Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufung des Angeklagten G***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten B***** und G***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch den unangefochten gebliebenen Schuldspruch des Mitangeklagten Alexandru-Mircea Ga***** sowie einen rechtskräftigen Teilfreispruch des Angeklagten B***** enthält, wurde Markus B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, „teils“ Z 2, 130 dritter und vierter Fall StGB (A) und Calin G***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch in der Form der Beitragstäterschaft nach §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB (B) schuldig erkannt.
Danach haben in Graz in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,
A. Markus B***** und Alexandru-Mircea Ga***** als unmittelbare Täter fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert Gewahrsamsträgern der A***** GmbH durch Einbruch in ein Gebäude und durch Aufbrechen von Behältnissen mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1. am 12. Juni 2009 in einem Gesamtwert von 67.178 Euro, indem sie mit einem Pflasterstein die Auslagenscheibe einschlugen und
2. am 10. Juli 2009 in einem Gesamtwert von 47.216 Euro, indem sie mit einem Schraubenzieher eine Türe aufbrachen, die Gitterstäbe eines Fensters mit einem Wagenheber aufzwängten, eine Fensterscheibe mit einem Hammer einschlugen, in das Geschäft einstiegen und dort Glasvitrinen aufbrachen;
B. Calin G***** zu der unter Punkt A. 2. dargestellten strafbaren Handlung dadurch beigetragen, dass er die unmittelbaren Täter B***** und Ga***** mit dem Pkw in die Nähe des Tatorts chauffierte und als Fluchtfahrer fungierte.
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten B***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO und des Angeklagten G***** aus Z 5, 5a, 10 und 11 leg cit.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*****:
Der Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) in Anbetracht der „Gegenüberstellung der jeweiligen Aussagen der drei Angeklagten im Verhältnis zueinander“ und der „mehreren Versionen des Tatgeschehens“ durch den Angeklagten Ga***** versagt angesichts der auch darauf eingehenden erstrichterlichen Ausführungen in US 7 bis 10.
Die Wertung der „verstärkten Tatbestandsmäßigkeit“ als erschwerend (US 15) verstieß - dem Rechtsmittelvorbringen (Z 11 zweiter Fall) zuwider - im Hinblick auf die jeweils mehreren Anknüpfungspunkte der verwirklichten Qualifikationen (§ 129 Z 1 und Z 2 StGB; § 130 dritter und vierter Fall StGB) sowie die zweifache Herstellung der strafrahmenbestimmenden Qualifikation (§ 128 Abs 2 StGB und § 130 zweite Fallgruppe StGB) nicht gegen das Doppelverwertungsverbot. Die „wiederkehrende Begehung der Tat“ wurde nicht als erschwerend gewertet (vgl überdies Fabrizy, StGB10 § 70 Rz 2).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G*****:
Das Bestreiten des Vorliegens der Qualifikation „nach § 130 StGB“ (Z 5, der Sache nach Z 10) ignoriert die Feststellungen gewerbsmäßiger Absicht in US 7. Die damit zusammenhängenden Hinweise auf die Begehung bloß einer Tat und auf das unbelastete Vorleben sind nicht prozessordnungsgemäße Darstellung formeller Urteilsnichtigkeit, sondern beweiswürdigende Erwägungen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren allerdings gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (vgl zum Vorleben überdies US 5: Verurteilung wegen §§ 12, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 vierter Fall und 15 StGB im Verfahren 12 Hv 116/09s des Landesgerichts für Strafsachen Graz).
Bei wem die Bereicherung eintreten sollte („sich oder einen Dritten“ [US 7]), ist für den Tatbestand des Diebstahls nicht entscheidend, weshalb die diesbezügliche Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) ins Leere geht. Die Tatrichter nahmen jedenfalls an, dass der Angeklagte G***** auch die eigene Bereicherung anstrebte (US 7).
Das Anführen dieses Angeklagten bei den Feststellungen zum Vorsatz hinsichtlich des Werts der Diebsbeute über 50.000 Euro ist ein offensichtlicher und sohin unbeachtlicher Schreibfehler (US 7 iVm US 3 und 12: Verwechslung des Drittangeklagten G***** mit dem Zweitangeklagten Ga*****; vgl RIS-Justiz RS0107358).
Indem aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO nur das angebliche Fehlen aktenkundiger Beweisergebnisse für die Schuld des Angeklagten, nicht aber gegen dessen Schuld sprechende Tatumstände aus den Akten releviert werden, gelangt die Tatsachenrüge nicht zur prozessförmigen Darstellung (11 Os 127/09z ua). Ohne direkten Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial bloß aus Erwägungen der Tatrichter Bedenken abzuleiten, ermöglicht die Tatsachenrüge genauso wenig (RIS-Justiz RS0119424).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) ignoriert mit dem Vorbringen, es fehlten Feststellungen, der Rechtsmittelwerber habe einen Diebstahl durch Einbruch in seinen Vorsatz aufgenommen, die Gesamtheit des Tatsachensubstrats der angefochtenen Entscheidung, aus der dies hervorgeht (US 7, 12; 2).
Keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (Z 11 zweiter Fall) zeigt der Nichtigkeitswerber mit der Kritik am besonderen Erschwerungsgrund der „verstärkten Tatbestandsmäßigkeit“ auf (US 15), treffen bei ihm doch nach den tatrichterlichen Annahmen die Voraussetzungen zweier Qualifikationsmerkmale sowohl des § 129 StGB als auch des § 130 StGB zusammen. Der Verweis, im Urteil (des Landesgerichts für Strafsachen Graz) vom 14. April 2010, AZ 12 Hv 116/09s, auf das bei der gegenständlichen Strafzumessung Bedacht genommen wurde (§ 40 StGB), sei „die Verwirklichung mehrfacher Tatqualifikationen sowie die Höhe des Betrags der beabsichtigten Beute beim ersten Faktum als erschwerend herangezogen worden“, ist unverständlich (zur Selbständigkeit von Urteilen im Verhältnis des § 31 StGB vgl überdies etwa Fabrizy StGB10 § 31 Rz 12).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - ebenso wie die vom Angeklagten G***** angemeldete, indes gegen kollegialgerichtliche Urteile im Gesetz nicht vorgesehene Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (ON 48) - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1; 283 Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (wegen des Ausspruchs über die Strafe) folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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