Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Gerhard B***** und Uros Bl***** betreffenden Schuldsprüchen (A und B), aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit ihren Rechtsmitteln werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten Erwin K***** von einem Betrugsvorwurf enthält, wurden Gerhard B***** und Uros Bl***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A und B) schuldig erkannt.
Danach haben sie (zusammengefasst und soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz) in Wien in einverständlichem Zusammenwirken (zu B auch mit dem gesondert verfolgten Dr. K*****) gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, das zur Veranlagung zu übergebende, teils den Betrag von 3.000 Euro, teils den Betrag von 50.000 Euro übersteigende Bargeld risikofrei und äußerst gewinnbringend zu veranlagen, zu Handlungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar:
(A) von Februar 2006 bis Jänner 2007 in jeweils mehreren Angriffen Jasmir S***** zur Übergabe von insgesamt 196.650 Euro (1) und von August 2006 bis Februar 2007 Raffaelo Z***** zur Übergabe von insgesamt 125.000 Euro (2) und
(B) im Oktober 2003 Wilhelm L***** zur Übergabe von 25.495 USD (B).
Rechtliche Beurteilung
Ihre dagegen gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden stützen Gerhard B***** auf Z 5, 5a und 9 lit a und Uros Bl***** auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO.
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - zum Nachteil der Angeklagten das Strafgesetz mehrfach unrichtig angewendet worden ist (§§ 281 Abs 1 Z 10, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Nach den Urteilsannahmen zum Schuldspruch A/1 bezog sich der Vorsatz der Angeklagten lediglich auf einen (nicht weiter bestimmten) Teil des erhaltenen Geldes (US 9 zweiter Absatz). Zum Schuldspruch A/2 gingen die Tatrichter davon aus, dass die Angeklagten in Kauf genommen haben, „Z***** in seinem Vermögen“ zu schädigen (US 11 zweiter Absatz). In Ansehung des Schuldspruchs B stellte der Schöffensenat wiederum nur fest, dass die Angeklagten in der Absicht handelten, dem Tatopfer „das Geld herauszulocken“, „wobei sie den Schadenseintritt bei L***** billigend in Kauf nahmen und sich damit abfanden“ (US 7 letzter Absatz). Mit derartigen, keine Aussage zur Schadensqualifikation in subjektiver Hinsicht enthaltenden Konstatierungen ist aber eine (über § 146 StGB hinausgehende) rechtliche Unterstellung der Taten unter § 147 Abs 3 (oder auch Abs 2) StGB nicht möglich.
Weiters fehlt auch der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 70 StGB) eine taugliche Feststellungsgrundlage. Während zum Schuldspruch A/1 gar keine Konstatierungen zu einer solchen Zielsetzung getroffen wurden, finden sich zu den Schuldsprüchen A/2 und B lediglich Urteilsannahmen zu fortlaufender Einnahmeverschaffung, nicht aber zur Absicht wiederkehrender Begehung strafbarer Handlungen (US 7, 11).
Bleibt zum Schuldspruch B anzumerken, dass (wenngleich) notorische Tatsachen (hier: der Wechselkurs des US-Dollar im Tatzeitraum) gleichwohl festgestellt werden müssen, um die rechtliche Beurteilung beeinflussen zu können (RIS-Justiz RS0098516, RS0098570; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 348, 456). Auch das ist vorliegend nicht geschehen.
Die aufgezeigten Rechtsfehler machen insoweit eine Urteilsaufhebung bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO) unumgänglich, weil demnach für alle Taten lediglich eine Subsumtionsbasis in Richtung § 146 StGB verbleibt, insoweit jedoch Verjährung nach § 57 Abs 3 fünfter Fall StGB indiziert wäre (§ 289 StPO).
Damit erübrigt sich zwar eine Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerden. Der Vollständigkeit halber bleibt aber anzumerken, dass das angefochtene Urteil eine Reihe von Begründungsmängeln (Z 5 zweiter Fall) enthält.
In Betreff der Feststellung, wonach der Angeklagte Gerhard B***** Jasmir S***** „absichtlich“ vortäuschte, „das Geld zu veranlagen und entsprechend Zinsen zahlen zu können“ (A/1 - vgl US 9), begnügte sich das Erstgericht mit bloßen Hinweisen auf die „vorgelegten Unterlagen“, eine - inhaltlich nicht weiter erläuterte - Aussage des Zeugen S***** (US 12), die Einlassung des Angeklagten Bl*****, der (zu einem nicht bekannt gegebenen Zeitpunkt) mit dem Angeklagten B***** „über diese Angelegenheit […] gesprochen habe“, sowie die vom Angeklagten B***** zugestandene Mittelverwendung in dessen Unternehmen (US 14). Darüber hinaus unterließen die Tatrichter auch die gebotene (inhaltliche) Auseinandersetzung mit den der Annahme betrügerischen Verhaltens dieses Angeklagten entgegen stehenden Aussagen des Zeugen S***** sowie des Angeklagten Uros Bl*****. Jasmir S***** gab nämlich an, mit dem Angeklagten B***** „überhaupt keine Geschäfte gemacht“ zu haben, „überhaupt nichts, sondern nur mit Herrn Uros“ (ON 92 S 53) sowie, dass er „dem Uros das Geld gegeben, mit Ing. B*****“ jedoch „nicht zu tun“ gehabt habe (ON 92 S 57 und S 59). Uros Bl***** deponierte wiederum, dass Gerhard B***** von den mit S***** geführten Verhandlungen nichts mitbekommen hätte (ON 87 S 57 und S 62).
Schließlich blieben auch dem Schuldspruch A/2 entgegenstehende wesentliche Beweisergebnisse unerörtert. Insoweit gab nämlich Uros Bl***** an, dass er das „Geschäft mit Z***** nur am Rande erwähnte“ und B***** „in die Geschäftsabwicklung auch niemals involviert“ gewesen sei (ON 87 S 63 iVm ON 4 S 247 in ON 3). Vielmehr habe „Z***** die Vereinbarungen mit ihm als Person gemacht“ (ON 4 S 249 in ON 3).
Mit ihren Rechtsmitteln waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.
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