OGH 5Ob238/12d

OGH5Ob238/12d17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers P***** D*****, vertreten durch Mag. Sylvia Weiländer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegner 1. G***** S*****, sowie sämtliche weiteren Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 5086 GB ***** mit der Liegenschaftsadresse *****, darunter 39. M***** M*****, vertreten durch Dr. Franz Terp, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 4 WEG iVm § 24 Abs 6 WEG über den außerordentlichen Revisionsrekurs des 39. Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. August 2012, GZ 38 R 88/12s-27, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WGG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionrekursbeantwortung des Antragstellers wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein schriftlicher Umlaufbeschluss kommt erst zustande, wenn auch dem letzten Mit- und Wohnungseigentümer Gelegenheit zur Äußerung geboten wurde (RIS-Justiz RS0108769 [T1; T3; T7]), was auch für den Fall einer Beschlussfassung über die Auflösung des Verwaltungsvertrags gilt (5 Ob 93/08z SZ 2008/127). Auch jenen Wohnungseigentümern mit einer voraussichtlich chancenlosen Gegenposition ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben, was die Möglichkeit einer Werbung für den eigenen Standpunkt ebenso einschließt wie die Möglichkeit der eigenen Stimmabgabe (5 Ob 85/11b; 5 Ob 164/07i wobl 2008/72 [Call]).

Im vorliegenden Fall wurde die Verständigung zumindest des Antragstellers zur Stimmabgabe bei einem Umlaufbeschluss an die im Grundbuch ausgewiesene Adresse übersendet, wo tatsächlich der Antragsteller seit August 2007 nicht mehr lebt. Der Hausverwaltung hatte der Antragsteller seine neue Adresse bekannt gegeben. Ein Postnachsendeauftrag bestand im maßgeblichen Zeitpunkt September 2010 nicht mehr.

Im außerordentlichen Revisionrekurs hält der 39. Antragsgegner der Beurteilung der Vorinstanzen, dass mit der Übersendung an die im Grundbuch enthaltene Adresse der Zustellvorschrift des § 24 Abs 5 WEG zuwider gehandelt worden sei, entgegen, den Initiatoren des Umlaufbeschlusses sei der Zugang zu einer anderen Zustelladresse verwehrt gewesen. Eine Anfrage an die Hausverwalterin sei, weil mit dem Umlaufbeschluss deren Vertragsverhältnis aufgekündigt werden sollte, nicht aussichtsreich gewesen. Es liege vielmehr am Antragsteller als Wohnungseigentümer, eine Berichtigung seiner Zustelladresse im Grundbuch zu veranlassen, um derartige Zustellschwierigkeiten zu verhindern.

Die damit aufgeworfenen Fragen sind durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt:

1. Ein Verwalter muss in Erfüllung seiner Verpflichtung nach § 20 Abs 1 WEG Namen und Anschriften der Wohnungseigentümer und allfälliger Zustellbevollmächtigter auf Anfrage mitteilen (RIS-Justiz RS0117890 [T1]). Die bloße Befürchtung, ein Verwalter werde nicht seiner Verpflichtung entsprechen, ist ohne jegliche Relevanz.

2. § 24 Abs 5 WEG, welche Vorschrift sich nicht nur an den eine Abstimmung organisierenden Verwalter richtet, sondern auch für Beschlussfassungen ohne Mitwirkung des Verwalters verbindlich ist, ordnet eine Zustellung primär an die Anschrift des Wohnungseigentumsobjekts eines Wohnungseigentümers an. Wenn dieser jedoch eine andere inländische Zustellanschrift bekanntgegeben hat, hat die Übersendung an diese Anschrift zu erfolgen (RIS-Justiz RS0108768 [T11]). Der Bekanntgabe einer inländischen Zustellanschrift ist der Umstand nicht gleichzuhalten, dass im Grundbuch eine nicht mit dem Wohnungseigentumsobjekt übereinstimmende Anschrift eines Wohnungseigentümers angegeben ist (5 Ob 85/11b ZAK 2011, 356; vgl auch 5 Ob 231/09w wobl 2010/156; 5 Ob 57/09g immolex 2010/16 [Cerha]).

3. Steht demnach nicht fest, dass alle Wohnungseigentümer Gelegenheit zur Äußerung hatten, kann nicht von einem rechtswirksamen Zustandekommen des Umlaufbeschlusses ausgegangen werden (RIS-Justiz RS0108769 [T9]; 5 Ob 164/07i wobl 2008/72 [Call]; 5 Ob 57/09g).

Im außerordentlichen Revisionrekurs werden daher keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufgeworfen.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels des 39. Antragsgegners zu führen.

Die vom Antragsteller erstattete Revisionsrekursbeantwortung erfolgte ohne Freistellung durch den Obersten Gerichtshof (§ 68 Abs 3 Z 3 AußStrG), sodass hiefür auch kein Kostenersatz gebührt.

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