OGH 12Os165/11y

OGH12Os165/11y20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin K***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Martin K***** und Aneta A***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. September 2011, GZ 51 Hv 56/11v-118, sowie die Beschwerde des Martin K***** gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Martin K***** und Aneta A***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Martin K***** und Aneta A***** des Verbrechens des (richtig:) schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken von Jänner bis März 2011 in der Absicht, sich durch wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in Pkw in 125 im Urteil näher genannten Fällen verschiedenen Gewahrsamsträgern fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Wert weggenommen und wegzunehmen versucht.

Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Martin K***** aus dem Grund der Z 5 und der Aneta A***** aus den Gründen der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Sie verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Martin K*****:

In seiner Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) führt der Nichtigkeitswerber aus, das Schöffengericht hätte lediglich eine Scheinbegründung für seine Täterschaft zu allen Punkten des Schuldspruchs angeführt, eine nachvollziehbare Begründung gäbe es bloß bei den Fakten, „wo die Angeklagten mittels Videoüberwachung als Täter verifiziert werden konnten“. Damit wird verkannt, dass eine logisch zwingende Begründung keineswegs erforderlich ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 449). Mit dem Vorbringen, aus den bei den Angeklagten sichergestellten Parktickets könne lediglich auf deren Anwesenheit in der jeweiligen Parkgarage und nicht auf die Täterschaft geschlossen werden, bekämpft die Nichtigkeitsbeschwerde nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die erstrichterliche Beweiswürdigung. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, einzelne Beweismittel hätten sich nur auf bestimmte Fakten bezogen, hat das Gericht in vernetzter Betrachtung - sei es durch Verweis im Rahmen der Feststellungen (US 27 ff) oder (zusätzlich) im Rahmen der Beweiswürdigung (US 38 ff) - mängelfrei die Täterschaft der Angeklagten zu jedem Punkt des Schuldspruchs abgeleitet. Dass dem Rechtsmittelwerber diese Begründung nicht ausreichend erscheint, führt nicht zur Urteilsnichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444 f, 449 ff).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Aneta A*****:

Soweit die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) vorbringt, das Schöffengericht hätte die Aussage der Angeklagten in der Hauptverhandlung, sie sei überwiegend „Schmiere gestanden“ und habe selbst kein einziges Auto aufgebrochen, nicht gewürdigt, verkennt sie, dass die Art strafbarer Beteiligung nach § 12 StGB angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen weder aus Z 5 noch aus Z 10 angefochten werden kann (RIS-Justiz RS0117604). Ebenso wenig kommt dem Tatmotiv (Ausnutzung ihrer Drogenabhängigkeit durch den Erstangeklagten) entscheidungswesentliche Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0088761).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände, oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780). Mit dem Vorbringen, die auf den Videoaufzeichnungen zu sehenden Mietwägen hätten nicht nur die Angeklagten, sondern auch andere Personen gefahren, weshalb nicht auszuschließen sei, dass diesen einige Fakten zuzurechnen wären, gelingt es jedenfalls nicht, beim Obersten Gerichtshof solche erheblichen Bedenken zu wecken.

Der „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) kann niemals Gegenstand der formellen Nichtigkeitsgründe der Z 5 und Z 5a sein (RIS-Justiz RS0102162).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizierte) Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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