OGH 11Os26/11z

OGH11Os26/11z14.4.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred I***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten I***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 21. April 2010, GZ 38 Hv 14/08h-216, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten I***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch unbekämpft gebliebene Teilfreisprüche des Angeklagten I***** von Betrugsvorwürfen und den Totalfreispruch des Angeklagten Dr. Gerhard H***** enthält - wurde Alfred I***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB (I./) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1, Abs 4 Z 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz - in M***** und an anderen Orten Österreichs als Geschäftsführer der P***** GmbH (in der Folge P*****)

I./ Bestandteile des Vermögens dieser Gesellschaft veräußert bzw sonst deren Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung der Gläubiger dieses Unternehmens, und zwar zumindest der R*****, der K*****, der N***** sowie der Ra*****, vereitelt „und geschmälert“, indem er

1./ am 30. April 2002 zu Lasten des Kontos der Gesellschaft bei der R***** die Überweisung eines Betrags von 436.037,01 Euro an Patrick O***** als Kaufpreis für den Erwerb eines 15 % Geschäftsanteils der P***** für die Alfred I***** Privatstiftung veranlasste (Schaden: 378.638,81 Euro),

2./ am 6. März 2003 der Pr***** AG und der G***** AG sämtliche Anlagegüter der P***** GmbH, nämlich Büroeinrichtung, Büromaschinen und EDV-Programme im Gesamtwert von 195.667,61 Euro um 133.500 Euro übereignete,

wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden, insgesamt 440.806,42 Euro betragenden Schaden herbeiführte.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten I***** aus § 281 Abs 1 Z 9 [lit] a StPO.

Nach den zusammengefassten erstgerichtlichen Feststellungen zu Faktum I./1./ (US 10 bis 14) war der nicht liquiden P***** am 29. April 2002 von Alfred L***** ein Darlehen eingeräumt worden, welches dieser durch einen von ihm aufgenommenen Kredit bei einer Bank gewähren konnte. Der Angeklagte als Geschäftsführer der P***** beauftragte diese Bank, aus der Darlehensvaluta einerseits eine offene Verbindlichkeit der P***** gegenüber Patrick O***** (welcher der P***** 1997 ein Darlehen im Wert von 363.363,17 Euro gewährt hatte) zu begleichen sowie darüber hinaus den Kauf des 15%igen Anteils an der P*****, der von Patrick O***** gehalten wurde, für die Alfred I***** Privatstiftung zu finanzieren, wobei die genannte Stiftung seit 2000 buchmäßig überschuldet und die Forderung der P***** an jene in der oben ersichtlichen Höhe somit nicht einbringlich war.

Der Nichtigkeitswerber behauptet, das Darlehen L***** sei zur Gänze und ausschließlich für Zahlungen an Patrick O***** gewidmet gewesen, weshalb die Valuta nicht in die freie Verfügung der P***** und somit auch nicht in den Gläubigerbefriedigungsfonds gefallen sei.

Rechtliche Beurteilung

Diese vom Kreditar bestimmte enge Zweckwidmung ist indes den tatrichterlichen Feststellungen ebenso wenig zu entnehmen wie das vom Beschwerdeführer unterstellte Einverständnis sämtlicher Gläubiger damit (US 12 bis 15). Indizien für einen Feststellungsmangel (vgl prozessual Ratz, WK-StPO § 281 Rz 601, 602) im zweitgenannten Sinn - also einen völligen Entfall des Gläubigerinteresses an der Forderungsbefriedigung (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 Rz 2) - vermag der Angeklagte keine zu nennen.

Die das Sachverhaltssubstrat der angefochtenen Entscheidung verlassende Argumentation des Rechtsmittelwerbers - der sich überdies in eigenständig beweiswürdigende Überlegungen ergeht („... drängt sich der Schluss auf ...“; „am einfachsten wäre es gewesen ...“) und den konstatierten Tatvorsatz (US 14) schlicht ignoriert - entzieht sich somit meritorischer Erwiderung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584, 586, 587).

Dies gilt gleichermaßen für die Hypothese, das Geschäftskonto der P***** habe „lediglich zur Abwicklung der Überweisung“ gedient (gegenteilig US 12) und für Spekulationen zu Alternativszenarien der Verwendung der Darlehensvaluta.

Dass die Überschuldung der Alfred I***** Privatstiftung „für die rechtliche Subsumtion unter § 156 StGB keine Rolle … spielt“, wird vom Nichtigkeitswerber ohne jegliche juristisch-methodische Ableitung - sohin neuerlich nicht erwiderungsfähig - bloß in den Raum gestellt, nicht anders, wenn er (der Sache nach Z 10) eine Einordnung des aus Schuldspruch I./1./ ersichtlichen Vorwurfs „unter § 159 StGB“ ventiliert.

Zum Schuldspruch I./2./ verliert sich die Beschwerde vollends in - teilweise auf „eigene Erfahrungen“ des Verteidigers „als Masseverwalter“ gegründete - beweiswürdigende Überlegungen („... hätte es eines Sachverständigengutachtens bedurft, das den tatsächlichen Wert zum Zeitpunkt des Verkaufs ermittelt. Nur dann ist ersichtlich, ob überhaupt eine tatbestandsmäßige Vermögensschmälerung stattgefunden hat.“), die nicht Gegenstand der prozessordnungsgemäßen Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit sind; die Stellung eines entsprechenden Antrags in der Hauptverhandlung, der als Anknüpfung für ein Verständnis des Vorbringens als solches aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO dienen könnte, wird vom Angeklagten nicht einmal behauptet.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die unter einem erhobene Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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