Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 6407 GB ***** (BG Leopoldstadt). Alexey G***** und Tatiana G***** sind je zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 274 GB ***** (BG Mürzzuschlag).
Die R***** AG (als Kreditgeber), die M***** GesmbH (als Kreditnehmer) und die Antragstellerin sowie Alexey G***** und Tatiana G***** (als Pfandbesteller) unterfertigten am 30. 7./23. 8./8. 9. 2010 eine „Pfandurkunde“ mit (ua) folgendem Wortlaut:
„Die ... (... Kreditgeber ...) ... steht mit ... (... Kreditnehmer ...) ... in Geschäftsverbindung, in deren Rahmen sie auch Kredite eingeräumt hat und einräumt. Zur Sicherstellung aller Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten bis zum Höchstbetrag von
€ 1.560.000,00 (...)
die dem Kreditgeber gegen den ... Kreditnehmer ... aus im Inland beurkundeten, bereits gewährten und künftig zu gewährenden Darlehen, Geld-, Haftungs- oder Garantiekrediten erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden, verpfändet(en)
F*****gesellschaft m.b.H. & Co KG, *****, ...
Alexey G*****
Tatiana G*****
...
hiemit dem Kreditgeber die in seinem (ihrem) Eigentum stehende(n) Liegenschaft(en)/Liegenschaftsanteile
EZ 6407, Katastralgemeinde ***** ... zur Gänze der F*****gesellschaft m.b.H. & Co KG gehörend,
EZ 274, Katastralgemeinde ***** ... je zur Hälfte dem Alexey G***** und der Tatiana G***** gehörend,
... und erteilt(en) hiermit seine (ihre) unwiderrufliche Einwilligung, dass aufgrund dieser Urkunde das (Simultan-)Pfandrecht ohne sein (ihr) ferneres Wissen und Einvernehmen, aber auf seine (ihre) Kosten, zugunsten der R***** AG ... für diese Kreditforderungen an den (die) Kreditnehmer bis zum Höchstbetrag von
€ 1.560.000,00 (...)
ob der (den) genannten Liegenschaft(en)/Liegenschaftsanteilen einverleibt werde.
...“
Die Antragstellerin brachte am 15. 10. 2010 beim Bezirksgericht Leopoldstadt ein an dieses und an das Bezirksgericht Mürzzuschlag gerichtetes Grundbuchgesuch ein, in dem diese - jeweils auf der Grundlage der auszugsweise wiedergegebenen Pfandurkunde - folgende Anträge stellte:
1. Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt:
Ob der EZ 6407 GB ***** im Lastenblatt die Einverleibung des Pfandrechts für den Höchstbetrag von 1.560.000 EUR zugunsten der R***** AG.
2. Beschluss des Bezirksgerichts Mürzzuschlag:
Ob der EZ 274 GB *****
- die Einverleibung des Pfandrechts für den Höchstbetrag von 1.560.000 EUR zugunsten der R***** AG und
- die Anmerkung der Simultanhaftung als Haupteinlage mit der EZ 6407 GB ***** als Nebeneinlage.
3. Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt:
Ob der EZ 6407 GB ***** zufolge des Beschlusses des Bezirksgerichts Mürzzuschlag TZ .../2010 im Lastenblatt bei dem für den Höchstbetrag von 1.560.000 EUR zugunsten der R***** AG einverleibten Pfandrechtes die Anmerkung der Simultanhaftung als Haupteinlage mit der EZ 274 GB ***** als Nebeneinlage.
Das Erstgericht (Bezirksgericht Leopoldstadt) bewilligte mit Beschluss vom 15. 10. 2010, TZ 4862/10, den zuvor wiedergegebenen Punkt 1. des Gesuchs der Antragstellerin, also die Einverleibung des Pfandrechts für den Höchstbetrag von 1.560.000 EUR im Lastenblatt der EZ 6407 GB ***** zugunsten der R***** AG, antragsgemäß.
Das Bezirksgericht Mürzzuschlag wies mit Beschluss vom 11. 11. 2010 die Anträge der Antragstellerin laut Punkt 2. des Gesuchs, nämlich auf Einverleibung des Pfandrechts für den Höchstbetrag von 1.560.000 EUR zugunsten der R***** AG und Anmerkung der Simultanhaftung als Haupteinlage mit der EZ 6407 GB ***** als Nebeneinlage, unbekämpft ab. Rechtlich führte das Bezirksgericht Mürzzuschlag aus, dass ein sogenanntes „Rundreisegesuch“ beim Gericht der zukünftigen Haupteinlage einzubringen und die Reihenfolge zu bezeichnen sei, in der das Gesuch den übrigen Grundbuchgerichten zur Erledigung zuzusenden sei. Trotz der Möglichkeit, das Gesuch nur bei einem Gericht einzubringen, habe der Antragsteller auch für jedes Gericht der Nebeneinlage Gleichschriften des Gesuchs und Abschriften der Urkunden anzuschließen, weil jedes der Gerichte selbstständig über die Einverleibung zu entscheiden habe. Der vom Bezirksgericht Leopoldstadt übermittelte Antrag sei lediglich eine Kopie des dortigen Gesuchs, aber keine Gleichschrift und entspreche somit nicht dem Formerfordernis eines Grundbuchgesuchs.
In der EZ 274 GB ***** werde die Anmerkung dieser Einlage als Haupteinlage begehrt und das Gesuch sei beim Gericht der zukünftigen Haupteinlage einzubringen, von dem es dann an die anderen Gerichte weitergeleitet werde. Die Antragstellerin habe ihr Gesuch somit beim falschen Gericht zuerst eingebracht.
Schließlich könne entweder der Pfandgläubiger oder der Liegenschaftseigentümer die Einverleibung eines Pfandrechts begehren. Hier scheine jedoch die F*****gesellschaft m.b.H. & Co KG als Antragstellerin auf, die weder Eigentümerin der EZ 274 GB ***** noch Pfandgläubigerin und daher betreffend die zuvor bezeichnete Liegenschaft auch nicht antragslegitimiert sei.
Das Rekursgericht wies den gegen den (antragsgemäß bewilligenden) Beschluss des Erstgerichts (Bezirksgericht Leopoldstadt) erhobenen Rekurs der Antragstellerin, der M***** GesmbH (Kreditnehmer), des Alexey G***** (Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 274 GB *****), der Tatiana G***** (Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ 274 GB *****) und der R***** AG (Kreditgeber) zurück. Rechtlich erachtete das Rekursgericht die Ansicht der Rekurswerber, wonach das Erstgericht das Grundbuchgesuch (auch) hinsichtlich seines Punktes 1. abweisen hätte müssen, weil die weiteren Begehren zur Erwirkung einer Simultanhypothek untauglich gewesen seien, für unzutreffend. Gemäß § 109 Abs 1 GBG habe dann, wenn bei der ursprünglich oder späteren Eintragung einer Simultanhypothek mehrere Grundbuchgerichte mitzuwirken hätten, jedes von ihnen hinsichtlich der in seinen Büchern enthaltenen Hypothekarobjekte über die Frage der Einverleibung oder Vormerkung des Pfandrechts selbstständig zu entscheiden. Die Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung des Punktes 2. des Grundbuchgesuchs sei daher allein vom Bezirksgericht Mürzzuschlag vorzunehmen gewesen. Die antragsgemäße Bewilligung des Punktes 1. durch das Erstgericht sei eine zulässige Teilerledigung, durch welche die Rekurswerber nicht beschwert seien. Aus der Pfandurkunde folge nicht, dass die Antragstellerin Pfandbestellung und Aufsandungserklärung nur unter der Bedingung der Simultanhaftung der zweiten Liegenschaft vorgenommen habe. Im Übrigen stehe es den Rekurswerbern frei, durch Antragstellung der dazu Berechtigten die Pfandrechtseinverleibung beim Bezirksgericht Mürzzuschlag zu erwirken. Daraus allenfalls resultierende zusätzliche Gebühren und Kosten begründeten keine Beschwer in der Hauptsache. Soweit der Rekurs von der M***** GesmbH sowie von Alexey G***** und Tatiana G***** erhoben worden sei, sei dieser auch deshalb unzulässig, weil die Genannten weder Eigentümer noch Pfandgläubiger hinsichtlich der Liegenschaft EZ 6407 GB ***** seien.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil - soweit überblickbar - keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die Antragstellerin bei einer Simultanhypothek durch die Bewilligung des Grundbuchgesuchs bei einem Gericht und nachfolgender Abweisung des Grundbuchgesuchs beim anderen Gericht hinsichtlich der ersten Bewilligung beschwert sei.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin und der R***** AG (Kreditgeber) mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der Antrag auf Einverleibung des Pfandrechts für den Höchstbetrag von 1.560.000 EUR zugunsten der R***** AG (gemeint: ob der EZ 6407 GB *****) abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage der Beschwer durch teilweise Bewilligung eines Antrags auf Einverleibung einer Simultanhypothek keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliegt und die - nicht zu einer gänzlich vergleichbaren Fallkonstellation ergangene - Entscheidung 5 Ob 4/91 (ÖBA 1992/313, 164 [Hoyer]) in der Lehre auf Kritik gestoßen ist. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
1. Die Revisionsrekurswerber erkennen selbst, dass die elektronische Umschreibung des Grundbuchs gemäß § 2a GUG noch nicht erfolgt ist und daher die durch die Grundbuchs-Novelle 2008 (BGBl I 2008/100) eingeführten neuen Regelungen für Simultanhypotheken noch nicht anzuwenden sind (§ 30 Abs 6 GUG). Auf diese Regelungen (§§ 18a, 18b GUG) ist daher hier nicht einzugehen.
2.1. Die Revisionsrekurswerber gehen bei ihren weiteren Rechtsmittelausführungen - wegen der zu den Punkten 2. und 3. des Gesuchs widersprüchlich begehrten Anmerkungen nicht nachvollziehbar - davon aus, dass das Erstgericht das Gericht der Haupteinlage sei und auch zu einer „pima-vista-Prüfung“ dahin verpflichtet gewesen wäre, ob Punkt 2. des Gesuchs genehmigungsfähig sei, was - leicht erkennbar - zu verneinen gewesen wäre. Es wäre dann zumutbar gewesen, dem Einschreiter „im Sinne der gängigen Praxis“ die Rückziehung des Grundbuchgesuchs zu ermöglichen.
2.2. Eine Prüfpflicht des Erstgerichts für Punkt 2. des Grundbuchgesuchs bestand aber - entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber - schon deshalb nicht, weil diese, wie vom Rekursgericht zutreffend erkannt, § 109 Abs 1 GBG widerspräche. Nach dieser Bestimmung hat nämlich dann, wenn bei der ursprünglichen oder späteren Eintragung einer Simultanhypothek mehrere Grundbuchgerichte mitzuwirken haben, jedes von ihnen hinsichtlich der in seinen Büchern enthaltenen Hypothekarobjekte über die Frage der Einverleibung oder Vormerkung des Pfandrechts selbstständig zu entscheiden.
3. Auch der weiteren Ansicht der Revisionsrekurswerber, dass durch die bloß teilweise Bewilligung jedenfalls Beschwer begründet werde, ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen:
3.1. In der Entscheidung 5 Ob 4/91 (ÖBA 1992/313, 164 [Hoyer]) hat der Oberste Gerichtshof - unter Berufung auf die (unveröffentlichte) Entscheidung 2 Ob 353/56 sowie auf Bartsch, GBG7 (1933), 309 (vgl RIS-Justiz RS0060659) - zusammengefasst die Ansicht vertreten, dass dann, wenn der Antrag auf bücherliche Einverleibung des Simultanpfandrechts in Ansehung einer oder mehrerer der im Antrag bezeichneten Pfandliegenschaften nicht bewilligt werden kann, der Bewilligung der Einverleibung des Simultanpfandrechts an den übrigen Liegenschaften oder des Singularpfandrechts an der einzigen verbliebenen Liegenschaft nichts im Wege stehe. Dieser Ansicht ist Hoyer (Entscheidungsanmerkung zu 5 Ob 4/91, ÖBA 1992, 166) mit Nachdruck entgegengetreten und hat die in dieser Entscheidung fragliche Beschwer der dort antragstellenden Pfandgläubigerin und Kreditgeberin im Wesentlichen unter Hinweis auf die - vom genannten Autor an der bezeichneten Stelle näher dargelegte - Rechtslage bejaht, die dem Gläubiger jedes Handeln untersage, das zu einer Schädigung von Mitsichernden und Nachhypothekaren führen könne.
3.2. Ob den von Hoyer (aaO) vorgetragenen Argumenten zu folgen ist, kann hier allerdings dahinstehen, weil vorliegend mit der Antragstellerin - allein - die Eigentümerin der (verpfändeten) Liegenschaft EZ 6407 GB ***** das Grundbuchgesuch gestellt hat. Diese Antragstellerin war durch die antragsgemäß ergangene Entscheidung des Erstgerichts jedenfalls nicht beschwert (RIS-Justiz RS0006491 [T4]), kommt doch für sie die von Hoyer für die Bejahung der Beschwer nutzbar gemachte Verhaltenspflicht des Gläubigers nicht in Betracht. Es spielt für diese Beurteilung auch keine Rolle, ob - wie das Rekursgericht meinte - die Pfandurkunde ohnehin (auch) die selektive Pfandrechtsbegründung erlaubte und ob eine solche Vertragsauslegung im Grundbuchverfahren (noch) zulässig ist, weil die vom Bezirksgericht Mürzzuschlag im Abweisungsbeschluss vom 11. 11. 2010 gemäß § 95 Abs 3 GBG dargestellten Abweisungsgründe einer neuerlichen - erfolgreichen - Antragstellung ohnehin nicht entgegenstehen.
3.3. Dass hier auch der R***** AG trotz ihrer Eigenschaft als Kreditgeber und Pfandgläubiger die Beschwer für den erhobenen Rekurs fehlte, folgt daraus, dass diese nicht Gesuchstellerin war und durch die antragstattgebende Entscheidung auch nicht in - zumal bücherlichen - Rechten beeinträchtigt ist (vgl 5 Ob 132/10p).
Der Revisionsrekurs muss somit erfolglos bleiben.
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