OGH 7Ob22/13f

OGH7Ob22/13f17.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach ***** verstorbenen E***** R***** K*****, wegen Feststellung des Erbrechts zwischen den Erbansprechern I.1. H***** K*****, 2. M***** K*****, beide vertreten durch Dr. Gernot Murko, Mag. Christian Bauer, Mag. Gerlinde Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, einerseits und den Erbansprechern II.1. H***** A***** M***** K*****, 2. F***** C***** K*****, beide vertreten durch Dr. Waltraud Künstl, Rechtsanwältin in Wien andererseits, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erbansprecher zu II. gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 16. November 2012, GZ 1 R 233/12b‑28, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 19. Juli 2012, GZ 1 A 163/11y‑21, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00022.13F.0417.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 551 ABGB letzter Satz wirkt ein Erbverzicht, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen. Im vorliegenden Erbverzichtsvertrag ist ausdrücklich klargestellt, dass sich der Verzicht auch auf die Nachkommen des Verzichtenden erstreckt.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits unter Verweis auf die dazu umfangreich bestehende Lehre ausgesprochen, dass die Gültigkeit der Bestimmung trotz der geäußerten rechtspolitischen Bedenken nicht in Zweifel gezogen wird (5 Ob 512/90).

2. Die Revisionswerber vertreten ‑ entgegen der Vorinstanzen ‑ die Rechtsansicht, zwischen der nunmehrigen Regelung des § 154 Abs 3 ABGB und § 551 ABGB letzter Satz bestehe ein unlösbarer Widerspruch.

Auch dazu hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 5 Ob 512/90 im Einklang mit dem überwiegenden Schrifttum, dem insbesondere auch die jüngere Lehre gefolgt ist ( Zankl , Der Erbverzicht zum Nachteil minderjähriger Nachkommen, NZ 1990, 5; Eccher in Schwimann , ABGB 3 III § 551 Rz 10, Koziol/Welser , Grundriss des bürgerlichen Rechts 12 II 128, 129) ausgeführt, dass bereits die frühere Regelung des ABGB in § 152 ein besonderes Verfahren für die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Erklärungen Minderjähriger vorgesehen habe. Diese Bestimmung sei dahin auszulegen gewesen, dass außergewöhnliche Geschäfte Minderjähriger der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedurften. Daran habe sich durch die geänderte Fassung des § 154 Abs 3 ABGB nichts geändert. Es werde nur lediglich als weitere Voraussetzung für die Erteilung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung die Zustimmung des anderen Elternteils gefordert. Demnach habe die Änderung des § 154 Abs 3 ABGB keine für die Auslegung des § 551 ABGB letzter Satz entscheidende Änderung gebracht. Dazu kommt, dass § 154 Abs 3 ABGB nur die Voraussetzungen der Rechtswirksamkeit rechtsgeschäftlicher Erklärungen Minderjähriger regle. Die Wirkung des Verzichts sei von der Zustimmung der in § 551 ABGB ohne Differenzierung genannten Nachkommen unabhängig. Die volle Wirkung des Erbverzichts eines Großjährigen bedürfe nicht der Zustimmung der Nachkommen und daher auch nicht der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung für minderjährige Nachkommen des Verzichtenden. Dies entspreche auch dem Zweck des § 551 ABGB, der die Auszahlung des Erbteils ermöglichen soll.

Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist hier zu verneinen, da die Rechtsmittelwerber mit keinen neuen Argumenten Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung wecken konnten.

3. Dahingestellt bleiben kann, ob im Verlassenschaftsverfahren im Zuge der Feststellung des Erbrechts das Gestaltungsrecht der Anfechtung eines Vertrags wegen Wuchers oder Fehlens der Geschäftsgrundlage überhaupt ausgeübt werden kann. Richtig gingen die Vorinstanzen nämlich davon aus, dass die Verjährung grundsätzlich mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem das Recht zuerst hätte ausgeübt werden können. Kenntnis des Berechtigten von seinem Recht ist dabei nicht erforderlich ( Mader/Janisch in Schwimann , ABGB 3 VI § 1478 Rz 3 und 6, M. Bydlinski in Rummel 3 , § 1478 Rz 2 und 4). Zutreffend ist daher, dass die Verjährungsfrist mit Abschluss des Verzichtsvertrags zu laufen begann. Da eine Anfechtung durch die Rechtsmittelwerber lediglich auf Grund ihrer Stellung als Universalsukzessoren nach dem Verzichtenden möglich wäre, bleibt kein Platz für die Annahme, die Verjährungsfrist hätte mit ihrer persönlichen Kenntnis vom Erbverzicht neu begonnen.

Die Rechtsmittelwerber zeigen insgesamt keine Fehlbeurteilung der Vorinstanzen auf.

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