OGH 1Ob174/12p

OGH1Ob174/12p11.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen S***** S*****, und P***** S*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Dr. R***** H*****, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 13. Juni 2012, GZ 2 R 15/12m‑S‑202, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 1. November 2011, GZ 17 P 241/07f‑S‑170, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, inwieweit einem Elternteil unter Bedachtnahme auf Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände das Besuchsrecht (§ 148 Abs 1 ABGB) eingeräumt, eingeschränkt oder entzogen werden soll, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG liegen daher nur vor, wenn leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt werden (RIS‑Justiz RS0097114), was hier nicht der Fall ist.

Der Vater versucht(e) vehement, mit zum Teil von Aktionismus geprägten Methoden, ein Besuchsrecht zu erreichen, was die Kinder als überaus peinlich und unangenehm empfanden und sie erheblich irritierte. Beide (13 bzw 14‑jährigen) Minderjährige brachten unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie Kontakte zum Vater ablehnten und begründeten dies mit den durch sein Verhalten hervorgerufenen negativen Emotionen wie Angst, Enttäuschung etc. Oberster Grundsatz jedes Besuchsrechts ist die Bedachtnahme auf das Kindeswohl (RIS‑Justiz RS0047958; RS0048056). Die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, dass ein gegen den Willen der Minderjährigen angeordnetes Besuchsrecht des Vaters in der derzeitigen Situation aufgrund der Gefährdung ihres Wohls durch erzwungene Besuchskontakte abzulehnen sei, verstößt nicht gegen leitende Grundsätze der Rechtsprechung (vgl 5 Ob 59/08z = iFamZ 2008/95, 178 [Thoma‑Twaroch]; vgl 5 Ob 167/09h je mwN). Es muss somit nicht auf die Frage eingegangen werden, ob (soweit es die minderjährige S***** betrifft, die das 14. Lebensjahr bereits vollendet hat) auch die Voraussetzungen des § 108 erster Fall AußStrG vorlagen und über den Besuchsrechtsantrag des Vaters ohne dessen inhaltliche Prüfung negativ entschieden werden konnte, wie vom Rekursgericht bejaht wurde. Auch die Überlegungen des Revisionsrekurswerbers zum behaupteten Verstoß der genannten Bestimmung gegen Art 8 EMRK und Art 2 Abs 1 des BVG über die Rechte von Kindern, BGBl I 2011/4, sind deshalb nicht weiter zu erörtern.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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