OGH 14Os161/11z

OGH14Os161/11z24.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Jänner 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Thomas L***** wegen des Verbrechens des durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 25. Oktober 2011, GZ 10 Hv 92/11t-17, in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Angeklagten und seiner Verteidigerin Mag. Bader zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Taten auch unter § 129 Z 1 StGB und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Thomas L***** hat durch die ihm zu den Schuldsprüchen 1 bis 3 zur Last liegenden Taten das Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB begangen und wird hiefür nach § 128 Abs 1 StGB zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas L***** - anklagedifform - des Verbrechens des durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 16. Juni, 17. Juni und 11. Juli 2011 in M***** Martin L***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in drei Angriffen insgesamt 5.700 Euro Bargeld durch Eindringen in dessen Wohnhaus mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel weggenommen, indem er sich jeweils mittels aus Verstecken an sich genommener (im letzten Fall zurückbehaltener und in einem eigenen Versteck deponierter) Schlüssel Zugang zum Haus verschaffte und die Geldbeträge aus einem Aktenkoffer und einer Kellnerbrieftasche entnahm.

Der dagegen aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er die rechtliche Beurteilung des Urteilssachverhalts (auch) nach § 129 Z 1 StGB rügt, kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung für die Beurteilung einer Tat als Einbruchsdiebstahl in der vom Erstgericht angenommenen Begehungsvariante ist, dass der Täter den Schlüssel, mit dem er eindringt, widerrechtlich erlangt, also dem Berechtigten oder einem sonstigen Gewahrsamsinhaber eigenmächtig weggenommen, abgenötigt oder herausgelockt hat. Diese Kriterien sind zwar auch bei eigenmächtiger Entnahme aus einem Versteck, das der Täter mit Wissen des Berechtigten kennt, erfüllt (RIS-Justiz RS0093818, RS0093626, RS0093884). Wird er aber zur Verwendung des Schlüssels ermächtigt, richtet sich also die Vorsichtsmaßnahme (des Versteckens) nicht gegen ihn, scheidet die Annahme der Qualifikation des § 129 Z 1 StGB aus (Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 42; SSt 48/56).

Nach den hier wesentlichen Urteilsannahmen hatte der Geschädigte Martin L***** dem Beschwerdeführer die Verstecke der in Rede stehenden Schlüssel gezeigt, um ihm jederzeit den Zutritt zu seinem Haus zwecks Benützung der Toilette und Ausborgen des Rasenmähers zu verschaffen (US 4 und 7) und ihn solcherart sowohl zur Ansichnahme als auch zur Verwendung der Schlüssel ermächtigt. Dass er diese in der Folge schon mit dem Vorsatz aus dem Versteck entnahm, sie zweckwidrig (nämlich nicht mit dem vom Berechtigten intendierten Ziel, sondern zur Begehung von Diebstählen) zu gebrauchen, sie nach dem zweiten Diebstahl widerrechtlich zurückbehielt (in einem eigenen Versteck deponierte) und (zur Begehung des dritten Diebstahls) weiterverwendete (US 2 und 5), ändert - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - nichts daran, dass die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts als Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch (§ 129 Z 1 StGB) mangels eigenmächtiger Ansichnahme der zum Eindringen in das Gebäude verwendeten Schlüssel nicht in Frage kommt, weil das Gesetz alleine auf die Widerrechtlichkeit der Inbesitznahme, nicht aber auf die Widerrechtlichkeit des Gebrauchs oder der Zurückbehaltung abstellt (RIS-Justiz RS0093818 [T2 und T5; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 129 Rz 39 f; Fabrizy StGB10 § 129 Rz 5; vgl aber 13 Os 114/91).

Das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in der rechtlichen Unterstellung der Taten unter § 129 Z 1 StGB und damit auch im Strafausspruch aufzuheben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wie aus dem Spruch ersichtlich in der Sache selbst zu erkennen.

Bei der dadurch notwendig gewordenen Strafneubemessung waren die dreifache Tatbegehung und die Ausnützung des Vertrauens des Geschädigten als erschwerend, als mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, sein umfassendes Geständnis und die Schadensgutmachung (samt Ersatz der Kosten für den Austausch der Schlösser und bislang eingehaltener freiwilliger Verpflichtung zur - ratenweisen - Zahlung einer Spende in Höhe von 2.000 Euro für wohltätige Zwecke (ON 16 S 6) zu werten. Auf der Grundlage des durch § 128 Abs 1 StGB vorgegebenen Strafrahmens entspricht eine für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von drei Monaten sowohl dem Unrecht der Taten als auch der Schuld des Angeklagten.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a StPO.

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