OGH 7Ob13/13g

OGH7Ob13/13g27.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr.

Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. G***** B*****, geboren am *****, F***** B*****, geboren am *****, und A***** B*****, geboren am *****, alle wohnhaft in *****, hier vertreten durch das Land Niederösterreich als Jugendwohlfahrtsträger (Bezirkshauptmannschaft Wien‑Umgebung, 3400 Klosterneuburg, Leopoldstraße 21), Mutter S***** B*****, Vater Ing. N***** B*****, vertreten durch Mag. Manuela Prohaska, Rechtsanwältin in Wien, über die außerordentlichen Revisionsrekurse des Vaters gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht je vom 29. November 2012, GZ 20 R 105/12z‑13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 31. Juli 2012, GZ 1 Pu 136/12g‑6, bestätigt wurde, und GZ 20 R 106/12x‑14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 21. August 2012, GZ 1 Pu 136/12g‑8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00013.13G.0327.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Das Erstgericht verpflichtete den Vater, zusätzlich zu den ihm bereits mit Vergleich auferlegten monatlichen Unterhaltsleistungen beginnend mit 1. 9. 2011 noch weitere monatliche Beträge zu zahlen, und zwar für G***** 295 EUR, für F***** 210 EUR, für A***** 90 EUR.

Den Antrag des Vaters auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Äußerungsfrist zum Unterhaltserhöhungsantrag der Kinder wies das Erstgericht ab.

Das Rekursgericht bestätigte beide Beschlüsse, und zwar den Unterhaltserhöhungsbeschluss zu GZ 20 R 105/12z‑13 und den Beschluss über den Wiedereinsetzungsantrag zu GZ 20 R 106/12x‑14.

In beiden Entscheidungen sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es liege keine Rechtsfrage im Sinn von § 62 Abs 1 AußStrG vor.

Gegen beide Beschlüsse erhob der Vater als „außerordentliche Revisionsrekurse“ bezeichnete Rechtsmittel, die das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Streitwert nach § 58 Abs 1 JN (RIS‑Justiz RS0046543). Im Unterhaltsverfahren ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0112656), eine Zusammenrechnung von Unterhaltsansprüchen mehrerer Unterhaltsberechtigter findet nicht statt (RIS‑Justiz RS0017257).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich für die Kinder jeweils ein Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts wie folgt:

Minderjähriger G***** 10.620 EUR (295 EUR x 36), Minderjähriger F***** 7.560 EUR (210 x 36) und Minderjährige A***** 3.240 EUR (90 EUR x 36). Damit ist die nach § 62 Abs 3 AußStrG maßgebliche Wertgrenze von 30.000 EUR (vgl RIS‑Justiz RS0125732) in keinem Fall erreicht. Ein außerordentlicher Revisionsrekurs kann daher nicht erhoben werden. Dies gilt auch im Verfahren über einen Wiedereinsetzungsantrag, weil der Entscheidungsgegenstand im Verfahren über den materiellen Anspruch zwingend ident mit jenem im Wiedereinsetzungsverfahren ist und daher auch die Anfechtbarkeit in beiden Verfahren nach denselben Grundsätzen beurteilt werden muss (2 Ob 170/10d mwN).

In einem solchen Fall kann eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Wird dennoch ein „außerordentlicher“ Revisionsrekurs erhoben, so hat ‑ auch wenn der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist ‑ das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen. Dem Obersten Gerichtshof fehlt, solange der Ausspruch nicht abgeändert wurde, die funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über das Rechtsmittel.

Ob allenfalls ein Verbesserungsverfahren einzuleiten ist, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

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