OGH 14Os140/11m

OGH14Os140/11m13.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Steinbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Robert B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB über die Beschwerde des Sachverständigen Ass. Prof. Dr. Ernst G***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 30. September 2011, AZ 8 Bs 445/10p (ON 274 in AZ 31 Hv 136/07v des Landesgerichts Salzburg) nach Einsichtnahme der Generalprokuratur in die Akten in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und dem Sachverständigen Ass. Prof. Dr. Ernst G***** ein weiterer Betrag von 69 Euro (darin enthalten 20 % USt) zuerkannt.

Die Anweisung der zusätzlichen Gebühren hat das Oberlandesgericht Linz zu veranlassen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Im Beschwerdeverfahren AZ 8 Bs 445/10p des Oberlandesgerichts Linz betreffend einen Aufschub des Strafvollzugs wegen Vollzugsuntauglichkeit nach § 5 Abs 1 StVG erstattete der Sachverständige Ass. Prof. Dr. Ernst G***** über Auftrag dieses Gerichts ein neuropsychiatrisches Gutachten zur Frage der Vollzugstauglichkeit des Verurteilten (ON 273), wofür er ein Honorar in Höhe von 512 Euro brutto ansprach (ON 274). Darin enthalten waren Gebühren für zwei psychodiagnostische Tests („Syndrom-Kurztest“ [SKT] und „Paranoid-Depressivitätsskala nach v.Zerssen“ [PD-S]) in Höhe von jeweils 28,90 Euro netto.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Oberlandesgericht - den Einwendungen der Revisorin beim Oberlandesgericht Linz folgend - das zuletzt genannte Honorarteilbegehren mit der Begründung ab, dass solche Tests mit der Gesamtgebühr nach § 43 Abs 1 Z 1 lit d GebAG abgegolten sind.

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Sachverständigen ist berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 12 Os 22/10t, 12 Os 23/10i (SV 2010, 85 [Krammer]) grundlegend ausgeführt hat, sind psychodiagnostische Testverfahren vom Leistungskalkül einer „psychiatrischen Untersuchung“ nach § 43 Abs 1 Z 1 lit b, d und e GebAG nicht umfasst und daher mit diesen Tarifansätzen nicht mitabgegolten. Eine von einem in den §§ 43 bis 48 GebAG erfassten Sachverständigen erbrachte Leistung, die in diesen Bestimmungen nicht angeführt ist, aber wegen ihrer Ähnlichkeit mit den dort angeführten Leistungen ihnen gleichgehalten werden kann, ist mit der für die nächstähnliche Leistung vorgesehenen Gebühr zu entlohnen (§ 49 Abs 1 GebAG).

Die vorliegenden psychologisch-psychodiagnostischen Testuntersuchungen sind aufgrund ihrer Ähnlichkeit einer neurologischen oder psychiatrischen Untersuchung gleichzuhalten und - soweit sie (wie hier) von einem Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und psychotherapeutischen Medizin selbst durchgeführt wurden (ON 273 S 10) - je nach den Tarifansätzen der lit b, d oder e des § 43 Abs 1 Z 1 GebAG zu entlohnen. Im Fall einer kurzen, einfach zu erstellenden psychodiagnostischen Testuntersuchung kommt die Tarifstufe des § 43 Abs 1 Z 1 lit b GebAG in Betracht (zum Ganzen auch Fabrizy, StPO11 § 43 GebAG Rz 1; zur PD-S vgl auch OLG Wien SV 2010, 40). Die vom Sachverständigen beanspruchten Gebühren finden bereits im zuletzt genannten Tarifansatz Deckung, sodass sich eine weitere Erörterung der näheren Einstufung der in Rede stehenden Testuntersuchungen erübrigt.

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