Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch Privatbeteiligtenzusprüche enthaltenden Urteil wurde Peter P***** (zu I./1./ und 2./) der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, (zu II./) des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, (zu III./) des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 Abs 1 StGB, (zu IV./1./a./ und b./) der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 StGB und (zu IV./2./a./ bis c./) der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach §§ 15, 207a Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Danach hat er
I./ eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen oder von einer unmündigen Person an sich vornehmen lassen, und zwar
1./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen Ende April und Anfang Mai 2009, indem er Daud U***** (geboren 7. Oktober 2001) aufforderte, mit ihm in einen Keller zu gehen und seine Hose auszuziehen und im Anschluss daran dessen Penis berührte;
2./ am 14. Jänner 2010, indem er Patrick W***** (geboren 13. Juli 2001) in einen Hauseingang lockte, ihn aufforderte, seine Hose auszuziehen, im Anschluss daran dessen Penis berührte sowie seinen eigenen Penis entblößte und Patrick W***** aufforderte, seinen Penis zu küssen;
II./ am 12. Jänner 2010 mit einer unmündigen Person eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er Monik N***** (geboren 14. März 2001) einen Finger in die Scheide einführte;
III./ am 31. Jänner 2010 eine Handlung, die geeignet ist, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden, vor einer unmündigen Person vorgenommen, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, indem er René T***** (geboren 26. Dezember 1999) und Melanie T***** (geboren 18. November 2002) seinen Penis zeigte;
IV./ eine pornographische Darstellung einer minderjährigen Person (Abs 4)
1./ hergestellt, und zwar
a./ am 21. Mai 2009, indem er Daud U***** (geboren 7. Oktober 2001) die Hose hinunter zog und dessen Penis fotografierte;
b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen Ende April und Anfang Mai 2009, indem er im Anschluss an die unter Punkt I./1./ angeführte Tat den Penis von Daud U***** (geboren 7. Oktober 2001) fotografierte;
2./ herzustellen versucht, und zwar
a./ am 21. Mai 2009, indem er Stefan K***** (geboren 4. April 2002) und Boban S***** (geboren 1. Juli 2001) in einen Keller lockte, um deren Geschlechtsteile zu fotografieren, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil diese wegrannten;
b./ am 27. Jänner 2010, indem er versuchte, Philipp A***** (geboren 25. November 1999) in einen Keller zu locken, um dessen Geschlechtsteil zu fotografieren, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil dieser flüchtete;
c./ am 31. Jänner 2010, indem er versuchte, René T***** (geboren 26. Dezember 1999) und Melanie T***** (geboren 18. November 2002) in ein Stiegenhaus zu locken, um deren Geschlechtsteile zu fotografieren, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil René T***** mit einem Stock gegen ein Fenster schlug und er daraufhin die Flucht ergriff.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.
Der Mängelrüge zuwider ist das Erstgericht aus Anlass der in der Hauptverhandlung gemachten Beobachtungen (S 27 in ON 73) sehr wohl davon ausgegangen, dass der Angeklagte über ein Nervenleiden verfügt, das bewirkt, dass er immer wieder relativ auffällige, tickartige und unruhige Bewegungen im Bereich des Halses macht, diese Auffälligkeit schon anlässlich einer Begutachtung durch den Sachverständigen in einem der ersten gegen den Angeklagten im Jahr 1983 geführten Verfahren bemerkt worden war und dass keines der nunmehrigen Opfer eine solche geschildert hat (US 12).
Soweit der Beschwerdeführer aus der Darlegung des Sachverständigen Dr. P*****, es sei nicht auszuschließen, dass er das eine viertel Stunde unterdrücken könne (S 31 in ON 73), für ihn günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, das - im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen - zum Ergebnis gelangte, dass auch das bestehende Nervenleiden eine Täterschaft des Angeklagten daher nicht ausschließe (US 12), bekämpft er nach Art einer Schuldberufung in im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Das Schöffengericht prüfte - was die Beschwerde ohnedies zugesteht - die Tagebucheintragungen des Angeklagten beispielhaft und gelangte selbst unter Zugrundelegung ihrer Richtigkeit zum Ergebnis, dass sie die entsprechenden Tatzeitpunkte keineswegs ausschließen (US 11 f).
Welcher darüber hinausgehender konkreter Ausführungen aufgrund des Tagebuchs (vgl die im Akt befindlichen, in der Hauptverhandlung verlesenen [S 45 in ON 73] auszugsweisen Kopien [S 189 bis 195 in ON 6]) und Angaben des Angeklagten es bedurft hätte, wird mit der Forderung, es wäre festzuhalten gewesen, „wann er wie lange und wo gewesen sei, damit Schlussfolgerungen in die Richtung möglich wären, ob es dem Angeklagten überhaupt möglich gewesen sei, einige Tatorte innerhalb gewisser Zeiten zu erreichen“, nicht deutlich und bestimmt erklärt (vgl §§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO). Der damit offenbar erhobene Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) ist solcherart einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Bemerkt wird, dass die vom Erstgericht vorgenommenen Privatbeteiligtenzusprüche zu Recht unter Setzung einer 14-tägigen Leistungsfrist erfolgten, weil § 366 Abs 2 StPO idF BGBl I 2007/93 in Ansehung der Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche im Wege des darin nunmehr enthaltenen Klammerzitats ua auf § 409 ZPO verweist, dessen Absatz 1 die Bestimmung einer solchen Frist grundsätzlich vorsieht (vgl demgegenüber zur früheren Rechtslage RIS-Justiz RS0101277, insbes SSt 6/87; Lohsing-Serini, Österreichisches Strafprozessrecht4 503).
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