Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie den Schuldspruch I betrifft, zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II sowie im Franz L***** betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen und seiner Berufung wird Franz L***** ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Zur Entscheidung über die Jürgen H***** und Jürgen Le***** betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Franz L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit für das Verfahren über die und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz - Franz L***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB (I) sowie des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in M***** und an anderen Orten
I) von 14. Juni bis 21. September 2010 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Angestellte der F***** AG in 24 Fällen durch Täuschung über Tatsachen unter Benutzung falscher Beweismittel, indem er durch Vorlage von Scheinrechnungen „ohne entsprechendes Grundgeschäft“ das Bestehen offener Forderungen gegen im Urteil bezeichnete Gesellschaften und Personen (1 bis 5) vorspiegelte, zu Handlungen, nämlich der Überweisung von insgesamt 425.238,59 Euro an die K***** Gesellschaft mbH verleitet, die das genannte Bankunternehmen in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten;
II) als Geschäftsführer der K***** Gesellschaft mbH die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch „dem genannten Unternehmen“ einen Vermögensnachteil in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 40.200 Euro zugefügt, indem er vom 10. Mai 2010 bis zum 24. Juni 2010 in den im Urteil einzeln bezeichneten Fällen vom Konto des Unternehmens Überweisungen in Höhe von insgesamt 36.200 Euro ohne entsprechende Gegenleistung durchführen ließ und am 6. August 2010 dem Unternehmen 4.000 Euro für private Zwecke entnahm.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt - soweit nach dem Folgenden auf sie einzugehen ist - ihr Ziel.
Zum Schuldspruch I:
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung von in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen Verteidigungsrechte nicht geschmälert.
Der Antrag auf Zeugenvernehmung des Gerhard T***** zum Beweis dafür, dass der Mitangeklagte Jürgen Le***** diesem „gegenüber dargestellt habe, dass er die Aufträge an ausländische oder sonstige Subunternehmen weitergeben wollte“ (ON 25 zweiter Teil S 45), blieb ohne Bekanntgabe der nicht ohne weiteres erkennbaren Relevanz des - von den Tatrichtern im Übrigen als erwiesen erachteten (ON 25 zweiter Teil S 48; § 55 Abs 2 Z 3 StPO) - Beweisthemas für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321, 327).
Die unter Hinweis auf eine eigenständige Schadenskalkulation begehrte Einholung eines „möglichst auf Factoringverhältnisse spezialisierten Buchsachverständigen-gutachtens, zum Beweis dafür, dass der F***** objektiv kein Schaden, in eventu jedenfalls kein die Qualifizierung des § 147 Abs 3 StGB erreichender Schaden entstanden“ sei und der Angeklagte „auch in subjektiver Hinsicht mit Rücksicht auf laufende Saldoverrechnungen sowie der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft ausgehen konnte“ (ON 25 zweiter Teil S 45 f), ließ nicht erkennen, aus welchem Grund für die Ermittlung der Höhe des Betrugsschadens besonderes (buchhalterisches) Fachwissen erforderlich sein soll und weshalb ein Sachverständiger über die subjektive Tatseite des Beschwerdeführers Auskunft geben könnte.
Die im Rechtsmittel zu beiden Beweisanträgen nachgetragenen Ergänzungen unterliegen dem sich aus dem Wesen dieses Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) bringt die Urteilsannahme, wonach „aufgrund sämtlicher Beweisergebnisse davon auszugehen war, dass die F***** lediglich 80 % der Rechnungsbeträge ausbezahlte“ (US 16), die dieser Feststellung zugrunde liegende Überzeugung des Gerichts deutlich zum Ausdruck.
Die als übergangen reklamierten Beweisergebnisse (Z 5 zweiter Fall), aus denen sich nach Ansicht des Beschwerdeführers lediglich ein Schaden von rund 205.000 Euro anstelle der festgestellten Vermögensbeeinträchtigung von 425.238 Euro errechne, betreffen angesichts der Wertgrenze von 50.000 Euro keine für die Subsumtion unter § 147 Abs 3 StGB entscheidende Tatsache.
Da die für die Schadenshöhe beim Betrug bedeutsame Schadenskompensation nur dann von Relevanz ist, wenn und insoweit der Verlust, den der Vermögensinhaber durch die irrtumsbedingte Vermögensverfügung erlitten hat, durch einen ihm im unmittelbaren (dh gleichzeitigen - vgl Kert, SbgK § 146 Rz 179, 239 ff) Ausgleich zugeflossenen Gegenwert gemindert wird (RIS-Justiz RS0094217; Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 78), bedurften auch die (aus Z 5 zweiter und vierter Fall relevierten) Einschätzungen der Zeugin H***** zum Bestand der „einbringbaren Forderungen“ der F***** AG mit Ausnahme der „gegenständlichen Rechnungen“ (ON 25 zweiter Teil S 26 f) keiner Erörterung in den Entscheidungsgründen. Dem Gebot zur gedrängten Darstellung der Urteilsgründe folgend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) musste sich der Schöffensenat auch nicht mit sämtlichen Details der mängelfrei verworfenen Einlassung des Angeklagten, wie jener zum fehlenden Schadenseintritt bei der F***** AG (Beilage ./5), befassen.
Nach den Urteilsannahmen betrifft der Betrugsvorwurf laut Schuldspruch I/5 die Täuschung Verantwortlicher der F***** AG durch Vorspiegelung offener, tatsächlich jedoch nicht bestehender Forderungen gegen die S***** GmbH unter Vorlage zum Schein ausgestellter (dh eine tatsächliche Leistungserbringung durch den Angeklagten nur vorgebender - US 10, 15) Rechnungen, nicht aber die Zession an die genannte Gesellschaft fakturierter „Anzahlungsrechnungen“. Damit geht die Beschwerde, die unter einer solchen Prämisse die unterbliebene Berücksichtigung der Aussage des Zeugen D***** (Z 5 zweiter Fall) zur Bevorschussung (auch) von Anzahlungsrechnungen durch die F***** AG moniert, von Vornherein ins Leere. Bei diesem Schuldvorwurf betrifft auch der Einwand widersprüchlicher Urteilsannahmen (Z 5 dritter Fall) zur Frage, ob der tatsachenwidrig behaupteten Leistungserbringung gegenüber der S***** GmbH ein „Grundgeschäft“ (gemeint: ein Vertragsverhältnis) zugrunde lag, keine entscheidende Tatsache.
Mit bloßer Wiederholung der bereits in der Mängelrüge vorgetragenen Kritik an der vom Erstgericht angenommenen Schadenshöhe gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Das Vorbringen der Rechts- (Z 9 lit a) und der Subsumtionsrüge (Z 10), wonach der F***** AG durch die Zahlung von 80 % der Summe der eingereichten Rechnungsbeträge aufgrund der im Gegenzug erfolgten Zession der - die Rechnungssummen übersteigenden - Forderungen des Angeklagten kein Schaden entstanden sei, setzt sich prozessordnungswidrig über die tatrichterlichen Feststellungen hinweg, wonach den der Bank übergebenen Rechnungen keine Leistungen oder Lieferungen durch das Unternehmen des Angeklagten zugrunde lagen (US 9 f), und erklärt davon ausgehend nicht, aus welchem Grund die Übertragung wertloser, bloß scheinbar bestehender Forderungen Schadenskompensation bewirken soll (zu wirtschaftlich wertlosen Forderungen vgl insb SSt 56/61; Kirchbacher in WK2 § 146 Rz 82). Ebensowenig leitet der Beschwerdeführer seine - mit der pauschalen Reklamation des Fehlens von Feststellungen zur gesamten Zahlungsabwicklung im Rahmen des vorliegenden Factoring-Vertrags verknüpfte - Behauptung, die Zession sonstiger werthältiger Forderungen sei als schadensmindernd zu veranschlagen, methodengerecht aus dem Gesetz ab. Diesbezüglich ist auf das über die Schadenskompensation bei Erörterung der Mängelrüge Ausgeführte zu verweisen.
Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, wenn unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, aber indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580). Diese Kriterien missachtet der Beschwerdeführer in der Rechts- und der Subsumtionsrüge (Z 9 und Z 10), indem er ohne Bekanntgabe von konkret in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnissen Feststellungen zu den der F***** abgetretenen Forderungen und sonstigen Sicherheiten vermisst.
Zur in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) aufgestellten Behauptung fehlender Feststellungen zur Beurteilung der Vermögensverringerung für einen „wirtschaftlich nicht ganz bedeutungslosen Zeitraum“ genügt der Verweis auf die Konstatierungen US 10 f (Mittelverwendung für den laufenden Geschäftsbetrieb und für private Zwecke, Kündigung des Factoring-Vertrags mit 31. Dezember 2010 und Konkurseröffnung der K***** Gesellschaft mbH am 11. März 2011).
Soweit der Beschwerdeführer die festgestellte Bereicherungstendenz (US 11) mit dem abermaligen Hinweis auf eine erfolgte Schadenskompensation und seinen Kompensationswillen in Abrede stellt, verfehlt er neuerlich die - striktes Festhalten an den Feststellungen erfordernden - Anfechtungskriterien materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810).
Der den Schuldspruch I/5 betreffende Einwand, das festgestellte „Grundgeschäft“ zwischen dem Unternehmen des Angeklagten und der S***** GmbH stehe der Annahme betrügerischen Verhaltens entgegen, übergeht die Konstatierungen, wonach der Angeklagte der F***** (auch insoweit) nicht erbrachte Leistungen beinhaltende Rechnungen vorlegte und dieser dadurch das Bestehen von Forderungen vorspiegelte (US 10).
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei der nichtöffentlichen Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).
Zum Schuldspruch II:
Im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass der Schuldspruch II mit einer ungerügt gebliebenen, dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit (§§ 281 Abs 1 Z 9 lit a, 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) behaftet ist:
Bei einer zu Lasten einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung begangenen Untreue ist nicht der mittelbare Schaden der Gesellschafter, sondern der unmittelbare Nachteil der Gesellschaft maßgebend; ist der Täter allerdings (Geschäftsführer und zugleich) einziger Gesellschafter, dann ist bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die Schädigung der Gesellschaft ein Schaden bei einem „anderen“ nicht eingetreten (RIS-Justiz RS0094723; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 Rz 37).
Nach den wesentlichen Urteilskonstatierungen wurde der Angeklagte im Jahr 2002 alleiniger Gesellschafter der M***** GmbH, die am 30. Juni 2003 die K***** GmbH erwarb (US 8). Die im Urteil genannten Untreuehandlungen hat Franz L***** als Geschäftsführer der K***** GmbH begangen (US 12). Da das Erstgericht jedoch keine auf den Tatzeitraum bezogene Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen an der K***** GmbH getroffen hat, ist nach dem Gesagten eine abschließende Beurteilung, ob durch die Tathandlungen des Angeklagten ein unter § 153 StGB subsumierbarer Vermögensnachteil eingetreten ist, nicht möglich.
Der Schuldspruch II war demgemäß ebenso wie demzufolge der Franz L***** betreffende Strafausspruch aufzuheben und eine Verfahrenserneuerung anzuordnen (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO), weshalb sich ein Eingehen auf das dazu erstatte Beschwerdevorbringen und die Sanktionsrüge (Z 11) erübrigt.
Franz L***** war mit seiner Berufung, die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Entscheidung über die auf die anderen Angeklagten bezogene Berufung der Staatsanwaltschaft kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i zweiter Satz StPO).
Der Kostenausspruch, der sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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