OGH 9Ob11/12a

OGH9Ob11/12a29.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.‑Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj R*****, geboren am *****, S*****, geboren am ***** und D***** E*****, geboren am *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters M***** E*****, vertreten durch Mag. Nikolaus Vasak, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Dezember 2011, GZ 48 R 333/11t‑171, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 27. September 2011, GZ 3 Pu 145/09v‑165, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Seit 1. 7. 2006 beträgt die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters 154 EUR für R***** und je 132 EUR für S***** und D*****.

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters, seine monatlichen Unterhaltsleistungen vom 1. 12. 2007 bis 31. 1. 2008 gänzlich aufzuheben und ab 1. 2. 2008 für jedes Kind auf je monatlich 29,10 EUR herabzusetzen teilweise ab.

Das Erstgericht bestimmte den Unterhalt wie folgt:

‑ Für die mj R***** in der Zeit vom 1. 12. 2007 bis 31. 12. 2008 auf 104 EUR, vom 1. 1. 2009 bis 30. 6. 2009 auf 90 EUR, vom 1. 7. 2009 bis 31. 12. 2009 auf 86 EUR, vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010 auf 115 EUR, vom 1. 1. 2011 bis 31. 1. 2011 auf 113 EUR und ab 1. 2. 2011 auf 107 EUR.

‑ Für den mj S***** für die Zeit vom 1. 12. 2007 bis 31. 12. 2008 auf 104 EUR, vom 1. 1. 2009 bis 30. 6. 2009 auf 90 EUR, vom 1. 7. 2009 bis 31. 12. 2009 auf 86 EUR, vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010 auf 115 EUR, vom 1. 1. 2011 bis 31. 1. 2011 auf 97 EUR und ab 1. 2. 2011 auf 107 EUR.

‑ Für die mj D***** für die Zeit vom 1. 12. 2007 bis 31. 12. 2008 auf 91 EUR, vom 1. 1. 2009 bis 30. 6. 2009 auf 78 EUR, vom 1. 7. 2009 bis 31. 12. 2009 auf 86 EUR, vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010 auf 97 EUR, vom 1. 1. 2011 bis 31. 1. 2011 auf 95 EUR und ab 1. 2. 2011 auf 90 EUR herab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nur teilweise Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen ‑ binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Zu beachten ist, dass im Verfahren über den Unterhalt mehrerer Kinder der Wert des Entscheidungsgegenstands mangels desselben rechtlichen oder tatsächlichen Grundes für jedes Kind einzeln zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0112656; RS0017257).

Bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt ist grundsätzlich das Dreifache der Jahresleistung als Wert des strittigen Rechts anzunehmen (§ 58 Abs 1 JN; RIS‑Justiz RS0042366). Wird eine Herabsetzung des Unterhalts begehrt, bildet nicht der Gesamtbetrag, sondern der dreifache Jahresbetrag der begehrten Herabsetzung den Streitwert (RIS‑Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist nur der Betrag maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS‑Justiz RS0122735). Hier waren überwiegend nur Teilbeträge Gegenstand des Rekursverfahrens. In einem solchen Fall ist nicht der 36‑fache monatliche Herabsetzungsbetrag, sondern der tatsächliche maßgeblich (RIS‑Justiz RS0111964; RS0046547).

Hier liegt der Entscheidungsgegenstand für 36 Monate für jedes der Kinder deutlich unter dem Grenzwert von 30.000 EUR. Das Rechtsmittel des Vaters war demnach nicht dem Obersten Gerichtshof ‑ auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird ‑, sondern dem Rekursgericht vorzulegen.

Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die im Revisionsrekurs des Vaters zur Zulässigkeit des Rechtsmittels enthaltenen Ausführungen den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entsprechen oder ob sie einer Verbesserung bedürfen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

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