OGH 8Ob46/12s

OGH8Ob46/12s30.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (vormals: Antragstellerin) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen die beklagte Partei (vormals: Antragsgegnerin) Stadtgemeinde H*****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig, Dr. Harald Skrube, Rechtsanwälte in Hermagor, wegen 1) Feststellung (Streitwert: 40.000 EUR) und 2) Räumung (Streitwert: 3.000 EUR), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 13. Februar 2012, GZ 3 R 174/11i-25, mit dem der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hermagor vom 16. September 2011, GZ 2 Nc 29/09a-17, in der Hauptsache zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.649,70 EUR bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Antrag vom 8. 9. 2009 beantragte die damalige Antragstellerin und nunmehrige Klägerin gegenüber der damaligen Antragsgegnerin und nunmehrigen Beklagten im außerstreitigen Verfahren die Festsetzung einer gemeinsamen Grenze gemäß den §§ 850 ff ABGB.

Die damalige Antragsgegnerin wandte gegen diesen Antrag unter anderem die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ein.

Nach Schriftsatzwechsel und Verhandlung brachte die Klägerin beim Erstgericht am 18. 3. 2011 einen als „Überweisungsantrag“ bezeichneten Schriftsatz ein, in dem sie erklärte, ihr bisheriges Begehren umzustellen. Sie habe infolge einer - ihrer Ansicht nach nicht zutreffenden - Rechtsansicht des Rekursgerichts in einer anderen Rechtssache den streitigen Rechtsweg zu beschreiten. Gleichzeit erhob sie ein Klagebegehren auf Feststellung, dass sie Eigentümerin bestimmter im Urteilsbegehren näher bezeichneter Grundstücksflächen sei, sowie auf Räumung dieser Grundstücksflächen durch die Beklagte. Sie bewertete das Feststellungsbegehren mit 40.000 EUR und das Räumungsbegehren mit 3.000 EUR und beantragte die Überweisung „der gegenständlichen Rechtssache in die nach der Geschäftsverteilung zuständige Abteilung für streitige Zivilsachen des Landesgerichts Klagenfurt“.

Die Beklagte sprach sich gegen die ihrer Ansicht nach unzulässige Klagsänderung ebenso wie gegen eine Überweisung der Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO aus.

Das Erstgericht fasste folgenden Beschluss:

„1. Die gegenständliche Rechtssache ist im streitigen Verfahren abzuführen.

2. Der Antrag auf Grenzfestsetzung vom 8. 9. 2009 wird wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs zurückgewiesen.

3. Das Bezirksgericht Hermagor ist für die Behandlung der Rechtssache sachlich unzuständig.

4. Die Klage wird gemäß § 261 Abs 6 ZPO über Antrag an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Klagenfurt überwiesen.

5. Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die [Prozesskosten] zu ersetzen.“

Der Antrag auf Grenzfestsetzung sei gemäß § 40a JN in eine Klage umzudeuten. Diese sei infolge des von der Beklagten iSd § 261 Abs 6 ZPO gestellten Antrags an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht zu überweisen.

Das Rekursgericht wies, soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung, den gegen die Punkte 3 und 4 dieses Beschlusses erhobenen Rekurs der Beklagten zurück. Die Antragstellerin habe ihren Antrag auf Grenzfestsetzung in eine jedenfalls auf den Rechtsweg gehörige Klage umgewandelt, sodass eine Entscheidung gemäß § 40a JN gar nicht getroffen wurde. Es gehe nicht um eine Umdeutung eines Rechtsschutzantrags durch das Gericht, sondern um eine Umstellung des Rechtsschutzbegehrens durch die Partei selbst, die zulässig sei. In ihr liege keine Klageänderung gemäß § 235 ZPO, weil nicht ein bereits zuvor im Prozessweg erhobenes Begehren geändert worden sei. Das Begehren auf Feststellung und Räumung sei als eine nach den Bestimmungen der ZPO eingebrachte Klage zu behandeln. Diese hätte das Erstgericht zwar a limine wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückweisen können, was der Klägerin die Möglichkeit des Überweisungsantrags gemäß § 230a ZPO eröffnet hätte. Der Umstand, dass die Klägerin bereits mit Einbringung der Klage einen Überweisungsantrag gestellt habe, ohne die Zurückweisung der Klage abzuwarten, schade im Hinblick auf diese Bestimmung nicht. Gegen diesen Beschluss sei gemäß § 230a Satz 2 ZPO mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten ein Rechtsmittel nicht zulässig, weshalb der Rekurs der Beklagten in der Hauptsache zurückzuweisen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Fall fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der von der Klägerin beantwortete Revisionsrekurs der Beklagten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Beschlüsse, mit denen das Rekursgericht einen Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen hat, sind nach ständiger Rechtsprechung nur unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar (7 Ob 4/12g mwN). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO liegt hier jedoch nicht vor.

2. Gegen einen Beschluss, mit dem über einen Überweisungsantrag entschieden wurde, ist nach § 261 Abs 6 ZPO ein Rechtsmittel unzulässig (RIS-Justiz RS0039091). Nur wenn die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung dem § 261 Abs 6 ZPO derart gravierend widerspricht, dass der Zweck des Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt wird, ist der Überweisungsbeschluss anfechtbar (RIS-Justiz RS0039091; RS0039863; 8 Ob 45/05h ua).

Umstände, die hier im Sinne der dargestellten Ausnahme die Anfechtbarkeit des Überweisungsbeschlusses begründen könnten, vermag die Revisionsrekurswerberin aber nicht aufzuzeigen. Nach wie vor geht sie von einer Umdeutung des ursprünglichen Sachantrags der Antragstellerin durch das Gericht aus, womit sie die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts ignoriert, nach denen von einer solchen Umdeutung nicht die Rede sein kann, weil hier die Antragstellerin selbst ihren ursprünglichen Antrag in eine jedenfalls auf den streitigen Rechtsweg gehörige Klage umgestellt hat. Auf die Argumente des Rekursgerichts, mit dem dieses die Zulässigkeit dieser Umstellung begründet, geht die Revisionsrekurswerberin inhaltlich nicht ein. Vor allem aber widerspricht ihr Einwand, die Umstellung sei im Sinne des analog anzuwendenden § 235 ZPO unzulässig, ihrem eigenen Vorbringen in erster Instanz, mit dem sie ja selbst den ursprünglichen Antrag als auf den streitigen Rechtsweg gehörig bezeichnet hat. Das weitere Vorbringen, dass die angefochtene Überweisung einer ökonomischen Prozessführung krass widerspreche, ist schlechthin unverständlich.

Der Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.

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