Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger war für die Erstbeklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter die Zweitbeklagte ist, aufgrund eines Werkvertrags als Unternehmensberater tätig. Gegenstand seiner Tätigkeit war die Vorbereitung eines Generationswechsels in der Unternehmensführung. Dafür sollte er ein Berichtswesen und ein Controlling-System einführen und die Organisation des Betriebs verbessern. Im Verfahren strittig ist folgende Klausel des schriftlichen Vertrags, den der Kläger mit dem für die Erstbeklagte handelnden Geschäftsführer der Zweitbeklagten geschlossen hatte:
„1. Projektinhalt und Umfang: […] Am Anfang des Projektes wird der AN [Kläger] etwa drei bis vier Einsatztage pro Woche leisten, gegen Ende des Projekts etwa 2 bis 3 Einsatztage pro Woche, sodass sich im Durchschnitt über die gesamte Projektlaufzeit drei Einsatztage pro Woche ergeben.
2. Projektstart und Projektdauer: Das Projekt beginnt am 22. Oktober 2007 und hat eine Laufzeit von zwölf Monaten.
3. Honorar: Das Honorar beträgt EUR 780,-- pro Einsatztag zuzüglich Umsatzsteuer, zuzüglich Spesen […]. Fakturierungen im 14-tägigen Rhythmus, Zahlung binnen acht Tagen ab Fakturendatum [...].“
Der Kläger begann seine Tätigkeit am 22. Oktober 2007. Bis zum 31. Juli 2008 war er 77 ½ Tage im Einsatz, wobei er wegen Schwierigkeiten im Unternehmen der Erstbeklagten auch Aufgaben aus dem Tagesgeschäft übernahm. Zuvor hatte er den Geschäftsführer auf die damit verbundenen Mehrkosten hingewiesen; dieser hatte diese Vorgangsweise dennoch angeordnet.
Für die geleisteten Arbeitstage erhielt der Kläger das vereinbarte Honorar. Am 31. Juli 2008 teilte der Geschäftsführer der Zweitbeklagten dem Kläger mit, dass er ihn nicht mehr benötige. Grund dafür war, dass die potentiellen Nachfolger das Interesse an der Übernahme des Unternehmens verloren hatten. Dass der Kläger der Beendigung des Vertrags zugestimmt hätte, konnten die Vorinstanzen nicht feststellen.
Der Kläger begehrt 28.800 EUR. Die Erstbeklagte habe durch ihr zurechenbare Umstände die Ausführung des Werks vereitelt. Sie und die Zweitbeklagte als deren persönlich haftende Gesellschafterin schuldeten ihm daher das vereinbarte Entgelt. Die Höhe des Klagebegehrens errechne sich wie folgt: Vereinbart seien 3 Tage pro Woche für die Dauer eines Jahres gewesen, somit 156 Tage. Davon habe er 78 Tage gearbeitet und honoriert bekommen. Der Entgeltanspruch für die verbliebenen (ebenfalls) 78 Tage betrage 73.008 EUR (78 x 790 zuzüglich 20% Umsatzsteuer). Unter Anrechnung einer (nicht näher bezifferten) Ersparnis, für die die Beklagten beweispflichtig seien, und eines aus anderen Tätigkeiten in der Zeit nach Vertragsauflösung erzielten Einkommens von 35.144,31 EUR schuldeten ihm die Beklagten jedenfalls die eingeklagten 28.800 EUR (24.000 EUR netto).
Die Beklagten bestritten, dass eine bestimmte Zahl von Einsatztagen vereinbart gewesen sei. Der Vertrag sei einvernehmlich gelöst worden; dessen Grundlagen seien weggefallen, weil die potentiellen Nachfolger keine Übernahme des Betriebs mehr gewollt hätten. Der Kläger müsse sich auf seinen Anspruch anrechnen lassen, was er durch anderweitige Tätigkeit verdient habe. Es liege ein beachtlicher Geschäftsirrtum vor: In Vorgesprächen sei die Dauer des Einsatzes noch offen gewesen. Hätte der Kläger den Geschäftsführer der Zweitbeklagten informiert, dass die Erstbeklagte nach dem schriftlichen Vertrag das Entgelt für eine bestimmte Zahl von Einsatztagen unabhängig davon schulde, ob der Kläger diese Tage tatsächlich arbeite, hätte der Geschäftsführer den Vertrag nicht geschlossen. Weiters bestünden Preisminderungsansprüche von 56.000 EUR, die aufrechnungsweise eingewendet würden: Der Kläger habe das Werk mangelhaft erfüllt, was eine Preisminderung von 30 % der bezahlten 71.767,06 EUR, gerundet 21.000 EUR, rechtfertige. Die Hälfte der vom Kläger erbrachten Leistungen hätten Arbeiten vom Niveau einer Sekretariatstätigkeit betroffen. Dafür hätte der Kläger nur das angemessene Entgelt verlangen dürfen. Dies führe zu einer weiteren Preisminderung von 50 % der bezahlten 71.767,06 EUR, gerundet 35.000 EUR.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Geschäftsführer der Zweitbeklagten habe aufgrund der Vorgespräche über die zeitliche Befristung des Vertrags und die daraus abgeleitete Verpflichtung geirrt, jedenfalls das Entgelt für 156 Einsatztage zahlen zu müssen. Dem Kläger hätte der Irrtum seines Vertragspartners auffallen müssen. Der Vertrag sei mit der Erklärung des Geschäftsführers der Zweitbeklagten, keine weitere Zusammenarbeit zu wünschen, aufgelöst worden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger das vereinbarte Honorar erhalten, danach schließe die erfolgreiche Irrtumsanfechtung weitere Honorarforderungen aus.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die Revision zunächst nicht zu, weil die Entscheidung in erster Linie von der Auslegung des zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten bestehenden Vertrags abhänge.
Es liege ein Consultingvertrag vor, bei dem wegen der Projektbezogenheit (Generationswechsel) werkvertragliche Elemente überwögen. Habe der Geschäftsführer der Zweitbeklagten den schriftlichen Vertrag, der nicht von einer bereits getroffenen Vereinbarung abgewichen sei und keinen ungewöhnlichen Inhalt gehabt habe, ungelesen unterschrieben, so könne er sich nicht auf einen Erklärungsirrtum berufen. Einen wichtigen Grund für die Auflösung des Vertrags habe es nicht gegeben; insbesondere falle das Zaudern der potentiellen Nachfolger in die Sphäre der Beklagten. Gründe für eine Preisminderung lägen nach den (weiteren) Feststellungen des Erstgerichts nicht vor: Dass der Generationswechsel (noch) nicht weiter fortgeschritten sei, beruhe auf „Erschwernissen und Behinderungen“ im Unternehmen, nicht auf mangelhaften Leistungen des Klägers. Auf die Mehrkosten für das Einschreiten im Alltagsgeschäft habe der Kläger hingewiesen; der Geschäftsführer der Zweitbeklagten habe diese Tätigkeiten dennoch angeordnet, ohne ein geringeres Honorar zu vereinbaren. Dem Vertrag sei aber keine konkrete Vereinbarung zu entnehmen, dass jedenfalls drei Tage pro Woche zu honorieren seien; bei der maßgebenden Passage handle es sich vielmehr um eine bloße Kalkulation. Tatsächlich hätten die Parteien den Vertrag anders gelebt; der Kläger habe pro Woche durchschnittlich nur zwei Tage gearbeitet und auch nicht mehr verrechnet. Daher bestehe für die Zeit bis Ende Juli 2008 kein weiterer Anspruch. Für die restliche Vertragslaufzeit von 1. August bis 21. Oktober 2008 (zwölf Wochen) sei demgegenüber vom kalkulierten Aufwand von drei Tagen pro Woche auszugehen. Das ergebe einen Anspruch von brutto 33.696 EUR. Dem stünden aber jene Einkünfte gegenüber, die der Kläger nach der Vertragsbeendigung anderweitig erzielt habe. Diese Honorare überstiegen nach dem Vorbringen des Klägers mit 35.144,31 EUR seinen verbliebenen vertraglichen Anspruch. Daher müsse seine Berufung im Ergebnis scheitern.
In seiner mit einem Zulassungsantrag nach § 508 ZPO verbundenen ordentlichen Revision bekämpft der Kläger die vollständige Anrechnung der von ihm während der Restlaufzeit des Vertrags erzielten Einkünfte. Bei seinem diesbezüglichen Vorbringen habe es sich nicht um eine Außerstreitstellung gehandelt, sondern nur um die Darstellung des Klageanspruchs. Er habe dieses Vorbringen aufgrund seiner Auffassung erstattet, dass er in den verbliebenen zwölf Wochen noch 78 Tage für die Erstbeklagte hätte arbeiten müssen und ihm daher auch das entsprechende Honorar zustehe. Hätte er diese Leistung tatsächlich erbracht, so hätte er während dieser Zeit praktisch keine anderen Einkünfte erzielen können. Wenn ihm nur das Honorar für 36 Tage zugesprochen werde, könne auch nur jener Teil seiner anderweitigen Einkünfte angerechnet werden, den er nicht erzielt hätte, wenn er diese 36 Tage für die Erstbeklagte gearbeitet hätte. Dazu hätten die dafür behauptungspflichtigen Beklagten aber kein Vorbringen erstattet. Richtigerweise hätte das Berufungsgericht der Klage daher stattgeben oder allenfalls die Rechtssache an das Erstgericht zurückverweisen müssen, um den Beklagten ein Vorbringen zu diesem Thema zu ermöglichen.
Aufgrund dieses Antrags ließ das Berufungsgericht die Revision nachträglich zu. Der Kläger zeige tatsächlich eine erhebliche Rechtsfrage auf, die das Berufungsgericht übersehen habe.
Die Beklagten erstatteten keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Das Vorliegen eines Werkvertrags ist zwischen den Parteien nicht strittig. Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass kein beachtlicher Geschäftsirrtum vorliege und die Gegenforderungen (Preisminderung) nicht zu Recht bestünden, nachvollziehbar begründet; die dadurch belasteten Beklagten haben dazu im Revisionsverfahren nicht Stellung genommen. Diese Punkte sind daher abschließend erledigt.
2. Der Kläger nimmt in der Revision die Auffassung des Berufungsgerichts hin, dass er aufgrund des Vertrags (nur) noch Anspruch auf Abgeltung von 36 Einsatztagen habe. Die Beklagten nehmen dazu ebenfalls nicht Stellung. Auch diese Frage ist daher nicht weiter zu prüfen.
3. Der Kläger zeigt zutreffend auf, dass er sich nach § 1168 Abs 1 ABGB (nur) anrechnen lassen muss, was er infolge Unterbleiben der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Die Behauptungs- und Beweislast trifft in diesem Punkt den Werkbesteller (RIS-Justiz RS0021768, RS0021841). Das vom Kläger dazu erstattete Vorbringen sollte lediglich die Höhe seines Klagebegehrens erläutern. Es beruhte auf der Prämisse, dass ihm das Entgelt für 78 nach dem Vertrag noch zu leistende Einsatztage zustehe. Unter dieser Voraussetzung hätte er sich tatsächlich die gesamten anderweitigen Einkünfte anrechnen lassen müssen, weil er bei Fortbestehen des Vertrags praktisch keine Möglichkeit gehabt hätte, während dessen Restlaufzeit für andere Auftraggeber zu arbeiten. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass der Kläger die Höhe des anzurechnenden Betrags unabhängig von der Höhe seines Entgeltanspruchs anerkannt oder außer Streit gestellt hätte. Auch in der Sache ist es nicht offenkundig, dass auch dann die gesamten anderweitigen Einkünfte anzurechnen wären, wenn der Kläger - wie vom Berufungsgericht angenommen - in den verbliebenen zwölf Wochen nur mehr 36 Tage für die Erstbeklagte hätte arbeiten müssen.
4. Diese Erwägungen führen zur Aufhebung in die erste Instanz. Den Beklagten wird Gelegenheit zu geben sein, ein konkretes Vorbringen zu jenem anderweitigen Verdienst des Klägers zu erstatten, den dieser durch die vorzeitige Beendigung des Vertrags (also durch das Freiwerden von 36 Tagen in zwölf Wochen) erzielen konnte oder absichtlich zu erzielen verabsäumt hat. Nach Erörterung dieses Vorbringens wird die Höhe des anzurechnenden Betrags allenfalls nach § 273 ZPO festzusetzen sein. Auf dieser Grundlage ist dann neuerlich über das Klagebegehren zu entscheiden. Die - materiell schon vom Berufungsgericht erledigte - Aufrechnungseinrede erfordert unter Umständen einen dreigliedrigen Spruch.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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