OGH 9Ob66/11p

OGH9Ob66/11p21.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Clemens R*****, Hauseigentümer, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Christine H*****, Innenarchitektin, *****, wegen Räumung, nunmehr Wiederaufnahme, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Oktober 2011, GZ 38 R 149/11k-6, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

In dem Verfahren, dessen Wiederaufnahme der Kläger begehrt, geht es um die Abtretung des Mietrechts nach § 12 Abs 1 MRG von den Eltern der Beklagten an die Beklagte und ihren Bruder. Der Kläger stützt sich nun darauf, dass er nach Abschluss des Verfahrens von einem anderen Mieter erfahren habe, dass die Beklagte im Übertragungszeitpunkt gar nicht in der Wohnung gelebt habe. Insoweit sei auch die Aussage deren Bruders im Vorfahren falsch.

Die Vorinstanzen haben die Klage übereinstimmend zurückgewiesen, weil sie davon ausgegangen sind, dass der Kläger den anderen Mieter schon früher hätte befragen können und sich am Ergebnis ohnehin nichts geändert hätte. Jedenfalls der Bruder sei zum Eintritt berechtigt gewesen. Darüber hinaus stehe die nunmehr gewonnene Aussage auch gar nicht in einem klaren Widerspruch zu jener des Bruders.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren auf Antrag einer Partei wiederaufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen instand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte. Im Vorprüfungsverfahren ist die Klage zurückzuweisen, wenn sie jedwede Behauptung vermissen lässt, dass die Verwendung der als Wiederaufnahmsgrund angeführten neuen Beweismittel im Vorverfahren ohne Verschulden unmöglich war bzw sich aus den Behauptungen schon das Verschulden ergibt (RIS-Justiz RS0044558). Es ist nicht Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO, Fehler der Partei bei Führung des Vorprozesses zu korrigieren (RIS-Justiz RS0039991 [T6]). Ein Verschulden kann daher nur dann verneint werden, wenn trotz sorgsamer Prozessvorbereitung und Beweismaterialbeschaffung von der neuen Tatsache erst nach Schluss der Verhandlung des Vorprozesses Kenntnis erlangt werden kann. Eine Wiederaufnahme ist ausgeschlossen, wenn eine Partei die Beweismittel bei Anwendung ordnungsgemäßer Aufmerksamkeit hätte auffinden können (RIS-Justiz RS0044533 [T7]; RS0044619). Wenn die Vorinstanzen hier davon ausgegangen sind, dass nicht ersichtlich sei, warum der andere Mieter nicht bereits früher hätte befragt werden können, so stellt dies eine Beurteilung im Einzelfall dar, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO bedeutet.

Der Tatbestand des Wiederaufnahmsgrundes des § 530 Abs 2 Z 2 ZPO setzt eine vorsätzlich falsche Aussage des Zeugen (§ 288 StGB) voraus (RIS-Justiz RS0044577). Die falsche Aussage muss zumindest mitkausal für das angefochtene Urteil gewesen sein, wobei es genügt, wenn das angefochtene Urteil auch nur teilweise auf die falsche Aussage gestützt wird (RIS-Justiz RS0044526; Jelinek in Fasching/Konecny² IV/1 § 530 Rz 69). Das Erstgericht hat seine Beweiswürdigung zu den Feststellungen zum gemeinsamen Haushalt der Beklagten mit ihren Eltern auch mit der Aussage des Bruders der Beklagten gestützt. Der Revisionsrekurs zeigt jedoch nicht auf, inwieweit in der Beurteilung des Rekursgerichts, dass kein klarer Widerspruch zwischen den Aussagen vorliege und der Tatbestand der vorsätzlichen Falschaussage iSd § 288 StGB jedenfalls nicht erfüllt sei, eine vom Obersten Gerichtshof unter dem Aspekt des § 528 Abs 1 ZPO aufzugreifende Fehlbeurteilung liegen würde. Es ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach auch eine selbständig tragfähige Hilfsbegründung bekämpft werden muss (RIS-Justiz RS0118709 mwN).

Stichworte