OGH 3Ob233/11b

OGH3Ob233/11b18.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, Pilot, *****, vertreten durch Mayer & Herrmann Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Dr. Georg Braunegg, Rechtsanwalt in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei S***** Rechtsanwälte, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO; Streitwert 547.091,51 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. Oktober 2011, GZ 47 R 366/11p-14, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 11. Mai 2011, GZ 24 C 216/11x-8, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1. Juni 2011, GZ 24 C 216/11x-10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Aufgrund eines vollstreckbaren Notariatsakts vom 25. April 2008 bewilligte das Erstgericht der beklagten Bank zur Hereinbringung einer Forderung von 547.091,51 EUR sA gegen den Kläger die Exekution durch Zwangsversteigerung einer Liegenschaft und eines Liegenschaftsanteils.

Am 31. März 2011 brachte der Kläger gegen die beklagte Partei eine Oppositionsklage mit der Behauptung ein, er habe gegen die betriebene Forderung mit einer ihm von einer GmbH zum Inkasso abgetretenen, die betriebene Forderung übersteigenden Schadenersatzforderung aufgerechnet. Die Schadenersatzforderung resultiere aus einem Fehlverhalten der beklagten Partei, das zur Auflösung eines bereits abgeschlossenen Kaufvertrags über eine im Eigentum der GmbH stehenden Liegenschaft mit einem Hotel geführt habe. Nach den getroffenen Vereinbarungen wäre die beklagte Partei verpflichtet gewesen, bis zum 10. Oktober 2008 ihre schriftliche Zustimmung zu dem Liegenschaftsverkauf zu geben. Tatsächlich sei die Zustimmung erst am 16. Oktober 2008 erteilt worden, weshalb der Kaufvertragsabschluss geplatzt sei.

Das Erstgericht wies die Oppositionsklage ab. Der geltend gemachte vertragliche Schadenersatzanspruch könne nur dann bestehen, wenn es seitens der Nebenintervenientin (als seinerzeitiger Vertreterin der beklagten Partei) rechtswidrig gewesen wäre, die geforderte Zusage nicht bis 10. Oktober 2008 abgegeben zu haben. Da aber die von der beklagten Partei gesetzten Bedingungen für die Erteilung der Zusage nicht erfüllt gewesen seien, sei ein der beklagten Partei zuzurechnendes rechtswidriges Verhalten zu verneinen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und ließ die Revision nicht zu: Gegenstand des Berufungsverfahrens sei die Auslegung der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge; diesen komme keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Rechtliche Beurteilung

In der außerordentlichen Revision macht der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht im Zulässigkeitsausspruch darauf hingewiesen, dass die Entscheidung von der Auslegung der zwischen dem Kläger, der beklagten Partei und der GmbH geschlossenen Vereinbarung (Beilage ./F) und des zwischen der GmbH und der potenziellen Käuferin geschlossenen „Vorvertrags“ (Beilage ./G) abhängt. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936).

Maßgeblich ist vor allem, ob aus § 2 Punkt (3) der zwischen dem Kläger, der beklagten Partei und der GmbH geschlossenen Vereinbarung (Beilage ./F) Verhaltenspflichten abzuleiten sind, gegen die die beklagte Partei verstoßen hat.

1.1. Die beklagte Partei sollte gemäß § 2 Punkt (3) der genannten Vereinbarung nur dann zur Zustimmung verpflichtet sein, wenn sich der Treuhänder ihr gegenüber zur Auszahlung des zur Lastenfreistellung erforderlichen Betrags verpflichtet. Wie aus dem „Vorvertrag“ (Beilage ./G) hervorgeht, ist dies aber nicht geschehen. Dass den vertraglich normierten Anforderungen nicht vollständig damit entsprochen wird, wenn - wie im „Vorvertrag“ bzw im abzuschließenden Kaufvertrag vorgesehen (siehe Beilage ./G) - das Geld vom Treuhänder unter Einhaltung gewisser Bedingungen auf das Konto des Klägers bei der beklagten Partei zu überweisen ist, stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen dar. Der Umstand, dass die beklagte Partei letztlich doch die Zustimmung erteilt hat, lässt schon allein aus den nachstehenden Erwägungen keinen Rückschluss auf ein rechtswidriges Handeln zu.

1.2. Aus § 2 Punkt (3) der genannten Vereinbarung ergibt sich nicht, dass die beklagte Partei dazu verpflichtet gewesen wäre, „unverzüglich“ (vom Kläger gemeint: Innerhalb von sieben Tagen) ihre Zustimmung zu erklären. Nur in dem zwischen der GmbH und der potenziellen Käuferin geschlossenen „Vorvertrag“ (Beilage ./G) wurde eine entsprechende Siebentagefrist vorgesehen (siehe Punkt V.), was aber nicht geeignet ist, eine entsprechende vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei zu begründen, die nicht Vertragspartei des „Vorvertrags“ ist. Aus § 2 Punkt (3) der zwischen dem Kläger, der beklagten Partei und der GmbH geschlossenen Vereinbarung (Beilage ./F) kann daher nur die Verpflichtung abgeleitet werden, innerhalb angemessener Frist zuzustimmen. Dass die Zustimmung der beklagten Partei vom 16. Oktober 2008 innerhalb angemessener Frist erteilt wurde, stellt angesichts der der beklagten Partei zuzugestehenden Überprüfungsmöglichkeit ebenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

2. Hat das Berufungsgericht mit durchaus vertretbarer Ansicht einen Schadenersatzanspruch der GmbH gegenüber der beklagten Partei verneint, kommt es auf die von der klagenden Partei im Rechtsmittel dargestellten Rechtsfragen zur Aufrechnung nicht mehr an.

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