OGH 11Os77/11z

OGH11Os77/11z21.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Böhm als Schriftführer, in der Strafsache gegen Uwe M***** wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1, Abs 2 Z 1, 2 und 4 StGB, AZ 13 Hv 85/08z des Landesgerichts St. Pölten, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 11. April 2011, AZ 19 Bs 111/11d, 113/11y, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Uwe M***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Beschluss vom 11. April 2011, AZ 19 Bs 111/11d, 113/11y (ON 93 der Hv-Akten), gab das Oberlandesgericht Wien den Beschwerden des Uwe M***** gegen die am 12. August 2010 von der Einzelrichterin angeordnete Festnahme (ON 57) und die am 19. März 2011 verhängte Untersuchungshaft (ON 64) nicht Folge und setzte diese aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr gemäß § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit b und c StPO fort.

Nach den Annahmen des angefochtenen Beschlusses ist Uwe M***** dringend verdächtig, von August 2007 bis zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Jahr 2010 in W***** und anderen Orten Justyna S***** durch - im Beschluss auch nach der Anzahl der Angriffe jeweils genau bezeichnete - längere Zeit hindurch aufrecht erhaltene Verhaltensweisen (BS 2 bis 4), etwa durch Aufsuchen ihrer räumlichen Nähe, zahlreiche Kontaktaufnahmen per Telefon, SMS und E-Mail Nachrichten, bzw indem er unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten auch Dritte veranlasste, mit ihr Kontakt aufzunehmen, in einer Weise widerrechtlich beharrlich verfolgt zu haben, die geeignet ist, die Frau in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen.

Diese für sehr wahrscheinlich gehaltenen Taten subsumierte das Oberlandesgericht als Vergehen der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1, 2 Z 1, 2 und 4 StGB.

Zwischenzeitig wurde der Angeklagte mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 12. Mai 2011 des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 und 2 Z 1, 2 und 4 StGB (nicht rechtskräftig) schuldig erkannt und zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt (ON 112 S 52).

Mit seiner Grundrechtsbeschwerde bekämpft der Beschuldigte die Annahme der Haftgründe der Flucht- und Tatbegehungsgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der Haftdauer.

Das die Haftgründe betreffende Vorbringen verweist zunächst nur auf die vom Angeklagten angegebene Wohnadresse in Deutschland, unterlässt aber jede Auseinandersetzung mit den übrigen Erwägungen des Oberlandesgerichts (BS 5, 6). Damit entzieht sich die den gesetzlichen Bezugspunkt dadurch verfehlende Beschwerde einer inhaltlichen Erwiderung (RIS-Justiz RS0112012). Die als Begründung der Tatbegehungsgefahr herangezogenen Vorstrafen sind - entgegen der Beschwerde - noch nicht getilgt, erfolgte die letzte Verurteilung doch erst am 18. Mai 2006, rechtskräftig am 18. Jänner 2007 (ON 15).

Von einer Unverhältnismäßigkeit der zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch keinen Monat andauernden Untersuchungshaft kann mit Blick auf die vom Oberlandesgericht zutreffend dargestellte (BS 6, 7) Bedeutung der Sache und des nach der angenommenen Verdachtslage gegebenen Strafrahmens von bis zu einem Jahr keine Rede sein.

Da im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nur eine Beschwerdeschrift zulässig ist, war auf die weiteren, vom Angeklagten selbst verfassten und von seiner Verteidigerin in der Folge nachgereichten „Ergänzungen“ (ON 120, 122, 124, 125) nicht Bedacht zu nehmen (vgl RIS-Justiz RS0061430).

Somit wurde der Angeklagte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ohne Kostenausspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).

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