OGH 8Ob38/12i

OGH8Ob38/12i24.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer sowie Dr. Brenn als weitere Richter in der Unterhaltssache des Antragstellers Matthias G*****, vertreten durch Göbel & Groh Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Antragsgegner Walter G*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Bernt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. Jänner 2012, GZ 45 R 357/11z‑58, mit dem über Rekurs beider Streitteile der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 31. Mai 2011, GZ 4 Fam 7/09x‑46, teilweise aufgehoben, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist aufgrund eines Unterhaltsvergleichs aus dem Jahr 2001 zu Unterhaltszahlungen von unstrittig 850,27 EUR monatlich verpflichtet. Diesem Vergleich lag ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Antragsgegners von 4.360,37 EUR zugrunde. Der 1983 geborene Antragsteller studiert seit Herbst 2005 an der Wirtschaftsuniversität Wien. Jedenfalls seit Juli 2001 geht er ‑ im Wesentlichen nur unterbrochen durch seinen in den Jahren 2004 und 2005 abgeleisteten Präsenzdienst ‑ durchgehend verschiedenen Beschäftigungen nach, mit denen er seit 1. 1. 2007 ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 800 EUR netto erzielt. Darüber hinaus hat er im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung weitere Einkünfte. Er lebt noch im Haushalt seiner Mutter.

Der Antragsgegner verfügt nun über ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von ca 9.500 EUR.

Der Antragsteller begehrt eine Unterhaltserhöhung im Wesentlichen mit der Begründung, das Einkommen des Antragsgegners habe sich beträchtlich erhöht.

Der Antragsgegner wendete zusammengefasst ein, dass der Antragsteller, der sein Studium nicht ordnungsgemäß betreibe, bereits selbsterhaltungsfähig sei.

Das Erstgericht wies ‑ soweit hier noch relevant ‑ den Unterhaltserhöhungsantrag ab. Der Antragsteller sei ‑ ausgehend von einem Studienbeginn im Herbst 2005 ‑ spätestens mit Ablauf des Dezember 2010 selbsterhaltungsfähig gewesen. Für die Zeit davor ergebe sich aufgrund seines Eigeneinkommens von durchschnittlich rund 800 EUR netto monatlich und dem zweieinhalbfachen Regelbedarf von rund 1.250 EUR (Luxusgrenze) kein den derzeit vom Antragsgegner geschuldeten Unterhaltsbetrag von 850 EUR übersteigender Unterhaltsbetrag.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers gegen die Abweisung des Erhöhungsantrags nicht Folge. Die Unterhaltsbeträge seien mit dem Bedarf des Kindes nach oben hin begrenzt und würden durch das Eigeneinkommen gemindert. Die Berücksichtigung des Eigeneinkommens erfolge im Allgemeinen nach der von der Rechtsprechung entwickelten Formel Kindeseinkommen x Geldunterhalt (nach der Prozentunterhaltsmethode) : (Prozentunterhalt + Differenz zwischen Mindestpension und Durchschnittsbedarf) = vom Prozentunterhalt abzuziehender Betrag. Hier werde der Unterhaltsbetrag aber durch die Luxusgrenze (das 2,5‑fache des Regelbedarfs) beschränkt, sodass das Erstgericht zu Recht bei der Berechnung nach der eben genannten Formel anstelle des Prozentunterhalts die Luxusgrenze berücksichtigt habe. Schließlich stelle die Prozentkomponente nur eine Orientierungshilfe dar. Das hier dem Antragsteller insgesamt zur Verfügung stehende Gesamteinkommen von netto 1.650 EUR ‑ Eigeneinkommen von 800 EUR zuzüglich der Unterhaltsverpflichtung von 850 EUR ‑ sei jedenfalls als ausreichend und angemessen anzusehen.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob bei Berücksichtigung des Eigeneinkommens des Unterhaltsberechtigten von der Luxusgrenze (2,5‑facher Regelbedarf) oder von einem sich aus der Prozentsatzmethode ergebenden höheren Betrag auszugehen sei, keine einheitliche oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist mangels Darstellung einer Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Zur Berücksichtigung des Eigeneinkommens des Unterhaltsberechtigten bei überdurchschnittlichen Verhältnissen wurde in Judikatur und Literatur eine Formel entwickelt, wonach sich der Restgeldunterhalt unter Abzug jener Quote des Kindeseinkommens ergibt, die sich aus dem Verhältnis vom Geldunterhalt zum Geldunterhalt + Differenz zwischen Mindestpension und Regelbedarf ergibt (8 Ob 528/93; 2 Ob 77/97f; Gitschthaler, Unterhaltsrecht2, 221; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht5, 138). Ausgangspunkt für diese Berechnung war in den genannten Entscheidungen der ohne Eigeneinkommen bestehende Geldunterhaltsanspruch des Kindes. Zutreffend ist, dass dieser in den den Entscheidungen 8 Ob 528/93 und 2 Ob 77/97f zugrundeliegenden Fällen unter der Luxusgrenze lag, sodass Ausgangspunkt der Berechnungen der nach der Prozentkomponente ermittelte Unterhaltsbetrag war. Anhaltspunkte dafür, dass in Fällen, in denen der Geldunterhaltsanspruch durch die Luxusgrenze beschränkt ist, nicht der unter Berücksichtigung dieser Grenze berechnete Geldunterhalt, sondern ein fiktiver, nach der Prozentkomponente ermittelter Betrag Ausgangspunkt der Berechnungen sein soll, sind nicht ersichtlich (vgl in diesem Sinne auch Gitschthaler, Eigeneinkommen des Kindes und Selbsterhaltungsfähigkeit, insbesondere bei Eigenpflege, EF‑Z 2008/130; Bsp 2).

Letztlich bedarf diese Frage aber keiner weiteren Vertiefung. Erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG ist nur eine Rechtsfrage, deren Klärung für den konkreten Fall erforderlich ist (RIS‑Justiz RS0088931).

Hier bemängelt der Revisionsrekurswerber zwar, dass die Vorinstanzen nähere Berechnungen unterlassen hätten, er stellt aber selbst in keiner Weise dar, aufgrund welcher konkreten Berechnung sich ein bestimmter, über den vom Antragsteller ohnedies geschuldeten Betrag liegender Unterhaltsbetrag ergeben würde.

Da es somit bei der Abweisung des Erhöhungsantrags des Antragstellers zu bleiben hat, braucht auf die Frage, ob der Unterhaltsanspruch wegen seines schlechten Studienfortgangs und dadurch eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit erlöschen ist, nicht eingegangen zu werden.

Damit stellt aber der Antragsteller keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG konkret dar, sodass sein Rechtsmittel zurückzuweisen ist.

Der Antragsgegner hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen. Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung waren daher nicht zuzusprechen (RIS‑Justiz RS0122774).

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