OGH 3Ob198/12g

OGH3Ob198/12g14.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr. Johann Grasch, Rechtsanwalt in Kaindorf an der Sulm, gegen die beklagte Partei V***** reg. Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Josef Peißl, Rechtsanwalt in Köflach, wegen 93.900 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 5. September 2012, GZ 5 R 134/12h-18, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Juni 2012, GZ 34 Cg 134/11k-14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen

Text

Begründung

Vereinfacht dargestellt hat die Klägerin im Jahr 2004 im Zusammenhang mit der Übergabe ihrer Anteile an zwei Liegenschaften an die Übernehmerin G, die dadurch Alleineigentümerin wurde, auf die vorrangige bücherliche Sicherstellung ihrer im Übergabsvertrag festgelegten Ansprüche verzichtet, wodurch die nun beklagte Bank, Kreditgeberin der Übernehmerin, ihre Hypothek erstrangig verbüchern konnte. Eine weitere vergleichbare Vorrangseinräumungserklärung zugunsten der Bank gab die Klägerin im Jahr 2005 ab.

Zwischen der Klägerin und der beklagten Partei hatte es zu keiner Zeit einen direkten Kontakt gegeben.

Über das Vermögen der Übernehmerin wurde im September 2008 das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Die beiden Liegenschaften wurden versteigert. Bei der Meistbotsverteilung kam nur die nun beklagte Bank zum Zug. Im Schätzgutachten waren die bücherlichen Rechte der Klägerin mit 93.900 EUR bewertet worden.

Soweit im Revisionsverfahren noch von Belang, begehrt die Klägerin von der beklagten Bank, vor allem gestützt auf § 25c KSchG, Schadenersatz in Höhe von 93.900 EUR sA mit der Begründung, die beklagte Partei habe die Klägerin in Verletzung der sie treffenden vorvertraglichen Warn-, Aufklärungs- und Schutzpflichten nicht auf die (schlechte) wirtschaftliche Lage von G und die Möglichkeit des Verlusts ihrer Rechte hingewiesen. Mit der Zustimmung zum Zurücktreten ihrer Rechte habe die Klägerin in Wirklichkeit die Haftung für eine materiell fremde Verbindlichkeit übernommen, weshalb sie als Interzedentin anzusehen sei, der § 25c KSchG zugute komme. Der bei der Klägerin im Zusammenhang mit den Vorrangseinräumungen bestandene Geschäftsirrtum sei von der beklagten Partei durch das Unterlassen der gebotenen Aufklärung veranlasst worden.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte und ließ die Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorbringen der Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision lässt sich dahin zusammenfassen, dass ihre „persönliche Haftung“ der Haftung anderer Interzedenten iSd § 25c KSchG vergleichbar sei, weshalb die beklagte Bank eine Aufklärungspflicht über die prekäre wirtschaftliche Situation der Übernehmerin getroffen habe. Wegen Verletzung dieser Pflicht hafte sie der Klägerin für den in Höhe von 93.900 EUR entstandenen Schaden, zumal im Zwangsversteigerungsverfahren die Löschung der Rechte nicht zu verhindern gewesen sei. Im Übrigen habe zwischen den Parteien - im Hinblick auf die Unterfertigung der Pfandurkunde(n) und den Verzicht der Klägerin auf die Einverleibung ihrer Rechte im ersten Rang - ein Vertragsverhältnis bestanden.

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dargestellt.

Unzweifelhaft fehlt es an einem Beitritt der Klägerin zu einer materiell fremden Verbindlichkeit als Interzedentin oder an einer vergleichbaren Situation, die (bei planwidriger Lücke allenfalls) zu einem Analogieschluss führen könnte. Vielmehr geht es um die Frage, welche Gegenleistung sich die Klägerin im Zusammenhang mit der Übergabe ihrer Liegenschaftsanteile ausbedungen hat und ob sie sich zur Absicherung ihrer Ansprüche von der Übernehmerin eine bücherliche Sicherung einräumen ließ. Letzteres ist zwar im Übergabsvertrag geschehen; die Klägerin hat allerdings auf die erstrangige Sicherung verzichtet, wodurch die Bank den ersten bücherlichen Rang einnehmen konnte.

Die Sicherung ihrer Ansprüche ist allein Angelegenheit der Klägerin im Verhältnis zur Übernehmerin. Die Bank ist davon wirtschaftlich tangiert, hat aber keine Rechtsposition, die die ureigene Entscheidung der Übergeberin beeinflussen könnte, wie sie die Gegenleistungen für die Übergabe und deren Sicherung gestaltet. Die Situation, dass die Klägerin die bücherliche Sicherheit für ihre Ansprüche aus dem Übergabsvertrag partiell aufgibt und letztlich im Zwangsversteigerungsverfahren verliert, ist nicht mit der Übernahme einer Haftung für eine fremde Schuld vergleichbar, sodass der Anwendungsbereich des § 25c KSchG weder unmittelbar noch analog eröffnet ist. Aus diesem Grund kommen Informationspflichten der Bank gegenüber der Klägerin entsprechend dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht.

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