OGH 3Ob189/12h

OGH3Ob189/12h19.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Mag. Hanno Stromberger, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Karl-Peter Hasch, Rechtsanwalt in Villach, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 35 EO), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 21. Juni 2012, GZ 2 R 100/12a‑16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 2. März 2012, GZ 2 C 27/11i-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Berufungsurteil, das hinsichtlich der Bestätigung der Teilabweisung betreffend den Unterhaltsrückstand für das Jahr 2010 (Punkt 2. des Ersturteils) unbekämpft in Rechtskraft erwuchs, wird dahin abgeändert, dass der Punkt 1. und die Kostenentscheidung des Ersturteils wiederhergestellt werden.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.261,56 EUR bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung (darin enthalten 210,26 EUR an USt) und die mit 1.102,64 EUR bestimmten Kosten der Revision (darin enthalten 151,44 EUR an USt und 194 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und die Beklagte sind kroatische Staatsangehörige. Sie waren ab 1977 miteinander verheiratet und hatten seinerzeit einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich. Die Ehe wurde aufgrund der am 25. Mai 2010 von der Ehegattin eingebrachten Klage mit dem seit 23. Dezember 2010 rechtskräftigen Urteil des Erstgerichts vom 10. November 2010 unter Anwendung von kroatischem Sachrecht geschieden; der Schluss der Verhandlung fiel auf den 12. Oktober 2010.

Am 27. Mai 2010 hatte die Ehegattin beim Erstgericht eine ‑ in Bezug auf die Anspruchsgrundlage nicht spezifizierte ‑ Klage wegen Unterhalts ab 1. Jänner 2010 eingebracht. Der Ehegatte bestritt zwar in einem vorbereiteten Schriftsatz den Unterhaltsanspruch; da er in der Folge jedoch die Tagsatzung vom 12. Oktober 2010 nicht besuchte, wurde gegen ihn ein Versäumungsurteil erlassen, das mangels (ordnungsgemäßer) Bekämpfung durch den Ehegatten in Rechtskraft erwuchs; das Erstgericht bestätigte die Rechtskraft am 7. Februar 2011.

Aufgrund dieses Versäumungsurteils wurde der Ehegattin mit Beschluss des Erstgerichts vom 19. Mai 2011 die schon am 17. März 2011 beantragte Gehaltsexekution zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands vom 1. Jänner 2010 bis zum 31. März 2011 und des laufenden Unterhalts ab 1. April 2011 bewilligt. Über Antrag des Ehegatten wurde diese Exekution mit Beschluss des Erstgerichts vom 27. Juni 2011 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Oppositionsstreits aufgeschoben.

Mit seiner Oppositionsklage macht der Ehegatte ‑ soweit für das Revisionsverfahren relevant ‑ das Erlöschen des Unterhaltsrückstands vom 1. Jänner bis zum 31. März 2011 und für den laufenden Unterhalt ab 1. April 2011 mit der wesentlichen Begründung geltend, dass dem Versäumungsurteil ein Ehegattenunterhalt nach § 94 ABGB zugrunde liege, der mit Rechtskraft des Scheidungsurteils erloschen und nach dem österreichischen materiellen Recht zu beseitigen sei. Aber auch nach kroatischem Recht bestehe kein Unterhaltsanspruch.

Die beklagte Ehegattin bestritt und wendete ein, sie habe ihr Unterhaltsbegehren gar nicht auf § 94 ABGB gestützt; auf ihren Unterhaltsanspruch sei kroatisches Sachrecht anzuwenden gewesen. Den im kroatischen Recht vorgesehenen Unterhaltsantrag habe sie in Form der Unterhaltsklage während des Scheidungsverfahrens eingebracht, weshalb der mit dem Versäumungsurteil unbefristet festgesetzte Unterhalt auch für die Zeit nach der Scheidung fortwirke.

Das Erstgericht wies die Klage sowohl für die Zeit vom 1. Jänner bis zum 31. März 2011 und betreffend den laufenden Unterhalt ab 1. April 2011 (Punkt 1.) als auch für das ‑ nicht mehr den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende ‑ Jahr 2010 (Punkt 2.) zur Gänze ab. Der Ehegattin stehe aufgrund des Versäumungsurteils ein unbefristeter Unterhalt zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des klagenden Ehegatten teilweise Folge und änderte (nur) Punkt 1. des Ersturteils im Sinn einer Klagestattgebung ab und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Dem Versäumungsurteil samt dem vorangegangenen Verfahren sei nicht zu entnehmen, dass sich die Parteien auf die Anwendung kroatischen Rechts berufen hätten. Nach österreichischem Recht erlösche aber ein Exekutionstitel nach § 94 ABGB mit der Scheidung der Ehe. Aber selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass materielles kroatisches Recht zur Anwendung gelange, sei es nach § 218 Abs 2 des kroatischen Familiengesetzes so, dass der ehemalige Ehegatte dann, wenn ‑ wie hier ‑ im Streitverfahren über die Scheidung kein Unterhaltsantrag gestellt werde, innerhalb von sechs Monaten von der Beendigung der Ehe an durch Klage Unterhalt beantragen könne. Einklagen könne der Ehegatte nach § 218 Abs 3 des Familiengesetzes den Unterhalt nur für den Zeitraum nach der Klageerhebung. Hier liege eine Klage auf nachehelichen Unterhalt nicht vor, sodass es eines Exekutionstitels gebreche.

Weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob eine Unterhaltsklage einen Unterhaltsantrag nach kroatischem Recht gleichgehalten werden könne und sich dieser über die Ehescheidung hinaus erstrecke, sei die ordentliche Revision zuzulassen.

Dagegen richtet sich die Revision der Ehegattin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung der Klage im vollen Umfang; hilfsweise wird die Aufhebung und Zurückverweisung an das Erstgericht begehrt. Sie wendet sich vor allem gegen die Rechtsansicht der zweiten Instanz, es wäre eine Wahl kroatischen Rechts im Unterhaltsprozess erforderlich gewesen, und kritisiert auch die Ablehnung der Weiterwirkung des zuerkannten Unterhalts über die Scheidung der Ehe hinaus.

Dem tritt der Ehegatte in seiner Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteils berechtigt, weil die Revision unvertretbare Fehlbeurteilungen des Berufungsgerichts aufzeigt, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtig zu stellen sind.

1. Im Unterhaltstitel (Versäumungsurteil vom 12. Oktober 2010) wurde der Ehegattin ein monatlicher Ergänzungsunterhaltsbetrag von 1.120 EUR ab 1. Jänner 2010 zugesprochen; die von ihr eingeleitete Forderungsexekution betrifft den vom 1. Jänner 2010 bis 31. März 2011 ‑ unter Berücksichtigung von Teilzahlungen von insgesamt 2.245 EUR ‑ aufgelaufenen Unterhaltsrückstand von 14.555 EUR, weiters den laufenden Unterhalt ab 1. April 2011. Das Revisionsverfahren über die Oppositionsklage betrifft (nur mehr) den Unterhaltsanspruch der Ehegattin ab 1. Jänner 2011. Zu entscheiden ist die Frage, ob der in Österreich titulierte Unterhaltsanspruch der Ehegattin, die ‑ ebenso wie der unterhaltsverpflichtete Kläger ‑ kroatische Staatsangehörige ist, mit Eintritt der Rechtskraft des später ergangenen, ebenfalls inländischen Scheidungsurteils erloschen ist.

2. Die Beantwortung dieser Frage hängt in erster Linie davon ab, was konkret den Entscheidungsgegenstand des in Form eines Versäumungsurteils ergangenen Unterhaltstitels bildete.

2.1. Liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor, hat das Gericht zu prüfen, welches Sachrecht zur Anwendung gelangt (RIS-Justiz RS0009230 [T4]; RS0045163). Ausländische Normen sind nur bei der Prüfung materiell-rechtlicher Fragen anzuwenden; für das Verfahren gelten stets die österreichischen Prozessvorschriften (lex fori; RIS-Justiz RS0076618; RS0009195).

2.2. Nach der herrschenden, aus § 226 ZPO abgeleiteten zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie wird der prozessuale Begriff des Streitgegenstands durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen, vorgebrachten Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt) bestimmt (RIS-Justiz RS037522; RS0037419; RS0039255). Das Tatsachenvorbringen ist vom Gericht nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Das gilt bei Säumnis des Beklagten nach § 396 ZPO auch für die dann wahr zu haltenden Tatsachenbehauptungen (RIS-Justiz RS0040871; RS0040892; RS0040831). Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt ist, ist es dem Gericht nach der herrschenden Rechtsprechung verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben (RIS-Justiz RS0037610 [T43]).

2.3. In der am 27. Mai 2010 ‑ zwei Tage nach der Scheidungsklage ‑ beim Erstgericht eingebrachten Unterhaltsklage wird von der Ehegattin Unterhalt ab 1. Jänner 2010 (also auch für die Vergangenheit und unbefristet) mit der Behauptung begehrt, der Ehegatte komme seiner Unterhaltsverpflichtung nicht einmal annähernd nach. Weder in der Klage noch im weiteren Schriftsatz (ON 4) verweist die Ehegattin auf die Staatsangehörigkeit der Parteien; es findet sich im gesamten Klagsvorbringen auch keine rechtliche Qualifikation des geltend gemachten Anspruchs. Einen Hinweis auf das anzuwendende Recht geben auch die am 29. Juli 2010 (ON 3) bzw am 12. August 2010 (ON 4) eingebrachten Schriftsätze der Parteien nicht.

Die kroatische Staatsangehörigkeit der Ehegattin ergibt sich aus ihrem Verfahrenshilfeantrag vom 1. Oktober 2010 (ON 6). Überdies war dem Erstrichter aufgrund des Scheidungsverfahrens die kroatische Staatsangehörigkeit der beiden Ehegatten bekannt (das Scheidungsverfahren war zwei Tage vor der Unterhaltsklage durch die Klage der Ehegattin beim Erstgericht in derselben Abteilung eingeleitet und vom selben Richter geführt worden, der die Tagsatzungen unmittelbar hintereinander anberaumte); die Scheidungsklage führte auch zur Scheidung nach kroatischem Recht.

2.4. Auf diesen Auslandsbezug war vom Gericht im Rahmen seiner allseitigen rechtlichen Prüfung der für wahr zu haltenden Tatsachenbehauptungen Bedacht zu nehmen. Denn die §§ 2 bis 4 IPRG ordnen für die Gerichtsbarkeit die volle Amtswegigkeit der gesamten kollisionsrechtlichen Beurteilung an (Verschraegen in Rummel 3 § 2 IPRG Rz 1).

2.5. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass das Abstellen des Berufungsgerichts auf eine (fehlende) Berufung der Parteien des Unterhaltsverfahrens auf die Anwendung kroatischen Rechts unhaltbar ist, weil das Gericht wegen des erkennbaren Auslandsbezugs das anzuwendende materielle Recht von Amts wegen zu ermitteln hatte. Der offensichtlich vom Berufungsgericht angenommene Vorrang des österreichischen materiellen Rechts trotz aktenkundiger Auslandsberührung besteht also nicht.

3. Nach dem hier anzuwendenden IPRG sind die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, zu denen auch der Unterhalt während der Ehe zählt (RIS-Justiz RS0106167), nach § 18 Abs 1 Z 1 IPRG primär nach dem gemeinsamen Personalstatut zu beurteilen. Für den nachehelichen Unterhaltsanspruch ist nach § 20 Abs 1 IPRG das im Scheidungszeitpunkt bestehende Ehewirkungsstatut iSd § 18 IPRG maßgebend (Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht [2007] Rz 10.70 mwN).

3.1. Da beide Parteien stets über die kroatische Staatsangehörigkeit verfügten, war sowohl ein ehelicher als auch ein nachehelicher Unterhaltsanspruch der Ehegattin nach kroatischem materiellem Recht zu beurteilen, dem eine Weiter- oder Rückverweisung nicht zu entnehmen ist; das ist ohnehin unstrittig.

Da die Ehegattin jede rechtliche Qualifikation ihres Vorbringens unterließ und damit keine Einschränkung der rechtlichen Beurteilung durch das Gericht bewirkte, bildete bei richtiger rechtlicher Beurteilung Ehegattenunterhalt nach kroatischem Recht den Streitgegenstand des von der Ehegattin eingeleiteten und durch Versäumungsurteil rechtskräftig entschiedenen Unterhaltsprozesses.

3.2. Die weitere (primäre) Rechtsansicht des Berufungsgerichts, Rechtsgrund des mit dem Versäumungsurteil vom 12. Oktober 2010 zugesprochenen Ehegattenunterhalts sei § 94 ABGB, weshalb die Rechtskraft des Scheidungsurteils zum Erlöschen des Exekutionstitels nach österreichischem materiellen Recht führte, ist daher ebenfalls verfehlt.

4. Die Regelung des kroatischen Ehegattenunterhaltsrechts findet sich in den ‑ vom Erstgericht wiedergegebenen ‑ Art 217 bis 221 des Zweiten Familiengesetzes vom 14. Juli 2003 (in Hinkunft nur hrFamG).

4.1. Das hrFamG regelt den Ehegattenunterhalt in der aufrechten Ehe nur sporadisch. Dagegen enthält das hrFamG nähere Regelungen über den Trennungs- und Scheidungsunterhalt. Antrag auf Trennungsunterhalt kann gemäß Art 218 Abs 1 hrFamG grundsätzlich nur bis zum Abschluss der Hauptverhandlung im Scheidungs- oder Aufhebungsverfahren gestellt werden. Gemäß Art 218 hrFamG kann der frühere Ehegatte ausnahmsweise ‑ unter den Voraussetzungen des Art 217 hrFamG ‑ einen Unterhaltsanspruch bis zu sechs Monate nach Beendigung der Ehe geltend machen. Der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten kann nach Art 220 hrFamG auf die Dauer eines Jahres betrenzt werden; wobei die zeitliche Befristung in „gerechtfertigten Fällen“ auf Antrag verlängert werden kann (Mihaljevic-Schulze/Pürner, Länderbeitrag Kroatien, in Süß/Ring [Hrsg] Eherecht in Europa2 [2012] Rz 14 ff). Selbst wenn man mit dem Oppositionskläger davon ausgeht, dass, demnach ein Ehegatte

‑ (nur) einen nachehelichen Unterhaltsanspruch hat und

‑ er diesen grundsätzlich (ausgenommen den Fall des § 218 Abs 2 hrFamG, der hier nicht gegeben ist) nur durch einen im Scheidungsprozess zu stellenden Antrag geltend machen kann und dass

‑ über den Anspruch im Scheidungsurteil entschieden werden muss,

ist für ihn nichts gewonnen.

4.2. Ob bei Anwendung ausländischen Rechts der Scheidungsrichter gleichzeitig mit der Scheidung deren Folgen regelt (sogenannte Verbundzuständigkeit) oder ob dies einem eigenen Verfahren vorbehalten ist, bestimmt sich, da es sich um eine Frage der Zuständigkeit und damit des Verfahrensrechts handelt, ausschließlich nach der lex fori (RIS-Justiz RS0077171). Auch die Frage nach der Rechtswegzulässigkeit ist nach der lex fori zu beantworten, selbst wenn materielles ausländisches Recht zur Anwendung gelangt (RIS-Justiz RS0116287 [T2]).

4.3. Die Anordnung, dass der nacheheliche Unterhalt im Scheidungsverfahren geltend zu machen ist, ist als materiell‑rechtliche Vorschrift zu qualifizieren (Henrich, Internationales Scheidungsrecht3 [2012] Rz 103). Dem österreichischen Verfahrensrecht ist ein „Unterhaltsantrag“ während des Scheidungsprozesses allerdings fremd. Ein solcher konnte daher von der Ehegattin im österreichischen Scheidungsverfahren gar nicht wirksam gestellt werden. Zur Auflösung des Normenwiderspruchs ist eine Angleichung (Anpassung) im Einzelfall erforderlich (dazu etwa Verschraegen in Rummel 3 Vor § 1 IPRG Rz 61 ff). Die Harmonisierung kann am einfachsten dadurch geschehen, dass für die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs die Bestimmungen des österreichischen Verfahrensrechts herangezogen werden, die einem Unterhaltsantrag nach dem kroatischen Sachrecht entsprechen. Demnach bedarf es, um einen Unterhaltsanspruch iSd § 218 Abs 1 hrFamG in Österreich geltend zu machen, der Erhebung einer Unterhaltsklage bei dem Gericht, bei dem der Scheidungsprozess anhängig gemacht wurde (§ 76a iVm § 49 Abs 2 Z 2a JN).

4.4. Genau so ging die Ehegattin vor, die damit ‑ auch ‑ ihren künftigen nachehelichen Unterhaltsanspruch unbefristet während des Scheidungsverfahrens bei dem auch dafür zuständigen Gericht einforderte. Dem Gericht oblag die rechtliche Beurteilung der Geltendmachung des Ehegattenunterhalts nach der kroatischen materiellen Rechtslage.

Der Ehegattin schadet es nicht, dass sie weder von der Möglichkeit einer (nachträglichen) objektiven Klagenhäufung iSd § 227 Abs 1 ZPO Gebrauch machte noch eine Verbindung der beiden Verfahren (§ 187 ZPO) begehrte, weil dies in der ZPO nicht zwingend vorgesehen ist und überdies der für die Entscheidung in beiden Verfahren wesentliche Zeitpunkt ohnehin auf den 12. Oktober 2010 zusammenfiel. An diesem Tag wurde nämlich in unmittelbarer Aufeinanderfolge das erstinstanzliche Verfahren im Scheidungsprozess geschlossen und das Versäumungsurteil im Unterhaltsprozess erlassen, sodass der tatsächliche Verfahrensablauf einem solchen bei Klagenhäufung oder Verbindung entsprach. Die spätere Erlassung des Scheidungsurteils ändert daran nichts. Beide Urteile erwuchsen letztlich, wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, unbekämpft in Rechtskraft.

4.5. Auch bei Anwendung der zu Punkt 4.1. angesprochenen Rechtsansicht des Oppositionsklägers wurde der Ehegattin somit mit dem Unterhaltsurteil unbefristet auch nachehelicher Unterhalt iSd Art 218 ff hrFamG rechtskräftig zugesprochen. Ein (allfälliger) Rechtsirrtum des Erstgerichts, das ‑ entgegen Art 218 Abs 3 hrFamG ‑ Unterhalt auch für die Zeit vor Klageerhebung und ‑ entgegen der nunmehrigen Rechtsansicht des Ehegatten ‑ auch für die Zeit während aufrechter Ehe zusprach, wurde durch die eingetretene Rechtskraft geheilt und vermag an der (richtigen) rechtlichen Qualifikation des zugesprochenen Unterhalts nichts zu ändern.

Wenn aber der zum Unterhalt verpflichtete Ehegatte das Versäumungsurteil unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ließ, geht dies nicht zu Lasten der Ehegattin und kann keinesfalls als Oppositionsgrund geltend gemacht werden, weil die Oppositionsklage kein prozessuales Mittel zur Durchbrechung der Rechtskraft des Exekutionstitels ist, sondern nur der Geltendmachung von Änderungen der Sachlage nach Abschluss des Titelverfahrens dient (RIS-Justiz RS0001109 [T4]).

4.6. Damit erweist sich auch die (bloß implizit geäußerte) weitere Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Unterhaltsklage der Ehegattin ersetze den Unterhaltsantrag nach Art 218 Abs 1 hrFamG nicht und sei nicht auf nachehelichen Unterhalt gerichtet, weshalb es einer (neuerlichen und rechtzeitigen) Unterhaltsklage nach Rechtskraft der Scheidung bedurft hätte, als unhaltbar.

4.7. Die Möglichkeit eines Statutenwechsels infolge der Anwendbarkeit des Haager Unterhaltsprotokolls ab 18. Juni 2011 (siehe 7 Ob 116/12b) ist im vorliegenden Fall nicht relevant, weil der (die Unterhaltspflicht nicht befristende) Exekutionstitel bereits vor dem 18. Juni 2011 geschaffen wurde und der einzig geltend gemachte Oppositionsgrund auch davor verwirklicht war.

5. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu AZ 3 Ob 97/91 (= SZ 64/165 = RIS-Justiz RS0072811), auf die sich der Ehegatte beruft, kann aus mehreren Gründen nicht als einschlägig beurteilt werden und steht deshalb der hier vertretenen Rechtsansicht nicht entgegen.

Ihre Begründung lässt nämlich weder den zeitlichen Zusammenhang des im Inland geführten Unterhaltsverfahrens mit dem serbischen Scheidungsverfahren erkennen noch kann daraus mit der gebotenen Klarheit ersehen werden, ob das Unterhaltsurteil in Österreich auf der Grundlage österreichischen oder serbischen Rechts erging. Weiters liegt ein wesentlicher Unterschied im Sachverhalt darin, dass das Scheidungsurteil im Heimatstaat der (früheren) Ehegatten ergangen war und dort auch die Möglichkeit bestanden hätte, den nachehelichen Unterhalt im Scheidungsverfahren geltend zu machen. Schließlich kann der Entscheidung auch nicht exakt die serbische Rechtslage zum (nach‑)ehelichen Unterhaltsanspruch entnommen werden, sodass ein Vergleich mit der hier zu beurteilenden Rechtslage ausscheidet.

6. Dem Ersturteil kommt somit in seinem Punkt 1. zum Unterhaltsrückstand für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum 31. März 2011 und für den laufenden Unterhalt ab 1. April 2011 im Ergebnis Berechtigung zu, weshalb der Revision der beklagten Ehegattin Folge zu geben und das Ersturteil in diesem Umfang einschließlich der unbeanstandet gebliebenen Kostenentscheidung wieder herzustellen war.

7. Die Kostenentscheidung zum Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die ersatzberechtigte Beklagte hat die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung und ihrer Revision allerdings nicht richtig verzeichnet. Jedenfalls dann, wenn auch der laufende Unterhalt betroffen ist, bildet nämlich im Oppositionsprozess die einfache Jahresleistung die Bemessungsgrundlage nach § 9 Abs 3 RATG (vgl RIS-Justiz RS0121989).

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