OGH 12Os7/12i

OGH12Os7/12i28.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Februar 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Potmesil als Schriftführer in der Strafsache gegen Manfred P***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 29. November 2011, GZ 9 Hv 13/11k-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred P***** mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) sowie jeweils mehrerer Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II./1./ und 2./) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (III./1./ bis 3./) schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** und an anderen Orten - zusammengefasst wiedergegeben - Sabine D*****

I./ zwischen März 2010 und Juni 2011 mehrmals mit Gewalt zur Duldung des Vaginal- und Analverkehrs genötigt, indem er sie an den Händen festhielt, ihre Beine auseinanderdrückte und sie mit seinem Körper fixierte;

II./ im Sommer 2010 und im Juni 2011 durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, nämlich der Aufrechterhaltung ihrer Beziehung genötigt, und zwar jeweils durch die sinngemäßen Äußerungen, sie und ihre Kinder würden „ausgelöscht“ und vergewaltigt werden;

III./ zwischen März 2010 und Juni 2011 mehrmals gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar jeweils durch die sinngemäße Äußerung,„Leute“ von der Mafia und eines Bordellbesitzers würden sie und ihre Kinder umbringen bzw ihnen „etwas antun“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO stützt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Der Behauptung der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung am 29. November 2011 gestellten Antrags auf Vernehmung der Jasmin V***** zum Beweis dafür, dass „zwischen der Zeugin und dem Angeklagten ein sehr gutes Verhältnis bestanden hat und dies der Anlass für eine Eifersucht der Frau D***** war und sie daher ... sich am Angeklagten rächen wollte“ (ON 31 S 26) Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Der Antrag ließ nämlich nicht erkennen, aus welchem Grund die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (§ 55 Abs 1 StPO; RIS-Justiz RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Spekulationen darüber, dass die Zeugin Sabine D***** den Angeklagten aus Eifersucht fälschlich belastet hätte, bilden keine tragfähige Grundlage eines Beweisantrags, zumal überdies keine Wahrnehmungen der Jasmin V***** über Tatsachen, sondern bloß Wertungsfragen bzw Schlussfolgerungen angesprochen werden, die nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein können (RIS-Justiz RS0097540).

Die in der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde nachgetragenen Argumente als Versuch einer Fundierung des Antrags unterliegen dem Neuerungsverbot und sind somit unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Der Angeklagte trachtet bei seinen Ausführungen zur Mängelrüge (Z 5) bloß danach, seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, indem er - ohne Begründungsdefizite aufzuzeigen - lediglich darauf verweist, dass Sabine D***** eifersüchtig gewesen wäre und nicht „verkraften“ hätte können, dass der Angeklagte mit einer anderen Frau eine geschlechtliche Beziehung anstrebte. Unter dem Aspekt solcherart unternommener Infragestellung der Glaubwürdigkeit des Opfers wird keine entscheidende Tatsache angesprochen. Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit stellen nämlich nichts anderes als erhebliche Tatsachen dar, deren sachverhaltsmäßige Bejahung oder Verneinung in Frage zu stellen auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren in dieser Form unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinausläuft (RIS-Justiz RS0120109; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431 mwN).

Gegenstand von Rechts- und Subsumtionsrüge ist der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen mit dem festgestellten Sachverhalt. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen, zu deren Verdeutlichung das Erkenntnis herangezogen werden kann.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert aber gerade nicht wie erforderlich auf Basis des Urteilssachverhalts, sondern behauptet anhand bloß isoliert zitierter Passagen des Urteils, es sei (zu Schuldspruch I./) zu keiner Gewaltanwendung gekommen. Insoweit sie zu den Schuldsprüchen II./ und III./ vorbringt, das in (richtig:) § 74 Abs 1 Z 5 StGB „definierte Tatmittel“ läge nicht vor, weil schwachsinnige und übertriebene Äußerungen der Ernsthaftigkeit entbehren würden, orientiert sich insoweit ebenfalls nicht an der Verfahrensordnung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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