OGH 15Os21/12w

OGH15Os21/12w28.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Krasa als Schriftführer in der Strafsache gegen David G***** wegen des Verbrechens der schweren Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 24. November 2011, GZ 31 Hv 116/11h-75, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch III./a./, demzufolge auch im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthaltenden - Urteil wurde David G***** der Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB (I./), der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (II./), des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und 2 Z 2 StGB (III./a./) und des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und 2 Z 2 und 3 StGB (III./b./) schuldig erkannt.

Danach hat er in S*****

I./ zwischen 1. April und 22. Mai 2011 in zahlreichen Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, Haythem ***** W***** durch die Übermittlung von im Urteilsspruch näher dargestellten, größtenteils mit „radikale Terrorfront“ unterfertigten E-Mails, durch Drohung mit dem Tod sowie teils weiters mit einer Gefährdung durch Sprengmittel, zu Handlungen, die diesen am Vermögen schädigen sollten, nämlich zur Übergabe von Bargeld in Höhe von 1 Million Euro, 10 Millionen Euro, 13 Millionen Euro, 15 Millionen Euro und teils in unbekannter Höhe, zu nötigen versucht;

II./ im Zeitraum zwischen März und Anfang Mai 2011 in zumindest fünf Angriffen Pascal ***** W***** durch die telefonische Äußerung, er werde ihn umbringen, er solle laufen, da er ihn sonst umbringen werde, mit dem Tod gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;

III./ eine längere Zeit hindurch nachgenannte Geschädigte in einer Weise, die geeignet war, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines sonstigen Kommunikationsmittels oder über Dritte Kontakt zu ihnen herstellte und hinsichtlich des Faktums b./ darüber hinaus unter Verwendung personenbezogener Daten Dritte veranlasste, mit dem Geschädigten Kontakt aufzunehmen, nämlich

a./ von April 2010 bis April 2011 Haythem ***** W***** durch zahlreiche (teilweise täglich bis zu 38) Anrufe sowie durch die Übermittlung zahlreicher SMS-Mitteilungen, von Briefen und von (unter I./ nicht enthaltenen) E-Mails, sowie

b./ im Zeitraum von März bis Mai 2011 ca sechs bis sieben Wochen lang Pascal ***** W***** durch zahlreiche (teilweise täglich bis zu 40) Anrufe sowie durch Anlegen von E-Mail-Adressen und Facebook-Accounts im Internet unter Benützung des Namens des Pascal ***** W*****.

Ausschließlich gegen die zu I./ ergangenen Schuldsprüche richtet sich die auf Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten David G*****.

Rechtliche Beurteilung

Keine entscheidende Tatsache spricht die Mängelrüge (Z 5) unter Hinweis auf einen angeblich von Alina ***** W***** stammenden Facebook-Eintrag an, weil eine hiedurch behauptete Provokation für die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch bzw die rechtliche Kategorie einer zum Nachteil des Haythem ***** W***** begangenen strafbaren Handlung ohne Einfluss ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb dieser Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780). Mit Bestreitung der Ernstlichkeit der Drohungen und der Behauptung mangelnder Konkretisierung von Geldbeträgen und Übergabemodalitäten werden keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt.

Die Subsumtionsrüge (Z 10), die - neuerlich mit beweiswürdigenden Erwägungen - den Vorsatz des Angeklagten auf unrechtmäßige Bereicherung bestreitet, orientiert sich nicht an den diesbezüglich getroffenen Konstatierungen (US 9; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584) und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde sah sich der Oberste Gerichtshof jedoch zu amtswegigem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO veranlasst:

Zum Schuldspruch III./a./ stellte das Erstgericht zwar fest, dass der Angeklagte durch zahlreiche Anrufe, teilweise bis zu 38 Mal täglich, weiters durch zahlreiche SMS-Mitteilungen, durch Briefe und E-Mails Haythem ***** W***** kontaktierte. Feststellungen zur subjektiven Tatseite (vgl Schwaighofer in WK² § 107a Rz 29 ff) fehlen jedoch zur Gänze, sodass das Urteil insoweit an einem Rechtsfehler mangels Feststellungen leidet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605 ff).

Das angefochtene Urteil war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde im Umfang des Schuldspruchs III./a./ und demzufolge im Strafausspruch aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten, die sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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