Spruch:
Das Revisionsverfahren wird bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens über den Ablehnungsantrag der beklagten Partei gegen die Erstrichterin unterbrochen.
Die Akten werden dem Handelsgericht Wien zur Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag und Wiedervorlage nach Rechtskraft dieser Entscheidung zurückgestellt.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht hat über die Berufung der Beklagten das (weit überwiegend) klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts teilweise mit Teilurteil in einem 30.000 EUR übersteigenden Betrag bestätigt, teilweise aufgehoben und insoweit die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Es ließ die Revision nicht zu und sprach nicht aus, dass gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Gegen das Teilurteil erhob die Beklagte rechtzeitig die außerordentliche Revision. Die Erstrichterin ließ dem Beklagtenvertreter telefonisch ausrichten, die Revision werde dem Obersten Gerichtshof im Hinblick auf die bereits anberaumte Tagsatzung am 3. 7. 2012 vorerst nicht vorgelegt. Noch am selben Tag brachte die beklagte Partei gegen die Erstrichterin mit Schriftsatz einen Ablehnungsantrag ein. Dieser wird im Wesentlichen damit begründet, dass - abgesehen von schon früher wahrgenommenen Voreingenommenheiten der Richterin gegen die Beklagte - die angekündigte nicht sofortige Vorlage der außerordentlichen Revision samt den betreffenden Akten an den Obersten Gerichtshof § 507b Abs 3 ZPO widerspreche und durch den weiteren Hinweis im Telefonat, wonach durch die außerordentliche Revision die Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils nicht gehemmt werde, die Erstrichterin der Beklagten durch die Erhebung der außerordentlichen Revision Verschleppung unterstelle.
Danach legte das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung über die außerordentliche Revision vor.
Das Revisionsverfahren ist zu unterbrechen.
Rechtliche Beurteilung
Die Geltendmachung der Befangenheit ist noch nach der Erlassung der erstgerichtlichen Entscheidung bis zur Rechtskraft zulässig (RIS-Justiz RS0042028; RS0041933) und kann im Rechtsmittelschriftsatz oder - wie hier - in einem gesonderten Schriftsatz (RIS-Justiz RS0042028 [T11]) erfolgen.
Von einer offenkundig rechtsmissbräuchlichen Ablehnung kann hier angesichts der gesetzlichen Bestimmung des § 507b Abs 3 ZPO, wonach eine außerordentliche Revision dem Obersten Gerichtshof sofort und unmittelbar vorzulegen ist, nicht ausgegangen werden. Liegt keine offenkundig rechtsmissbräuchliche Ablehnung vor, so ist das Rechtsmittelverfahren - hier das Revisionsverfahren - bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Ablehnungsantrag zu unterbrechen (RIS-Justiz RS0042028 [T7]).
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