OGH 1Ob59/13b

OGH1Ob59/13b21.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei M***** P*****, vertreten durch Mag. Andreas Kleiber, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** Gemeinnützige Baugenossenschaft ***** reg. GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Furherr, Rechtsanwalt in Wien, wegen insgesamt 69.095,68 EUR sA, über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 52.364,44 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2013, GZ 22 R/13v-78, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom 15. Oktober 2012, GZ 14 C 231/10s, 232/10p-73, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte mit zwei gesonderten Klagen einerseits die Zahlung von 34.095,68 EUR samt Zinsen, die ihr nach Vertragsbeendigung an rückzuerstattendem Finanzierungsbeitrag abzüglich offener Mietzinse gebühre, und andererseits 35.000 EUR samt Zinsen als Investitionsersatz. In der Folge wurde die Forderung auf Rückzahlung des Finanzierungsbeitrags mit einem Betrag von 33.849,55 EUR der Höhe nach außer Streit gestellt. Die Beklagte wandte - neben sonstigen Einwendungen gegen die zweite Klageforderung - eine Gegenforderung von 40.393,63 EUR aufrechnungsweise gegen die Klageforderungen ein.

Das Erstgericht verneinte nach Prozessverbindung das Bestehen der Klageforderung über 35.000 EUR sA und sprach in seinem Urteil aus, dass die (andere) Klageforderung mit 33.849,55 EUR und die Gegenforderung bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht bestehe, und wies das (gesamte) Klagebegehren (69.095,68 EUR samt Zinsen) ab. In ihrer Berufung begehrte die Klägerin die Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung in der Weise, dass die Klageforderungen (insgesamt) als mit 61.399,55 EUR (33.849,55 EUR + 27.750 EUR) zu Recht bestehend und die Gegenforderung als mit 9.035,11 EUR zu Recht bestehend erkannt würden und ihr ein Betrag von 52.364,44 EUR samt Zinsen zuzusprechen sei. Die Klägerin hatte keine Berufung erhoben, sodass die Aussprüche des Erstgerichts über das Bestehen der (ersten) Klageforderung mit 33.849,55 EUR und der Gegenforderung mit (zumindest) 9.035,11 EUR unbekämpft blieben.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Dagegen erhob die Klägerin eine „außerordentliche“ Revision.

Rechtliche Beurteilung

Eine Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung steht derzeit aber nicht fest.

Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. In solchen Fällen kommt die Erhebung einer außerordentlichen Revision (§ 505 Abs 4 ZPO) grundsätzlich nicht in Betracht. Vielmehr hat die durch die berufungsgerichtliche Entscheidung beschwerte Partei (nur) die Möglichkeit, einen - mit einer ordentlichen Revision verbundenen - Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO an das Berufungsgericht zu stellen, und dieses zur Abänderung des Unzulässigkeitsausspruchs zu veranlassen. Hat das Berufungsgericht über verbundene Rechtssachen gemeinsam entschieden, ist dies für die Rechtsmittelzulässigkeit ohne Bedeutung; maßgebend ist die Höhe des jeden einzelnen Rechtsstreit betreffenden Entscheidungsgegenstands (vgl nur Kodek in Rechberger³, § 502 ZPO Rz 2 mit Judikaturnachweisen).

Im vorliegenden Verfahren blieb der Ausspruch des Erstgerichts über das Zurechtbestehen der Klageforderung im führenden Akt mit 33.849,55 EUR und der Gegenforderung mit (zumindest) 9.035,11 EUR unbekämpft, sodass in Ansehung dieses Entscheidungsgegenstands das Berufungsgericht nur noch über einen Geldbetrag von 24.814,44 EUR samt Zinsen zu entscheiden hatte. Die ursprüngliche Forderung im verbundenen Akt für die Abgeltung der Investitionen hielt die Klägerin in der Berufung nur mit 27.550 EUR samt Zinsen aufrecht, sodass auch insoweit das Berufungsgericht über einen 30.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand zu befinden hatte.

Damit kommt die Erhebung einer außerordentlichen Revision nicht in Betracht. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob der Schriftsatz der Klägerin als ein (mit einer ordentlichen Revision verbundener) Antrag an das Berufungsgericht zu verstehen ist (§ 84 Abs 2 Satz 2 ZPO). Bejahendenfalls wird es die Akten dem Berufungsgericht zur Entscheidung vorzulegen haben. Andernfalls wird dem Revisionswerber unter Bestimmung einer angemessenen Verbesserungsfrist die Möglichkeit einzuräumen sein, klarzustellen, ob seine Eingabe als ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO behandelt werden soll.

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