Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Ejiro O***** wurde mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 12. März 2012, GZ 602 Hv 10/11w-101, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StPO schuldig erkannt.
Dagegen hat der Angeklagte rechtzeitig mit Schriftsatz (ON 103) „volle Berufung“ angemeldet (vgl RIS-Justiz RS0100007 [T4 und T6]). Mit Beschluss vom 8. Mai 2012 (ON 108) hat der Vorsitzende des Schöffengerichts (§ 285b Abs 1 StPO) die gegen das Urteil gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285a Z 2 StPO zurückgewiesen, weil weder bei ihrer Anmeldung noch bei ihrer Ausführung (ON 107) Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet worden seien.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die ersichtlich auf § 285b Abs 2 StPO gestützte Beschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Dem Beschwerdeanliegen, „dem anwaltlichen Vertreter zuzurechnende Formmängel“ dürften „nicht in jedem Fall dem Vertretenen zum Nachteil gereichen“, trägt die ständige Rechtsprechung insofern Rechnung, als sie ein nominell falsch eingeordnetes Rechtsmittelvorbringen nach Maßgabe seiner inhaltlichen Ausrichtung behandelt (RIS-Justiz RS0117437). Das in der Ausführung der „Berufung gegen das Urteil“ (ON 107) erstattete Vorbringen behauptet aber inhaltlich keineswegs einen Sachverhalt deutlich und bestimmt, der den Prüfungskriterien der in der Beschwerde (nachträglich) genannten Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5a und 11 StPO entspricht (vgl Ratz, WK-StPO § 285d Rz 10):
Soweit der Beschwerdeführer nämlich aufgrund eigener Beweiswerterwägungen zu (im Urteil ohnehin erörterten) Verfahrensergebnissen und von diesen losgelöster, spekulativer Überlegungen die Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit des Tatopfers bekämpft, entspricht sein Vorbringen (ON 107 S 2 f) auch der Sache nach dessen Bezeichnung als - im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässiger - Schuldberufung und bringt gerade nicht den in der Beschwerde angeführten Nichtigkeitsgrund der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO zur Darstellung (RIS-Justiz RS0099649).
Der Einwand, das Erstgericht habe bestimmte Milderungsgründe bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt (ON 107 S 3 f), ist nicht Gegenstand einer Sanktionsrüge, sondern enthält ein Berufungsvorbringen (RIS-Justiz RS0099920). Da die Anfechtungskategorien des § 281 Abs 1 Z 11 StPO auch mit Berufung geltend gemacht werden könnten, bestünde im Übrigen keine Veranlassung, in diesem Zusammenhang von einer bloß verfehlten Bezeichnung auszugehen (Ratz, WK-StPO § 285 Rz 9).
Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben.
Die Entscheidung über die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung und die (implizite) Beschwerde gegen den Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) kommt demnach dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Die Anregung, der Oberste Gerichtshof möge „Merkwürdigkeiten“ im gegenständlichen Verfahren „von sich aus aufgreifen und zur Feststellung der Verfahrensnichtigkeit“ gelangen, übersieht - wie der Vollständigkeit halber angemerkt wird -, dass amtswegiges Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO nur „aus Anlass einer Nichtigkeitsbeschwerde“, nicht aber bei einer Entscheidung über eine Beschwerde nach § 285b StPO in Frage kommt (RIS-Justiz RS0100049).
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