OGH 13Os127/11t

OGH13Os127/11t15.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ludwig als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Lazaros V***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Juli 2011, GZ 71 Hv 11/11y-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Lazaros V***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

Danach hat er am 14. Juli 2010 in Wien unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer durch deutlichen Verfolgungswahn gekennzeichneten Schizophrenie oder anhaltend wahnhaften Störung, beruht,

(I) Veronika T***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich Stich- und Schnittwunden im Bereich des Kopfes, des Halses und des Oberkörpers, absichtlich zuzufügen versucht, indem er mit einer Machete mehrere Hieb- und Schlagbewegungen gegen sie ausführte, sowie

(II) Mark Z***** und Gerald G***** durch gefährliche Drohung zur Abstandnahme von seiner Anhaltung zu nötigen versucht, indem er mit der auch hinsichtlich des Schuldspruchs I eingesetzten Machete Ausholbewegungen führte und solcherart mit dem Tod oder zumindest einer erheblichen Verstümmelung drohte,

und dadurch die Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (I) und der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II) begangen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen geht fehl.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) steht das - in der Hauptverhandlung vorgetragene (ON 64 S 33) - Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. R***** (ON 59) den tatrichterlichen Feststellungen keineswegs erörterungsbedürftig entgegen (Z 5 zweiter Fall):

Nach den Urteilskonstatierungen des Erstgerichts erlitt Veronika T***** im Zuge der Angriffe des Beschwerdeführers (I) mehrere Schwellungen, Hautabschürfungen, Blutunterlaufungen und eine Prellung (US 7). Im Antrag auf Unterbringung (ON 48) ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Beschwerdeführer Veronika T***** diese Verletzungen (unmittelbar) durch Schläge mit der verwendeten Machete zugefügt hatte (ON 48 S 1 f). Das von der Beschwerde angesprochene Gutachten diente dem Zweck, die unmittelbare Ursache, die Art und die Schwere der Verletzungen der Veronika T***** abzuklären (ON 52 S 77 iVm ON 55). In Erfüllung des diesbezüglichen Auftrags kam der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. R***** zu dem gutachterlichen Schluss, dass die angeführten Verletzungen aus medizinischer Sicht nicht auf ein kräftiges Einschlagen mit der Schneide der Machete gegen den Körper des Opfers zurückzuführen seien, woraus folge, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass hier mit einem Mittel „und auf solche Weise“ gegen den Körper des Opfers vorgegangen worden sei, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist. Hätte der Beschwerdeführer den Körper der Veronika T***** tatsächlich mit der Schneide der Machete getroffen, wäre die Gefahr lebensgefährlicher Verletzungen sehr wohl gegeben gewesen (ON 64 S 33 iVm ON 59 S 21). In Übereinstimmung mit diesem Gutachten stellte das Erstgericht fest, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelang, Veronika T***** mit der Machete zu treffen, „weil sie sich von ihm gegen den Uhrzeigersinn wegdrehte und in Richtung Boden und nach hinten zurückwich und zusätzlich von Insp. Z***** zum Stiegenaufgang gezogen wurde und dadurch auf den Stiegen zu Fall kam“, wobei sie sich die angesprochenen Verletzungen zuzog (US 7).

Diese Konstatierungen der Tatrichter sowie jene, wonach die Attacke gegen Veronika T***** (I) - objektiv und subjektiv - auf eine schwere Körperverletzung gerichtet und die Drohung gegen Mark Z***** und Gerald G***** (II) - objektiv und subjektiv - eine solche mit dem Tod oder zumindest einer erheblichen Verstümmelung gewesen ist - stehen nicht im Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. R*****.

Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich des Schuldspruchs I aus dem äußeren Tatgeschehen (US 16), nämlich aus mehreren Hiebbewegungen mit einer Machete gegen Kopf und Oberkörper des Opfers (US 7), ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Aus welchem Grund die Urteilsannahme, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei den Ausholbewegungen mit der Machete gegen Mark Z***** und Gerald G***** (II) beabsichtigt habe, diese schwer am Körper zu verletzen (US 9), der rechtlichen Annahme (Jerabek in WK² § 74 Rz 34), das beschriebene Vorgehen sei geeignet gewesen, den Genannten begründete Besorgnisse einzuflößen (US 18), entgegenstehen soll (der Sache nach Z 9 lit a), wird nicht klar.

Entgegen der Beschwerde steht die Überlegung der Tatrichter, die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe Veronika T*****, Mark Z***** und Gerald G***** als „feindliche Geheimagenten bzw Staatspolizisten“ angesehen, indiziere, dass er sie „ausschalten“ wollte (US 14), keineswegs im Widerspruch zu den Konstatierungen, dass er die Opfer mit einer Machete attackierte und dabei Veronika T***** absichtlich schwer am Körper verletzen sowie Mark Z***** und Gerald G***** (im Zweifel bloß) schwer nötigen wollte.

Soweit die Beschwerde die - aufgrund des in der Hauptverhandlung vermittelten persönlichen Eindrucks - gewonnene Einschätzung des Erstgerichts über die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und des Zeugen Gerald G***** thematisiert, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Mit den weitwendigen Ausführungen zur genauen Angriffsposition des Beschwerdeführers bezieht sich die Rüge nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, aus welchem Grund fehlende Feststellungen zur exakten Ausrichtung der Machete die vorgenommene Subsumtion hindern sollen.

Indem sie anhand spekulativer Überlegungen die Behauptung entwickelt, der zu beiden Schuldsprüchen konstatierte Vorsatz wäre nur dann „indiziert“, wenn die Klinge der Waffe gegen die Opfer gerichtet gewesen wäre, erschöpft sie sich in einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung des Erstgerichts.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Stichworte