Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, an Stelle des Handelsgerichts Wien das Landesgericht Innsbruck als Handelsgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ 15 Cg 58/10m zu bestimmen, wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt mit seiner beim Handelsgericht Wien, sohin am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten, eingebrachten Klage zuletzt den Betrag von 148.651,94 EUR sA, davon 139.413,52 EUR Zug um Zug gegen Übertragung näher bezeichneter Aktien, aus dem Titel des Schadenersatzes zufolge mangelhafter Beratung und Aufklärung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wertpapieren.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung.
Der Kläger beantragte die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck als Handelsgericht. Die Delegierung sei zweckmäßig, weil von den vier vom Kläger beantragten Zeugen nur ein Zeuge in Wien aufhältig sei, während die anderen drei Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck haben. Mit der Delegierung reduziere sich die Reisezeit der Zeugen und der Aufwand an Zeugengebühren, zumal vom zunächst angerufenen Handelsgericht Wien noch niemand vernommen worden sei.
Die Beklagte und die beiden Nebenintervenienten sprachen sich gegen die vom Kläger begehrte Delegierung aus. Vor dem Handelsgericht Wien haben bereits zwei Verhandlungen stattgefunden, die im Fall der Delegierung wiederholt werden müssten. Sowohl der Beklagtenvertreter als auch die beiden Nebenintervenientenvertreter haben ihren Sitz in Wien. Im Fall der Delegierung käme es durch die Verdoppelung des Einheitssatzes zu einer Erhöhung der Vertretungskosten, die die Reisegebühren der Zeugen überwiege. Auf Seite des Klagevertreters käme es durch die Delegierung zu keiner Kostenersparnis, weil dieser seinen Sitz in Dornbirn habe. Im Übrigen sei ihm eine Verhandlung in Wien zumutbar, weil er ohnehin auch über eine Niederlassung in Wien verfüge.
Das Erstgericht legte die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor, ohne dazu eine Äußerung abzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist - ohne dass zu dessen Beurteilung noch eine Äußerung des Erstgerichts hätte abgefordert werden müssen (vgl 5 Nc 8/10m ua) - nicht berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS-Justiz RS0046333; RS0053169 ua). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch zu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf (RIS-Justiz RS0046589 ua).
Im vorliegenden Fall mag es zwar zutreffen, dass drei Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck ihren Wohnsitz haben, aber auch sie haben ihren Wohnsitz nicht am Gerichtsort des zu delegierenden Gerichts, sondern im Sprengel des Bezirksgerichts Lienz. Der Kläger, zwei weitere Zeugen, der Klagevertreter, der Beklagtenvertreter und die beiden Nebenintervenientenvertreter haben ihren Sitz nicht im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck, sondern der Kläger im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt, der Klagevertreter im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch, die übrigen Genannten in Wien. Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligter für die vom Kläger beantragte Delegierung sprechen, liegen daher nicht vor, weshalb der Delegierungsantrag abzuweisen ist (RIS-Justiz RS0046324 ua).
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