European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2012:0070OB00196.12T.1128.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 698,04 EUR (darin enthalten 116,34 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger betreibt eine Landwirtschaft, in deren Rahmen er verschiedene Getreidearten anbaut. Zur Absicherung gegen Hagel und Elementarrisiken wie Dürre schloss er mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag ab, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Hagelversicherung und die „Ergänzenden Bedingungen für die Versicherung von Hagel‑ und anderen Elementarschäden 'Agrar Universal'“, jeweils gültig ab 1. Jänner 2009 (kurz: EB Agrar Universal) zu Grunde liegen.
Der Kläger begehrt die Deckung von Dürreschäden. Eine ausgeprägte Dürre im zweiten Quartal 2009 habe zu massiven Schäden und Ernteausfällen bei Winterweizen und Triticale geführt. Laut Entschädigungstabelle der Beklagten gebühre für jede dieser Kulturen ein Entschädigungsbetrag von 4.000 EUR. Im Sinn der Unklarheitenregel des § 915 ABGB sei nicht auf den durchschnittlichen Niederschlag innerhalb der Vegetationsperiode abzustellen, sondern darauf, ob der tatsächliche Regenbedarf innerhalb der Vegetationszeit gedeckt gewesen sei oder nicht. Art 1.2 EB Agrar Universal, wonach der durchschnittliche Zeitpunkt der Gelb‑ bzw Kornreife der jeweiligen Kultur vom Versicherer regional festgelegt werde, sei im Sinn des § 864a ABGB unwirksam, außerdem sittenwidrig nach § 879 Abs 1 ABGB und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Über Antrag des Klägers gemäß § 508 Abs 1 ZPO sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Klauseln der EB Agrar Universal fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen (Zechner in Fasching/Konecny 2 VI/1 § 502 Rz 32 mwN; E. Kodek in Rechberger 3 § 502 Rz 18, RIS‑Justiz RS0112921, RS0112769). Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn die bedeutsame Rechtsfrage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits vorher geklärt wurde (5 Ob 92/10f ua, RIS‑Justiz RS0112921 [T5]).
Das ist hier der Fall.
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26. 9. 2012, 7 Ob 194/11x, die auch in der vorliegenden Rechtssache entscheidungswesentlichen Rechtsfragen zusammengefasst wie folgt beantwortet:
1. Art 1.2 EB Agrar Universal hält der Geltungskontrolle des § 864a ABGB stand. Die Klausel ist nicht als ungewöhnlich oder überraschend im Sinn des § 864a ABGB anzusehen.
2. Die von den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherungsnehmers losgelöste, an regionale und damit durchschnittliche Verhältnisse anknüpfende Ermittlung des Niederschlagsmangels und des Gelbreifezeitpunkts und die auf die gesamte Vegetationszeit bezogene Gegenüberstellung eines auf Grund von Erfahrungswerten ermittelten standardisierten Regenbedarfs mit den tatsächlichen Niederschlagsmengen in dieser Periode ist sachlich gerechtfertigt. Um das versicherte Risiko „Dürre“ beschreibbar und kalkulierbar zu machen, ist es sachgerecht, auf einen regional einheitlichen, auf Durchschnittswerten basierenden Beobachtungszeitraum abzustellen.
3. Dass in Art 1.2 EB Agrar Universal die Gelbreife und das Ende der Vegetationszeit einseitig vom Versicherer festgelegt wird, verstößt nicht gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1 ABGB).
Die vom Kläger entsprechend dem Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts aufgeworfenen Fragen sind daher nicht mehr als erheblich einzustufen, weshalb seine Revision zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass sie Anspruch auf Ersatz der Kosten hat.
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