Spruch:
Wolfgang B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Gegen Wolfgang B***** wird von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt ein Ermittlungsverfahren geführt, in dem über ihn nach seiner Verhaftung am 8. Oktober 2011 vom Landesgericht Eisenstadt am 10. Oktober 2011 die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Verdunkelungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 2 StPO verhängt wurde (ON 8 in ON 14). Mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 wurde die Untersuchungshaft nach Durchführung einer Haftverhandlung aus dem genannten Haftgrund bis 24. November 2011 verlängert (ON 18 in ON 4).
Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde (ON 20 in ON 4) gab das Oberlandesgericht Wien mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge und setzte die Haft - nachdem der Verteidigung Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Haftgrund gegeben worden war (ON 35) - ausschließlich aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fort.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss wendet sich die rechtzeitige Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten, die die Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr bekämpft. Sie ist nicht im Recht.
Nach den Sachverhaltsannahmen des Oberlandesgerichts Wien ist Wolfgang B***** dringend verdächtig, als Kundenbetreuer der H***** AG ihm von nachangeführten Personen anvertraute Güter sich oder einem Dritten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet zu haben, indem er in N***** und E*****
a) im Zeitraum von 8. September 2008 bis 7. September 2011 durch Fälschung von Unterschriften auf den Wertpapierverkaufsaufträgen Wertpapiere vom Wertpapierdepot Nr ***** der Stefanie O***** verkaufte und die Erlöse in Höhe von rund 430.000 Euro von diesem Wertpapierdepotverrechnungskonto bar behob oder auf sein Girokonto Nr *****, auf jenes seiner Stiefschwester Lisa L*****, Nr *****, oder auf das Sparkonto seiner Großmutter Johanna K*****, Nr *****, überwies;
b) am 27. Jänner 2010 elf Sparbücher des Eduard S***** mit Einlageständen zwischen 15.000 und 20.000 Euro auf seine Stiefschwester Lisa L***** umlegitimierte, vier dieser Sparbücher am 7. Mai 2010 schloss und gleichzeitig drei Sparbücher auf seinen Namen, eines auf B***** Julia und eines auf K***** Johanna eröffnete.
Die rechtliche Annahme einer der in § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar („willkürlich“) angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).
Das Oberlandesgericht hat seine Einschätzung, der Beschuldigte werde auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelasteten wiederholten strafbaren Handlungen, unter Berücksichtigung der infolge fristloser Entlassung des Beschuldigten resultierenden faktischen Unmöglichkeit, an seinem früheren Arbeitsplatz, der H***** AG, weitere Veruntreuungshandlungen zu setzen, aus der Mehrzahl der Tatangriffe, deren er dringend verdächtig ist, dem hohen Schaden, dem Umstand, dass er bewusst ältere Personen als Opfer auswählte, und aus seiner prekären wirtschaftlichen Situation abgeleitet. Dass auch eine - von einem Unternehmen zugesicherte - Beschäftigung als Hilfsarbeiter nicht geeignet wäre, angesichts der bestehenden Vermögenslage die Gefahr weiterer deliktischer Einkommenserlangung zu bannen, begründete das Beschwerdegericht damit, auch eine gesicherte Beschäftigung und die großzügige finanzielle Unterstützung durch seine Familie wären nicht geeignet gewesen, ihn von den ihm angelasteten Malversationen abzuhalten (BS 8 f). Dabei hat es auch zulässig (vgl EvBl 1995/118) darauf Bedacht genommen, dass der Beschuldigte verdächtig ist, über die dringende Verdachtslage hinaus als Kundenbetreuer der H***** AG weitere ähnliche Straftaten gesetzt zu haben, und rechtsrichtig darauf verwiesen, dass der angenommene Haftgrund auf die Begehung irgendeiner gegen dasselbe Rechtsgut gerichteten strafbaren Handlung und nicht auf die Vorhersage konkreter Taten abstellt (RIS-Justiz RS0113445). Damit wurden - entgegen dem Beschwerdevorbringen - zur Prognosebegründung bestimmte Tatsachen angeführt, die nach den Grundsätzen folgerichtigen Denkens und allgemeinen Erfahrungen geeignet sind, die daraus abgeleitete Befürchtung zu tragen.
Indem der Beschwerdeführer demgegenüber aus dem Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes, der ihm die ihm vorgeworfenen Tathandlungen erst ermöglicht habe, aus der Wirkung des bisher erstmals verspürten Haftübels und aus seiner Stigmatisierung im ländlichen Raum für sich günstigere Schlüsse zieht als das Beschwerdegericht und diesem eine bloße Scheinbegründung der getroffenen Prognoseentscheidung unterstellt, vermag er eine solch willkürliche Annahme von Tatbegehungsgefahr nicht aufzuzeigen.
Mit dem bloßen Hinweis, dass er in der Haftprüfungsverhandlung vom 24. Oktober 2011 die Enthaftung unter Anwendung gelinderer Mittel beantragt habe und bereit gewesen sei, „jedwedes Gelöbnis zu leisten, sich jedweder Weisung zu unterziehen bzw auch seinen Reisepass oder andere Berechtigungsdokumente abzugeben“, zeigt der Beschuldigte nicht auf, worin dem Beschwerdegericht, das die Substituierbarkeit verneinte (BS 10), ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre (vgl RIS-Justiz RS0116422).
Weshalb der Umstand, dass ein Teilbetrag von rund 230.000 Euro der zum Nachteil von Stefanie O***** verkauften Wertpapiere der Abdeckung des Eduard S***** zugefügten Schadens gedient habe, den Bereicherungsvorsatz des Beschuldigten ausschließen sollte, legt die der Sache nach gegen die Annahme eines auch insoweit bestehenden dringenden Tatverdachts gerichtete Anmerkung der Beschwerde nicht nachvollziehbar dar.
Wolfgang B***** wurde daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung - im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenzuspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).
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