Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian M***** jeweils mehrerer Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1, teils auch Abs 2 vierter Fall StGB (I), des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (II und IV/1) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (IV/2), jeweils mehrerer Vergehen der pornografischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 4 Z 1 StGB (III/1), nach § 207a Abs 1 (richtig) Z 1 und Abs 4 Z 3 lit a erster Fall StGB (III/2) und nach § 207a Abs 1 Z 1 und Abs 4 Z 3 lit b StGB (III/3) sowie des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (IV/3) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffenG (V) schuldig erkannt.
Danach hat er
(I) vom Jahr 2007 bis zum 24. November 2011 in G*****, W***** und an anderen Orten die am 31. Jänner 1996 geborene Lisa L***** dadurch, dass er vorgab, ein Unbekannter würde drohen, Nacktfotos von ihr zu veröffentlichen und diese an das Jugendamt weiterzuleiten, was zur Folge hätte, dass ihre Mutter inhaftiert und ihr minderjähriger Bruder in einem Kinderheim untergebracht werde, mithin durch gefährliche Drohung, wiederholt zur Vornahme bzw Duldung des Hand-, Oral-, Vaginal- und Analverkehrs genötigt, wobei Lisa L***** mehrmals durch das Einführen eines Dildos in ihre Vagina und ihren After sowie durch das Ejakulieren auf ihre Brüste, gegen ihr Gesicht und in ihren Mund in besonderer Weise erniedrigt wurde,
(II) vom Jahr 2007 bis zum 30. Jänner 2010 durch die zu I beschriebenen sexuellen Handlungen wiederholt mit einer unmündigen Person den Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen,
(III) dadurch, dass er die zu I beschriebenen sexuellen Handlungen fotografierte und mit einer Videokamera aufzeichnete, pornografische Darstellungen einer minderjährigen Person hergestellt und zwar
1) vom Februar 2007 bis zum 30. Jänner 2010 wirklichkeitsnahe Abbildungen geschlechtlicher Handlungen an einer unmündigen Person,
2) vom 31. Jänner 2010 bis zum 24. November 2011 wirklichkeitsnahe Abbildungen geschlechtlicher Handlungen an einer mündigen Minderjährigen, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen, sowie
3) vom Jahr 2007 bis zum 24. November 2011 wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien einer Minderjährigen, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelte, die der sexuellen Erregung des Betrachter dienen,
(IV) im Jahr 1999 oder 2000
1) in F***** mit der am 21. Juli 1991 geborenen Daniela H***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er zwei Finger in deren Vagina und in deren After einführte,
2) in G***** außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung von einer unmündigen Person an sich vornehmen lassen, indem er die am 21. Juli 1991 geborene Daniela H***** dazu veranlasste, ihn mit ihrer Hand bis zum Samenerguss zu befriedigen, und
3) durch die zu IV/1 und IV/2 beschriebenen sexuellen Handlungen mit einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person eine geschlechtliche Handlung vorgenommen und von ihr eine geschlechtliche Handlung an sich vornehmen lassen sowie
(V) bis zum 15. Dezember 2011 in W*****, wenn auch nur fahrlässig, eine verbotene Waffe (§ 17 WaffenG), nämlich ein Gewehr der Marke Marlin, welches aufgrund von Abänderungen (über das für Jagd- und Sportzwecke übliche Maß hinaus) zum Zusammenklappen, Zusammenschieben und schleunigen Zerlegen eingerichtet war, unbefugt besessen.
Das Schöffengericht verhängte über Christian M***** hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 206 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und ordnete unter Bezugnahme auf die Schuldsprüche I bis IV gemäß § 21 Abs 2 StGB die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Das Erstgericht stützt seine Feststellungen zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers und zur Gefährlichkeitsprognose auf das als schlüssig und nachvollziehbar erachtete Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. W***** (US 12).
Die Sanktionsrüge wendet - undifferenziert - ein, dieses Gutachten stelle keine tragfähige Basis für den Ausspruch nach § 21 Abs 2 StGB dar.
Sofern damit die Prognoseentscheidung angesprochen wird, erstattet die Beschwerde ein bloßes Berufungsvorbringen, weil Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nur der Einwand ist, das Erstgericht habe jene Entscheidung nicht auf alle im Gesetz genannten Erkenntnisquellen, somit in den Fällen des § 21 StGB auf die Person und den Zustand des Rechtsbrechers sowie die Art der Tat, gegründet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 715 f; jüngst 13 Os 61/12p).
Hinsichtlich der geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad und deren Einfluss auf die Tatbegehung ist die Bezugnahme des Erstgerichts auf das Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. W***** (ON 61 S 25 bis 31 iVm ON 45) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden:
Die Beschwerdebehauptung, das Gutachten nehme nicht auf die Anlasstaten Bezug, trifft nicht zu (siehe insbesonders ON 61 S 29).
Mängel in Befund oder Gutachten im Sinn des § 127 Abs 3 StPO werden mit der Aussage, es erscheine „unverständlich“, dass ein Gutachten gegenständlichen Inhalts „bei einer einzigen Besprechung bzw bei einer einzigen Untersuchung erstattet werden kann“, und mit der Behauptung, es ergebe sich aus der Expertise Dris. W***** „in keiner Weise, wie lange diese Untersuchung gedauert hat bzw welche Untersuchungsmethoden der Sachverständige angewendet hat“, nicht dargetan.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Dieses wird zu beachten haben (Ratz, WK-StPO § 283 Rz 1), dass der Sanktionsausspruch in Bezug auf die Konfiskation (§ 19a StGB) an Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO leidet, weil das Erstgericht die - zwingend vorgesehene (§ 19a Abs 2 StGB) - Verhältnismäßigkeitsprüfung unterließ (RIS-Justiz RS0088035 [zu §§ 17 und 19 FinStrG]).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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