OGH 12Os118/11m

OGH12Os118/11m20.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sommer als Schriftführer in der Strafsache gegen Joachim K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 20. Mai 2011, GZ 40 Hv 2/11v-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Joachim K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 8. Jänner 2011 in B*****

I./ Franziska M***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich der vaginalen Digitalpenetration genötigt, indem er wiederholt mit mehreren Fingern in ihre Scheide eindrang, wobei er insofern Gewalt anwendete, als er sie vom Boden auf seinen Schoß zog, sie anschließend mit einer Hand am Bauch festhielt und sie mit nicht unerheblicher Körperkraft zu sich drückte;

II./ durch die unter Punkt I./ geschilderte Handlung mit der am 16. November 1996 geborenen Franziska M*****, sohin einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person eine geschlechtliche Handlung vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 5a, „9“ und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit eines Zeugen aufgrund des von diesem in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher (vgl insbesondere US 6) ist der Anfechtung mit Mängelrüge (Z 5) entzogen (RIS-Justiz RS0106588; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431).

Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen ist entgegen der Beschwerdeansicht rechtsstaatlich vertretbar (RIS-Justiz RS0116882).

Die behaupteten Begründungsmängel liegen daher nicht vor.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Mit den vorgetragenen Hinweisen auf die Angaben der Franziska M***** und anderer Zeugen sowie auf die Verantwortung des Angeklagten werden keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt.

Indem der Beschwerdeführer das konstatierte Aufsichtsverhältnis und dessen bewusste Ausnützung (US 4, vgl auch 8) bestreitet (Punkte 3./a und /b der Beschwerde), verfehlt er eine an der Prozessordnung orientierte Ausführung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), deren Gegenstand ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt ist (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Scheinkonkurrenz der vom Erstgericht bejahten strafbaren Handlungen wird vom Beschwerdeführer bloß behauptet, aber nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (dazu eingehend 13 Os 151/03, JBl 2004, 531 [Burgstaller] = SSt 2003/98; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Das Vorbringen gegen die Nichtgewährung teilbedingter Strafnachsicht (Z 11) macht der Sache nach einen Berufungsgrund geltend (RIS-Justiz RS0099865).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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