OGH 13Os134/12y

OGH13Os134/12y24.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kogler als Schriftführerin im Verfahren zur Unterbringung des DI Dr. Otto Z***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 23. August 2012, GZ 601 Hv 13/12f-44, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des DI Dr. Otto Z***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er am 21. Mai 2012 in Klosterneuburg unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer bipolaren affektiven Störung F31 ICD 10, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung F61.0 ICD 10 mit paranoiden/querulatorischen, emotional instabilen und hyperthymen Persönlichkeitsanteilen sowie einer cerebralen Mikroangiopathie mit Lower Body Parkinson und mnestischer Insuffizienz mit Betroffensein des Kurzzeitgedächtnisses, beruht, Kurt L*****, indem er

(I) mit einem etwa 30 cm langen Küchenmesser in der Hand auf ihn zuging und schrie, dass er ihn umbringen werde, und in der Folge, nachdem Kurt L***** aus Angst sich in der Fahrerkabine seines Lastkraftwagens eingesperrt hatte, auf die Seitenwand der Fahrerkabine einhämmerte und wiederholte, dass er ihn umbringen werde, gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;

(II) aus einem ebenerdigen Fenster mit den Worten, dass er ihm ein Bügeleisen auf den Kopf schlagen werde, ein Bügeleisen in Richtung des Kopfes des Kurt L***** warf, wobei dieser an der rechten Schulter getroffen wurde, wodurch er zumindest Schmerzen an der rechten Schulter erlitt, absichtlich schwer am Körper zu verletzen versucht,

wodurch er das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (I) und das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (II) beging.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen geht fehl.

Den Antrag (Z 4) „auf Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der Betroffene gar nicht in der Lage ist, die ihm unterstellten Handlungen bzw die von ihm angeblich angedrohten Handlungen tatsächlich durchzuführen, das insoferne eine Relevanz hat, weil sich der Zeuge L***** dadurch natürlich auch nicht ernsthaft bedroht gefühlt haben kann, wenn man dem gegenüber steht“ (ON 43 S 69), lehnten die Tatrichter mangels Relevanz, ob der Drohende tatsächlich im Stande ist, die Drohung tatsächlich wahrzumachen, und ob die Drohung beim Bedrohten tatsächlich Besorgnis erregt (vgl Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 23 und 33), mit Recht ab.

Auch dem Antrag auf Einholung eines kriminaltechnischen Gutachtens betreffend das sichergestellte Küchenmesser, den LKW des Kurt L***** und das sichergestellte Bügeleisen zum Nachweis, „dass der Betroffene keine Beschädigung am LKW des Kurt L***** durch Messerstiche oder Durchschneiden dieser Schläuche herbeigeführt hat, insbesondere auch kriminaltechnische Untersuchung des Bügeleisens zum Beweis dafür, dass dieses nicht über eine größere Distanz geschleudert worden ist, das müsste nämlich grundsätzlich auf dem Bügeleisen erkennbar sein. Weiters soll die Fahrertüre des LKWs dahingehend überprüft werden, ob die sichergestellte Tatwaffe Küchenmesser damit übereinstimmt, dies alles zum Beweis dafür, dass die Verantwortung des Betroffenen Dr. Otto Z*****, wonach er nicht auf die Fahrertüre eingestochen hat, nicht den Druckluftschlauch durchgeschnitten hat und nicht das Bügeleisen auf den Zeugen L***** geworfen hat“ (ON 43 S 67 f), ist der Schöffensenat mit Recht nicht gefolgt. Dieser ist nämlich gar nicht von einer Beschädigung der Fahrertüre oder davon ausgegangen, dass der Betroffene Messerstiche gegen die Türe geführt oder einen Druckluftschlauch durchstochen habe. Von massiven Beschädigungen des Bügeleisens haben sich die Tatrichter überzeugt, indem sie es in Augenschein genommen haben (vgl US 15), womit das diesen Gegenstand betreffende Begehren auf unzulässige Erkundungsbeweisführung hinaus lief (vgl erneut Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Auch unter dem Aspekt der - grundsätzlich zulässigen (vgl RIS-Justiz RS0098429, RS0028345) - Beweisführung zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Kurt L***** sind die Beweisanträge nicht berechtigt. Es ergeben sich nämlich aus keinem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, Kurt L***** hätte in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt (RIS-Justiz RS0120109).

Das ergänzende Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegt dem sich aus dem Wesen des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ergebenden Neuerungsverbot und ist demnach unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117).

Dem Vorbringen (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 11 zweiter Fall), wonach die im Urteil nicht bloß illustrativ erwähnten (vgl RIS-Justiz RS0113209), zur Begründung der Feststellungen zur Person, zum Zustand und zur Art der zu erwartenden Tat, also zur Gefährlichkeitsprognose (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 715) herangezogenen Akten AZ 9 U 54/11k und AZ 10 P 74/09t des Bezirksgerichts Klosterneuburg (vgl US 13) in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sind, steht entgegen, dass im Bereich von Z 11 zweiter Fall eine Bekämpfung mit Mängelrüge (Z 11 iVm Z 5) nicht zulässig ist (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 669, 717).

Z 5a will als Tatsachenrüge geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit dem Hinweis, Kurt L***** habe sich vor dem Betroffenen nicht gefürchtet, weil kein entsprechendes Bedrohungsszenario vorgelegen habe, werden sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Tatsachen nicht geweckt.

Dass der Betroffene das Bügeleisen in der Absicht schwer zu verletzen gegen den Kopf des Opfers schleuderte, diesen aber verfehlte, haben die Tatrichter zufolge der unmittelbar vorangegangenen Ankündigung des Betroffenen, er werde es Kurt L***** auf den Kopf schlagen, und der Angabe des Kurt L*****, wonach das Bügeleisen „flog und er nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte“ (vgl auch ON 43 S 23, wonach der Betroffene das Bügeleisen „raufgeschmissen“ hat), willkürfrei festgestellt (vgl US 8, 11).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen, ob die Drohung auch objektiv geeignet war, dem Zeugen L***** begründete Besorgnis einzuflößen, ohne jedoch dazulegen, weshalb weitere Feststellungen zur Rechtsfrage der Eignungen einer Drohung, begründete Besorgnis einzuflößen erforderlich gewesen sein sollten (vgl Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 34).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Berufung wurde zwar ausgeführt, jedoch nicht innerhalb der in § 294 Abs 1 StPO vorgesehenen Frist angemeldet, weshalb auch diese von dem für die Entscheidung über beide Rechtsmittel zuständigen Obersten Gerichtshofs (§§ 285 Abs 2, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO) zurückzuweisen war (vgl RIS-Justiz RS0100243).

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