OGH 12Os166/11w

OGH12Os166/11w20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer in der Strafsache gegen Reinhard S***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 11. August 2011, GZ 31 Hv 79/11t-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen (nämlich im Ausspruch der Einziehung des sichergestellten Suchtgifts) unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen, im Strafausspruch einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung und im Ausspruch über eine Abschöpfung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Reinhard S***** mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (1./) sowie der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (2./) und § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (3./) schuldig erkannt.

Danach hat er vorschriftswidrig Suchtgift

1./ von Sommer 2006 bis 20. Juni 2011 in P***** und anderen Orten für den persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich Cannabisprodukte (Wirkstoff Delta-9-THC);

2./ zwischen Winter 2010 und April 2011 in zwei Angriffen in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von Spanien aus- und „über Frankreich und zumindest ein weiteres Drittland“ nach Österreich eingeführt, nämlich mehr als 14.500 Gramm Cannabisprodukte mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 4 % und etwa 360 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von ca 20 %;

3./ in P***** und anderen Orten in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich mehr als 18.300 Gramm Cannabisprodukte mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 4 % sowie 360 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von ca 20 %, und zwar

a./ von Winter 2010 bis April 2011 mehr als 14.500 Gramm Cannabisprodukte und 360 Gramm Kokain Sebastian St***** und

b./ von April 2011 bis etwa Mai 2011 mehr als 3.800 Gramm Cannabisprodukte unbekannten Personen.

Die dagegen vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich gegen die Schuldsprüche 2./ und 3./.

Rechtliche Beurteilung

Die Subsumtionsrüge (Z 10) macht zu Recht geltend, dass dem angefochtenen Urteil keine Konstatierung zu entnehmen ist, wonach der Angeklagte bei den zwei Transporten (Schuldspruch 2./) mit einer auf kontinuierliche Begehung gerichteten Intention handelte:

Mehrere, für sich allein die Grenzmenge nicht übersteigende Suchtgiftquanten sind nur insoweit (zu die Grenzmenge übersteigenden Mengen) zusammenzurechnen, als der Wille (§ 5 Abs 1 StGB) des Täters von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste. Auf diese Weise kann das Verbrechen nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG auch als tatbestandliche Handlungseinheit im Sinn einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangen werden. Wird ein solcher Täterwille nicht als erwiesen angenommen, können derartige Einzelakte nur jeweils das Vergehen nach § 27 Abs 1 fünfter und sechster Fall SMG begründen (RIS-Justiz RS0124018; vgl Schwaighofer in WK2 SMG § 28a Rz 1, 9).

Ob die Willensausrichtung des Angeklagten von vornherein die kontinuierliche Begehung und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste und sich daher auf die Aus- und Einfuhr einer die Grenzmenge übersteigenden Suchtgiftmenge bezog, geht aus den Konstatierungen nicht hervor, weshalb das Urteil in Ansehung des Schuldspruchs 2./ an Nichtigkeit nach Z 10 des § 281 Abs 1 StPO leidet.

Gleiches gilt, wie sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Beschwerde überzeugte (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), in Betreff des Überlassens des in zwei Angriffen aus- und eingeführten Suchtgifts an Sebastian St***** (Schuldspruch 3./a./).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert zutreffend, dass zum Überlassen von Suchtgift an unbekannte Personen (Schuldspruch 3./b./) keine Feststellung betreffend die innere Tatseite getroffen wurde.

Die Rechtsfehler mangels Feststellungen führten in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur zur Aufhebung der genannten Schuldsprüche bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO) und daher auch (§ 289 StPO) zu jener des Schuldspruchs 1./ (RIS-Justiz RS0119278) und des Sanktionsausspruchs mit Ausnahme des Einziehungserkenntnisses, ohne dass es der Erörterung der übrigen Einwände bedurfte.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebungsentscheidung zu verweisen.

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