [T10 und T19 = SSt 2008/71]; RS0108361 [T11]).

Während demnach der von der ungarischen Staatsanwaltschaft mitgeteilte unbekannte Aufenthaltsort eines Zeugen zur Verlesung dessen Aussagen berechtigte, kann dies im Hinblick auf die Möglichkeit der Vernehmung der Zeugen mit bekanntem Aufenthalt im Rechtshilfeweg nicht gesagt werden.

Es war daher - in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur - wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden (§ 285e StPO), ohne das weitere Rechtsmittelvorbringen erörtern zu müssen.

Im zweiten Rechtsgang wird auf geeignete Weise sicherzustellen sein, dass sich die Zeugen vor allem zur Identität des Angeklagten verlässlich äußern können.

Überdies könnte fallbezogen eine Ausforschung des bislang nicht ladbaren Zeugen neuerlich veranlasst werden und wäre - nicht zuletzt mit Blick auf § 31 StGB - der Ausgang des offenen Strafverfahrens des Angeklagten in Ungarn zu überwachen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation zu verweisen.

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