OGH 2Ob14/11i

OGH2Ob14/11i17.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Helmuth A*****, vertreten durch Mag. Christine Schneider, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Kazimierz J***** M*****, vertreten durch Mag. Patrycja Gamsjäger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 11.278,79 EUR sA und Feststellung (Streitwert 3.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 25. November 2010, GZ 1 R 239/10x, 1 R 240/10v-21, womit der Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 8. September 2010, GZ 15 Cg 88/10h-9, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses bilden weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung

Am 20. 1. 2010 ereignete sich in Waidring ein Schiunfall, an dem der Kläger und der Beklagte beteiligt waren.

Der Kläger begehrt die Zahlung des unfallkausalen Schadens sowie Feststellung der Haftung für künftige Schäden aus dem Schiunfall. Die Zuständigkeit des angerufenen Landesgerichts Innsbruck stützte der Kläger auf Art 5 Nr 3 EuGVVO.

Der Beklagte erstattete eine Klagebeantwortung und einen weiteren Schriftsatz mit Vorbringen in der Sache. In der ersten mündlichen Streitverhandlung erhob er dann erstmals die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit, weil sich der Schiunfall im Gemeindegebiet von Unken im Sprengel des Landesgerichts Salzburg ereignet habe.

Das Erstgericht schränkte daraufhin die Verhandlung auf die Frage der Zuständigkeit ein. Der Kläger beantragt die für den Fall, dass das Gericht seine Unzuständigkeit aussprechen sollte, die Überweisung der Klage an das Landesgericht Salzburg. In der Folge erklärte sich das Erstgericht für örtlich unzuständig und überwies die Sache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Salzburg.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht wies seinen Rekurs zurück. Zwar sei nach der Judikatur entgegen dem Wortlaut des § 261 Abs 6 ZPO ein Rechtsmittel unter anderem dann zulässig, wenn das Gericht eine bereits geheilte Unzuständigkeit aufgegriffen habe. Diese Voraussetzung liege aber nur dann vor, wenn das Gericht von Amts wegen, also ohne Unzuständigkeitseinrede des Beklagten, eine geheilte Unzuständigkeit aufgreifen wolle. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht aber 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der nach einem Abänderungsantrag zugelassene Revisionsrekurs des Klägers.

Der Beklagte hält den Revisionsrekurs des Klägers für unzulässig, beantragt aber ihm keine Folge zu geben und stellt in eventu einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, und im Sinne seines vom gestellten Abänderungsantrag umfassten Aufhebungsantrags berechtigt.

Wie bereits das Rekursgericht dargelegt hat, ist gegen den Beschluss, mit dem über einen Überweisungsantrag entschieden wurde, nach § 261 Abs 6 ZPO ein Rechtsmittel grundsätzlich unzulässig. Der Rechtsmittelausschluss besteht aber dann nicht, wenn eine Überweisung ausgesprochen wurde, die ausdrücklich gegen die gesetzlichen Vorschriften des § 261 Abs 6 ZPO verstößt (RIS-Justiz RS0039863). Wenn die vom Erstgericht ausgesprochene Überweisung der genannten Bestimmung derart widerspricht, dass der Zweck des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt wird, ist der Überweisungsbeschluss anfechtbar (RIS-Justiz RS0039091). Dem folgend ist ein Rechtsmittel zulässig, wenn zB die Klage an ein vom Kläger gar nicht bezeichnetes Gericht überwiesen wird, oder die Überweisung gegen die Bindungswirkung einer Zuständigkeitsentscheidung verstößt oder das Gericht eine geheilte Unzuständigkeit aufgreift (1 Ob 37/01z mwN).

Mangelt es schon an einer rechtswirksamen Unzuständigkeitseinrede, kann eine - wenngleich über Antrag der klagenden Partei erfolgte - Überweisung der Klage gemäß § 261 Abs 6 ZPO nicht stattfinden, weil der Ausspruch der Unzuständigkeit für eine solche Überweisung Voraussetzung ist. In einem solchen Fall besteht daher der Rechtsmittelausschluss ebenfalls nicht (1 Ob 136/98a = JBl 1999, 255).

Eben dies ist hier der Fall, hat doch der Beklagte die Unzuständigkeitseinrede zu einem Zeitpunkt erhoben, als er sich bereits durch die Klagebeantwortung und einen weiteren Schriftsatz in den Rechtsstreit eingelassen hatte und daher eine wirksame Unzuständigkeitseinrede nicht mehr erheben konnte.

Es war daher der rekursgerichtliche Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und dem Rekursgericht die meritorische Entscheidung über den zurückgewiesenen Rekurs aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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