OGH 11Os3/12v

OGH11Os3/12v16.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Februar 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Krasa als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bernhard D***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 3. Oktober 2011, GZ 29 Hv 8/11v-106, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bernhard D***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er vom 1. Jänner 2005 bis Ende März 2007 in T***** und an anderen Orten als Obmann des Vereins „G*****“ die ihm durch Kontovollmachten, sohin Rechtsgeschäft, eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht, indem er in zahlreichen Fällen Barbehebungen von den Vereinskonten bei der B***** zu Konto Nr ***** und ***** und bei der R***** zu Konto Nr ***** tätigte und dabei Geldbeträge in einer ziffernmäßig nicht mehr genau feststellbaren, den Betrag von 50.000 Euro aber jedenfalls übersteigenden Höhe zweckwidrig nicht für den Verein, sondern privat für sich verwendete, und dadurch dem Verein „G*****“ einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden zugefügt.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Deren Erledigung ist voranzustellen, dass sich sowohl die Verfahrens- (Z 4) als auch die Mängelrüge (Z 5) an entscheidenden Tatsachen zu orientieren haben, also an für das Erkenntnis in der Schuld- oder Subsumtionsfrage maßgebliche. Im Fall von wertqualifizierten Delikten (wie hier) muss im Zusammenhang mit dem Vermögensschaden in diesem Sinne somit eine im Gesetz statuierte Wertgrenze tangiert sein. Bloße Veränderungen von Schadensbeträgen, die ohne Einfluss auf die solcherart determinierte Subsumtion bleiben, sind im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden ohne Relevanz (vgl RIS-Justiz RS0116586 [vor allem T3]).

Der Beschwerdeführer reklamiert indes ausschließlich Umstände der Schadenssumme im Rahmen der gleichartigen Verbrechensmenge, ohne darzulegen, inwieweit davon eine Wertgrenze (hier: § 153 Abs 2 zweiter Fall StGB) betroffen wäre. Schon deshalb erweist sich seine Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 StPO).

Im Einzelnen bleibt zu erwidern:

Der zum Gegenstand der Verfahrensrüge (Z 4) gemachte Antrag auf Vernehmung mehrerer Zeugen „zum Beweis dafür, dass der Angeklagte über die tägliche Nettoarbeitszeit hinaus Überstunden geleistet hat und die von ihm behaupteten Zahlungen aus dem Titel Überstunden zu Recht bestehen“ (ON 104 S 33; Abweisung durch das Schöffengericht S 34) lässt die erörterte Konkretisierung vermissen und konnte bereits darum nicht durchdringen. Des Weiteren hat das Erstgericht dem Angeklagten ohnedies eine Überstundenentlohnung von insgesamt 45.900 Euro zugebilligt (US 6, 7, 36). Soweit die Verfahrensrüge spekuliert, „es sei nicht auszuschließen“, dass die beantragten Zeugen eine höhere derartige Summe beweisen könnten, ist der Erkundungscharakter und somit die Irrelevanz dieser Antragstellung evident.

Welchen Einfluss die Höhe des Gehalts des Angeklagten im Jahre 2003 auf die subsumtionsrelevante Schadensermittlung haben sollte, erklärt die Mängelrüge (Z 5) nicht.

Die Doppeltätigkeit des Rechtsmittelwerbers (für Landesverband und Bezirksstelle) bezogen die Tatrichter in ihre Überlegungen ebenso mit ein (US 11, 12, 14) wie die Monatsbezüge anderer Vereinsmitarbeiter (US 18). Dass Letztere „nicht in Einklang zu bringen seien“ mit der Entlohnung des Angeklagten, ist lediglich eigenständig beweiswürdigende Überlegung nach Art einer allerdings nur im Einzelrichterprozess gesetzlich zugelassenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Die Behauptung, „die Widersprüchlichkeit in der Aussage des Zeugen Heinz G***** [zum Ausmaß dessen Überstundenentlohnung] hat das Erstgericht schlichtweg nicht gewürdigt“, ist angesichts der Ausführungen US 15 ff, vor allem 18 unverständlich.

Die Bezugnahme auf Angaben des Angeklagten zu „Schwarzzahlungen“ (gemeint: Zahlungen ohne Belege und Verbuchung) wiederum ist aus US 13 und 25 unschwer ersichtlich.

Einen inneren Widerspruch weist ein Urteil ua dann auf, wenn Schlussfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen können (Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 45). Dem Rechtsmittelvorwurf entgegen ist dieser Nichtigkeitsgrund nicht darin zu erblicken, dass die Tatrichter vom Angeklagten behauptete schadensmindernde Zahlungen teils als erwiesen, teils aber als Schutzbehauptung ansahen (hier: US 7, 34). Genauso wenig ist es ein Widerspruch im Sinne von § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO, dass sich der Sachverständige bei der Berechnung des (letztlich so vom Erstgericht angenommenen) Überstundenentgelts des Heinz G***** (nur) auf vorliegende Unterlagen bezog (US 22), ohne die vom Angeklagten angesprochenen „Schwarzzahlungen“ (US 25) zu berücksichtigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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