OGH 12Os29/13a

OGH12Os29/13a16.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Mai 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Müller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl-Heinz M***** und weitere Angeklagte wegen Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Danijel K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 27. September 2012, GZ 29 Hv 41/12x-53, sowie über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss auf Anordnung von Bewährungshilfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Danijel K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält, wurde Danijel K***** mehrerer Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB (A./II./1./, 2./ und 3./) sowie der Vergehen der Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB (B./II./ und III./), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C./), des Betrugs nach § 146 StGB (D./) und der falschen Beweisaussage nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB (G./) schuldig erkannt.

Karl-Heinz M***** wurde des Verbrechens (richtig: mehrerer Verbrechen) der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und 2, teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (A./I./1./ bis 5./ und A./IV./) und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt.

Hinsichtlich des Danijel K***** und eines weiteren Angeklagten wurde gemäß § 494 Abs 1 StPO iVm § 50 StGB - sanktionslos im Urteil statt mit gesondert auszufertigendem Beschluss (vgl RIS-Justiz RS0101841; Schroll in WK² § 50 Rz 16) - Bewährungshilfe angeordnet.

Nach dem Schuldspruch haben - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant - Karl-Heinz M***** und Danijel K***** in E*****

A./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz andere mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu Handlungen, nämlich zur Übergabe von Bargeld genötigt, die diese am Vermögen schädigten, wobei sie die Erpressungen gewerbsmäßig begingen und gegen dieselben Personen längere Zeit hindurch fortsetzten, und zwar

I./ Karl-Heinz M*****

1./ am 6. April 2012 Kevin E*****, indem er von diesem 10 Euro forderte und ihm einen Schlag ins Gesicht versetzte, zur Übergabe von 10 Euro Bargeld am selben Tag;

...

II./ Danijel K*****

1./ am 5. April 2012 Nikola Ur***** durch die Äußerung, er werde ihn schlagen, wenn er ihm das Geld nicht gebe, zur Übergabe von 30 Euro Bargeld am nächsten Tag;

2./ am 6. April 2012 sowie in weiteren sieben Angriffen im Frühling 2012 Raphael Ew***** durch die Äußerung, dieser solle ihm das Bargeld für Karl-Heinz M***** übergeben, sonst werde M***** ihn schlagen, zur Übergabe von jeweils 10 Euro, wobei er in Kenntnis des unter Punkt A./I./ geschilderten Verhaltens des Karl-Heinz M***** war und dieses als Drohung für seine Geldforderung ausnützte;

3./ am 6. April 2012 sowie in vier weiteren Angriffen im Frühling 2012 Kevin E***** durch die Äußerung, dieser solle ihm das Bargeld für Karl-Heinz M***** übergeben, zur Übergabe von jeweils 10 Euro, wobei er in Kenntnis des unter Punkt A./I./ geschilderten Verhaltens des Karl-Heinz M***** Kevin E***** zu verstehen gab, er würde das Geld für Karl-Heinz M***** einkassieren;

...

IV./ Karl-Heinz M***** den Danijel K***** zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten im Frühling 2012 dazu bestimmt,

1./ in zumindest einem Angriff den Raphael Ew***** durch die Äußerung, er solle ihm Geld für Karl-Heinz M***** übergeben, zur Übergabe von zumindest 10 Euro Bargeld zu nötigen (Punkt A./II./2./);

2./ in zumindest vier Angriffen den Kevin E***** durch die Äußerung, er solle ihm Geld für Karl-Heinz M***** übergeben, zur Übergabe von zumindest 40 Euro Bargeld zu nötigen (Punkt A./II./3./);

...

Rechtliche Beurteilung

Gegen Punkt A./II./2./ und 3./ des Schuldspruchs richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Danijel K*****, welcher keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der A./II./2./ betreffenden, Aktenwidrigkeit reklamierenden Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall), wonach das Gericht von der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers ausgegangen sei, er jedoch angegeben habe, jenen Personen, von denen er Geldbeträge gefordert habe, kein Übel angedroht zu haben, was auch der Zeuge Ew***** bei seiner Vernehmung bestätigt habe, bezieht sich die zitierte Aussage des Beschwerdeführers auf die Bedrohungen gegen die Zeugen Nikola Ur***** (A./II./1./) und Kevin E***** (A./II./3./; ON 43 S 13). Den Tatvorwurf zum Nachteil des Zeugen Raphael Ew***** bestritt der Beschwerdeführer lediglich hinsichtlich der Anzahl der Angriffe (ON 43 S 11). Der Zeuge Raphael Ew***** hat im Übrigen - entgegen dem Beschwerdevorbringen - angegeben, dass - wenn auch Danijel K***** nicht gesagt habe, was passiert, wenn er ihm das Geld nicht gebe - er sich das habe denken können, weil der Angeklagte Karl-Heinz M***** es ihm bereits „am Anfang“ gesagt habe (ON 43 S 29). Im Ergebnis bekämpft der Beschwerdeführer unter teilweiser Verwechslung der jeweiligen Punkte des Schuldspruchs lediglich nach Art einer Schuldberufung, somit in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Kollegialgerichts.

Dies gilt auch für das den Schuldspruch A./II./3./ betreffende Vorbringen offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall), zumal es die Urteilsausführungen zur grundsätzlich geständigen Verantwortung der Angeklagten und zu den belastenden Aussagen der Zeugen (US 17) übergeht. Welche Relevanz die auf die Aussagen der Zeugen Astrid U***** und Albert D***** gestützten (im Übrigen nicht entscheidungswesentlichen) Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Einrichtung L***** diesbezüglich haben sollen, bleibt unerfindlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zu einem von der Generalprokuratur in Ansehung des Angeklagten Karl-Heinz M***** betreffend die Punkte A./IV./1./ und 2./ des Schuldspruchs angeregten Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO, weil ausreichende Feststellungen betreffend die Bestimmung zu einem deliktischen Verhalten vermisst werden, sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst. Angesichts der Konstatierung, wonach Karl-Heinz M***** auf die Idee kam, von anderen Lehrlingen Geld zu fordern, um sich seinen Lebenswandel zu finanzieren und es dabei in Kauf nahm, andere längere Zeit hindurch am Vermögen zu schädigen (US 18) und sich selbst durch die Zueignung der so erlangten Geldbeträge zu bereichern und weiters, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, seinen Ruf, gewaltbereit zu sein, bewusst ausnützte, mit Schlägen drohte oder sogleich Gewalt anwendete (US 12) sowie der Feststellungen zur Aufforderung des Danijel K***** im Frühjahr 2012, von Raphael Ew***** und Kevin E***** Geld einzufordern (US 15) und des erkennbaren Willens der Tatrichter, dass die Aufforderung beinhaltete, dass Danijel K***** die Geldübergabe - ebenso wie bei den den übrigen Punkten des Schuldspruchs wegen Erpressung zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen - durch Androhung von Schlägen bzw durch Versetzen von Schlägen erreichen sollte (RIS-Justiz RS0117228; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19), liegen ausreichende Urteilsannahmen vor, um diesen Sachverhalt §§ 12 zweiter Fall, 144 Abs 1, 145 Abs 2 Z 1 und Z 2 StGB zu unterstellen.

Unter Berücksichtigung der weiteren Feststellungen, wonach Karl-Heinz M***** und Danijel K***** jeweils den aus Vorverurteilungen wegen Aggressionsdelikten resultierenden Ruf des Karl-Heinz M*****, gewaltbereit zu sein, ausnützten (US 12 ff), besteht kein Anlass zu einer amtswegigen Maßnahme nach § 290 StPO, weil zumindest den Kriterien des § 83 StGB genügende Körperverletzungen in Aussicht gestellt wurden (vgl Eder-Rieder in WK² § 144 Rz 10).

Betreffend die Abgrenzung zum Tatbestand des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB ist festzuhalten, dass die Tatrichter hinreichend deutlich feststellten, dass jeweils nicht eine präsente, im Gewahrsam des Opfers befindliche Sache weggenommen bzw abgenötigt wurde, sondern die Gewaltanwendung oder Drohung auf eine zukünftige Erlangung der Sachen abzielte (vgl Eder-Rieder in WK² § 144 Rz 40).

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