OGH 12Os110/12m

OGH12Os110/12m10.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Oktober 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Sol und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krausam als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter S***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. Juni 2012, GZ 15 Hv 55/12x-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Walter S***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Zeitraum von Juli bis September 2010 in S***** mit dem am 22. April 2000 geborenen und sohin unmündigen Philipp H***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er bei ihm einen Analverkehr durchführte.

Die vom Angeklagten aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider haben die Tatrichter - was der Beschwerdeführer im Ergebnis ohnedies zugesteht - die Aussage des Tatopfers anlässlich seiner kontradiktorischen Vernehmung, nicht mehr zu wissen, ob es tatsächlich zu einer Penetration gekommen sei (ON 13 S 11), in ihre Überlegungen miteinbezogen und eingehend dargelegt, aus welchen Erwägungen sie dennoch ein Einführen des Penis in dessen After als erwiesen angenommen haben (US 4 f). Im Übrigen verlangt § 206 Abs 1 StGB - Penetrationsvorsatz vorausgesetzt (US 3) - kein Eindringen des Penis in das Opfer (RIS-Justiz RS0095114).

Soweit der Nichtigkeitswerber aus den Angaben des Zeugen H***** im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen für ihn günstigere Schlussfolgerungen abzuleiten trachtet als das Erstgericht, bekämpft er in unzulässiger Weise nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung.

Indem das Schöffengericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf den objektiven Geschehnisablauf und die allgemeine Lebenserfahrung stützte (US 7), liegt keineswegs eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) vor. Vielmehr ist der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen oder Wissen ohne weiteres rechtsstaatlich vertretbar, bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ebenso wie die angemeldete (ON 25), gegen schöffengerichtliche Urteile nicht zustehende Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§§ 280, 283 Abs 1 StPO) - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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