Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst V***** (richtig) jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A und B) sowie nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (C) schuldig erkannt.
Danach hat er als faktischer Geschäftsführer der B***** GmbH vorsätzlich
(A) unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten Verkürzungen an Umsatzsteuer für die Jahre 2002 und 2003 um 67.157,80 Euro bewirkt,
(B) unter Verletzung der diesbezüglichen Anmeldungspflicht Verkürzungen an Kapitalertragsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 um 24.775,17 Euro bewirkt und
(C) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen Verkürzungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner 2004 bis Oktober 2004 um 18.019,46 Euro bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wies das Erstgericht die damit angesprochenen - im Übrigen nicht durch die gebotene Angabe der Fundstelle in den Akten (RIS-Justiz RS0124172) bezeichneten - Beweisanträge zu Recht ab (ON 99 S 17), weil diese nicht auf den Nachweis schuld- oder subsbumtionsrelevanter Umstände gerichtet waren:
Soweit der Antrag auf Einholung eines „Buch-SV-Gutachtens“ (ON 99 S 16) dazu dienen sollte, zu erweisen, dass ein Warenimport durch die B***** GmbH aus Italien, Deutschland und Frankreich „mit Vorsteuerabzug ohne Weiteres möglich gewesen wäre“, wurde übersehen, dass der diesbezügliche Vorwurf darin besteht, der Beschwerdeführer habe als faktischer Geschäftsführer des genannten Unternehmens zum Schein Zwischenhändler vorgeschoben, vorgegeben, dass diese Waren aus dem EU-Raum steuerfrei bezogen hätten, und sodann - rechtswidrig - für die B***** GmbH Vorsteuer geltend gemacht (US 6).
Weshalb der als weiteres Ziel des Sachverständigenbeweises genannte Umstand, dass für Mietrechte in Geschäftslokalen in der Stadt S***** Ablösen bezahlt werden, hier relevant sein soll, wird nicht klar.
Damir Vi***** war nach den Feststellungen der Tatrichter eingetragener Geschäftsführer der (am 25. Juli 2003 amtswegig gelöschten) W***** GmbH, die der Beschwerdeführer wiederholt als Rechnungsempfängerin vorschob, um - rechtswidrig - Vorsteuerabzüge zu lukrieren (US 5). Der - durch Vernehmung von Dr. Walter G*****, Dr. Ernst Ma*****, Johann Me*****, Gerhard K***** und eines informierten Vertreters der BA***** AG als Zeugen (ON 99 S 2 iVm ON 95 S 2, 3 und 5) angestrebte - Nachweis, dass Damir Vi***** für die W***** GmbH gewisse geschäftliche Tätigkeiten entfaltet hat, vermag die dargelegten, dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Person des Damir Vi***** angelasteten Malversationen nicht zu tangieren.
Der Antrag auf Vernehmung der Gertrude A***** und des Ernst D***** zum Beweis dafür, dass „diese Personen neben anderen Personen gemeinsam mit Milena M***** auf Konten der BA***** für die Be***** GmbH zeichnungsberechtigt waren, Milena M***** sich für die Unterschriftsprobe ordnungsgemäß und für die zuständigen Bankbeamten unbedenklich ausweisen musste“ (ON 99 S 2 iVm ON 95 S 3), lässt keinen Konnex zu schuld- oder subsumtionsrelevanten Umständen erkennen.
Zentraler Vorwurf in Bezug auf die Übertragung von Mietrechten am Objekt G***** ist, dass der Beschwerdeführer einen Leistungsaustausch fingierte und dadurch (als faktischer Geschäftsführer der B***** GmbH) Abgabenverkürzungen bewirkte (US 3 f).
Die Variante, dass die insoweit gewählte vertragliche „Konstruktion“ über Empfehlung eines Rechtsanwalts gewählt worden sei, vermag an diesem Vorwurf nichts zu ändern, sodass auch der diesbezügliche Antrag auf Vernehmung des Dr. Berthold Ga***** als Zeugen (ON 99 S 2 iVm ON 95 S 4) am Verfahrensgegenstand vorbeiging.
Das die bisher behandelten Beweisanträge ergänzende Vorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Hinsichtlich des Antrags auf Ausforschung der Milena M***** und des Damir Vi***** (ON 99 S 2 iVm ON 95 S 4) genügt der Hinweis, dass darauf gerichtete Ermittlungsschritte ohnedies gesetzt worden, aber erfolglos geblieben sind (s insbes ON 29 S 3, ON 30 S 29 und S 239 sowie ON 36 S 439). Das Bestehen sonstiger Anhaltspunkte für den Aufenthalt der Genannten wurde nicht einmal behauptet, womit auch dieser Antrag ins Leere ging (Kirchbacher, WK-StPO § 252 Rz 61).
Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), sowohl der Schuldspruch als auch der Freispruch betreffe das „Faktum B“, womit der Urteilstenor in sich widersprüchlich sei (der Sache nach Z 3: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 13), trifft nicht zu. Der Schuldspruch B bezieht sich nämlich auf den Vorwurf der Verkürzung von Kapitalertragsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 (US 2 iVm US 1), wogegen der Freispruch vom Anklagefaktum B, also vom Vorwurf der Verkürzung von Körperschaftssteuer für das Jahr 2002 (ON 41 S 2), erfolgte (US 2).
Der behauptete innere Widerspruch (Z 5 dritter Fall) der Feststellungen zur Position des Beschwerdeführers innerhalb der B***** GmbH liegt nicht vor. Die Tatrichter halten insoweit zwar fest, dass auch Kathrin Gl***** für bestimmte Agenden, konkret den Verkauf und die Werbung, zuständig war, konstatieren aber ausdrücklich, dass die Führung der Geschäfte ausschließlich dem Beschwerdeführer zukam (US 3).
Die Ausführungen zu den Rechnungen der Be***** GmbH vom 1. Februar 2002 und der Bau***** GmbH vom 12. April 2004 lassen jeden Bezug zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe vermissen.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) entwickelt ihre Argumentation nicht aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481).
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell verfehlt auch Z 10) die Feststellungen zu den Abgabenverkürzungen und zu den diesbezüglichen Tathandlungen des Beschwerdeführers (US 3 bis 11) bestreitet, verfehlt sie den in den Konstatierungen der Tatrichter gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).
Die Behauptung, das Erstgericht habe „Umstände nicht ordentlich festgestellt“, die für „eine richtige rechtliche Beurteilung der vorgeworfenen Tat erforderlich gewesen wären“, bezeichnet die angeblich fehlende Subsumtionsbasis nicht und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erledigung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Beschwerde (ON 106) gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit dem der Antrag auf Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung (ON 102) abgewiesen worden ist (ON 105), bezieht sich nicht auf Vorgänge oder Umstände, die im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde als Urteilsanfechtungsgründe geltend gemacht werden, und ist damit - ohne einer inhaltlichen Erwiderung zu bedürfen (15 Os 76/10f, 15 Os 69/11b) - erledigt (RIS-Justiz RS0126057).
Zur Klarstellung sei angefügt, dass die Kapitalertragsteuer (B) eine selbst zu berechnende Abgabe ist, womit die Abgabenschuld (anders als bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben) nicht infolge eines individuellen Verwaltungsaktes, sondern unmittelbar aufgrund des Gesetzes entsteht. Gemäß § 96 Abs 1 Z 1 lit a EStG ist diese Abgabe binnen einer Woche nach Zufließen der Kapitalerträge in Verbindung mit einer entsprechenden Anmeldung (§ 96 Abs 3 EStG) unter der Bezeichnung „Kapitalertragsteuer“ abzuführen. Selbständige Tat im Sinn des § 33 Abs 1 FinStrG ist daher insoweit das - hier hinreichend festgestellte (US 9 f) - Unterlassen der auf einen bestimmten Ertragszufluss bezogenen Kapitalertragsteuer-Abfuhr unter Verletzung der diesbezüglichen Anmeldungspflicht (Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 32).
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Dieses wird zu beachten haben, dass der Sanktionsausspruch unter nicht geltend gemachter Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO leidet (Ratz, WK-StPO § 283 Rz 1), weil das Erstgericht die Annahme des - gemäß § 23 Abs 2 letzter Satz FinStrG auch im Finanzstrafverfahren relevanten - besonderen Milderungs- grundes des § 34 Abs 1 Z 13 StGB ablehnte (US 19), ohne Feststellungen zur Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung in Bezug auf die vom Schuldspruch A umfassten Taten zu treffen (dazu eingehend Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 33 bis 36).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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