OGH 1Ob165/12i

OGH1Ob165/12i6.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** R*****, vertreten durch Dr. Josef Faulend‑Klauser und Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwälte in Deutschlandsberg, gegen die beklagte Partei R***** R***** (vormals Verlassenschaft nach Johann R*****), vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen 15.541,28 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 12. Juli 2012, GZ 6 R 16/12p‑35, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 2. April 2012, GZ 20 Cg 46/11s‑30, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens waren (vermeintliche) Pflichtteilsansprüche der Klägerin gegen den Nachlass nach ihrem verstorbenen Ehegatten. Nachdem die Klägerin nachträglich einen Erbvertrag aufgefunden hatte und das Verfahren unterbrochen worden war, wurde der Nachlass dem nunmehrigen Beklagten zu einem Viertel und der Klägerin zu drei Vierteln rechtskräftig eingeantwortet. Den Fortsetzungsantrag des Beklagten wies das Erstgericht ab und stellte das Verfahren mit Beschluss ein; es begründete dies damit, dass die Klägerin und ein weiterer Erbe (der nunmehrige Beklagte) als Universalrechtsnachfolger des Erblassers an die Stelle der Verlassenschaft getreten seien. Da die Klägerin aber nicht zugleich Beklagte sein könne, sei mit Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich eines Teilbetrags von drei Vierteln der Klageforderung bestätigte, im Übrigen die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens anordnete und die Bezeichnung der beklagten Partei auf „R***** R*****“ richtig stellte. Nach rechtskräftiger Einantwortung sei es zu einem Parteiwechsel im Sinn des § 235 Abs 5 ZPO gekommen, der die Berichtigung der Parteienbezeichnung von Amts wegen erforderlich mache. Die Argumentation des Erstgerichts, eine Person könne nicht zugleich Kläger und Beklagter sein, treffe lediglich für die Klägerin, nicht aber für den Miterben zu. Diesem sei die Übernahme der Parteistellung eines Beklagten aufgrund der rechtskräftigen Einantwortung nicht verwehrt. Seinem Fortsetzungsantrag sei daher mit dem auf ihn entfallenden anteilsmäßigen Betrag stattzugeben. Soweit die Klägerin darauf verweise, dass sie von ihrem (im Erbvertrag eingeräumten) Aufgriffsrecht (in Ansehung einer Liegenschaft) Gebrauch gemacht habe und die Ausübung dieses Aufgriffsrechts auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückwirke, so ändere dies nichts daran, dass der Nachlass zu einem Viertel nicht ihr, sondern dem nunmehrigen Beklagten eingeantwortet worden sei. Nach der Rechtsprechung wirke ein Aufgriffsrecht auf den Zeitpunkt des Erbfalls nur insoweit zurück, als es um die Frage von Wertzuwächsen zwischen dem Todeszeitpunkt und dem Eigentumserwerb an Aktiven des Nachlassvermögens gehe. Das Aufgriffsrecht sei keine Erbseinsetzung, sondern wirke wie eine Teilungsanordnung, wenn es einem Miterben eingeräumt worden ist. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil zur letztendlich entscheidungswesentlichen Frage, ob durch die Ausübung eines Aufgriffsrechts die übrigen Miterben von der Erbenstellung überhaupt ausgeschlossen sind, einheitliche Rechtsprechung existiere.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Klägerin erhobene Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen, also mangels Abhängigkeit der Entscheidung von einer im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage, nicht zulässig.

Die Revisionsrekurswerberin zieht nicht in Zweifel, dass in einem gegen die Verlassenschaft geführten Verfahren grundsätzlich die (Mit‑)Erben nach rechtskräftiger Einantwortung ex lege anstelle der Verlassenschaft in das Verfahren eintreten (RIS‑Justiz RS0012287), was durch eine entsprechende Berichtigung der Parteienbezeichnung zum Ausdruck zu bringen ist (5 Ob 505/81 = EvBl 1981/199 ua). Damit ist nach rechtskräftiger Einantwortung der Beklagte ‑ entsprechend seiner Erbquote zu einem Viertel ‑ am laufenden Zivilprozess auf Beklagtenseite beteiligt.

Dass er seine Erbenstellung deshalb verloren haben könnte, weil die Klägerin von dem ihr eingeräumten Aufgriffsrecht Gebrauch gemacht hat, dessen Ausübung in anderem Zusammenhang auf den Zeitpunkt des Erbanfalls zurückwirkt, vermag die Revisionsrekurswerberin in keiner Weise nachvollziehbar zu begründen. Die von ihr dazu zitierte Entscheidung SZ 23/180 betrifft eine ganz anders gelagerte Rechtsfrage, nicht aber das prozessuale Problem des Eintritts eines (rechtskräftig eingeantworteten) Miterben in einem bisher gegen den Nachlass geführten Zivilprozess.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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