Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Angela L***** (zu I./) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB und der Vergehen (zu II./) der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB, (zu III./) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und (zu IV./) der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie in Wien
I./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung teilweise schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Verfügungsberechtigte der U***** AG und der B***** und Ö***** AG durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese bzw Leopold Ba***** am Vermögen schädigten, und zwar
1./ indem sie vortäuschte über die Konten mit der Nr ***** (U***** AG) und Nr ***** (B***** und Ö***** AG) des Hermann R***** verfügungsberechtigt zu sein, unter Verwendung gefälschter Überweisungsscheine, sohin falscher Urkunden, zur Überweisung der nachgenannten Geldbeträge auf ihr Konto bei der E***** AG;
a./ verleitet und zwar
aa./ am 9. Dezember 2008 in Höhe von 3.350 Euro;
bb./ am 19. Dezember 2008 in Höhe von 3.650 Euro;
b./ zu verleiten versucht, und zwar
aa./ am 3. Dezember 2008 in Höhe von 5.500 Euro;
bb./ am 5. Dezember 2008 in Höhe von 15.000 Euro;
wodurch die U***** AG (zu 1./a./ aa./ und bb./ und 1./b./ aa./) und die B***** und Ö***** AG (zu 1./b./ bb./) am Vermögen geschädigt wurden (zu 1./a./) bzw werden sollten (zu 1./b./);
2./ am 23. Dezember 2009 durch die wahrheitswidrige Behauptung gegenüber der Mitarbeiterin der B***** und Ö***** AG Monika W*****, zur Übernahme der Unfallrente des Leopold Ba***** verfügungsberechtigt zu sein, und unter Vorlage des widerrechtlich erlangten Verständigungsschreiben zur Ausfolgung von 359,69 Euro, wodurch Leopold Ba***** um diesen Betrag am Vermögen geschädigt wurde;
II./ im Jänner 2009 eine falsche Urkunde, und zwar das angeblich von David Wi***** am 10. November 2008 verfasste Schreiben, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts verwendet, indem sie genanntes Schreiben gegenüber Mitarbeitern der E***** AG zum Beweis dafür, dass die auf ihrem Konto eingelangten Überweisungen des Hermann R***** rechtmäßig gewesen seien, vorlegte;
III./ am 14. Dezember 2009 Leopold Ba***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem sie ihm einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch dieser ein Hämatom am rechten Auge erlitt;
IV./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt bis zum 23. Jänner 2010 Urkunden, über die sie nicht verfügen durfte, und zwar zwei P*****-Anweisungsbelege des Leopold Ba***** über den Betrag von jeweils 359,68 Euro, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem sie diese an sich nahm.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; sie schlägt fehl.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde ein Antrag auf „Einholung eines Gutachtens aus dem Gebiet der Handschriftenvergleichung“ betreffend die Echtheit der Unterschrift des David Wi***** vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gar nicht gestellt (s ON 94, S 53 bis 63).
Ohne Verletzung von Verteidigungsrechten durfte das Schöffengericht den Antrag auf Beischaffung des - die Meldung des Hermann R***** vom 23. Februar 2008 betreffenden - „Aktes vom Koat Favoriten“ (ON 94, S 57 f) abweisen, wurde doch der damit unter Beweis zu stellende Umstand, dass nach Anzeigeerstattung (eines von der Polizei offenbar als nicht strafbar angesehenen und auch keine sicherheitspolizeilichen Maßnahmen beanspruchenden Verhaltens [ON 6, S 3 f]) keinerlei kriminaltechnische Schritte unternommen und kein Kontakt mit der Angeklagten zustande kam, mangels entgegenstehender Verfahrensergebnisse ersichtlich ohnehin als erwiesen angenommen (vgl US 26; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 342), während die vom Verteidiger - entgegen der Verantwortung der Angeklagten („Nein, der Zeuge hat die Meldung nicht erfunden“, ON 94, S 51) - daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen nicht Gegenstand einer Beweisaufnahme, sondern Aufgabe der tatrichterlichen Beweiswürdigung sind.
Keine erhebliche Tatsache betrifft die Frage, in welchem Lokal Hermann R***** die Angeklagte Anfang Februar 2008 kennengelernt hat, sodass die beantragte Vernehmung der Zeugin Dr. H***** (ON 94, S 59) zu Recht unterbleiben durfte, wozu kommt, dass bei Antragstellung auch nicht dargetan wurde, aufgrund welcher besonderen Umstände zu erwarten sei, dass sich die Inhaberin eines Kaffeehauses im August 2009 daran erinnern können soll, ob die - ihr nach dem Antragsvorbringen unbekannte - Angeklagte zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt etwa Anfang Februar 2008 als Gast in ihrem Lokal war oder nicht, sodass der Antrag auch auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung abzielte (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 353).
Schließlich verfiel auch der Antrag auf Beischaffung des im Sachwalterschaftsverfahren erstatteten psychiatrischen Gutachtens betreffend Leopold Ba***** (ON 94, S 55 f) zu Recht der Ablehnung, weil die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen Aufgabe des erkennenden Gerichts ist und die Hilfestellung durch einen Sachverständigen dabei nur in den Ausnahmsfällen in Betracht kommt, in denen objektive Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung, Entwicklungsstörung oder einen sonstigen Defekt vorhanden sind, wobei die Störungen erheblich sein und dem Grad des § 11 StGB nahe kommen müssen oder gegen die allgemeine Wahrnehmungs- oder Wiedergabefähigkeit oder gegen die Aussageehrlichkeit des Zeugen schlechthin sprechen (Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 8). Das erkennende Gericht, das sich einen umfassenden persönlichen Eindruck vom Zeugen verschafft und die Verlässlichkeit seiner Angaben ohnehin differenzierend beurteilt hat (US 31 ff), war nur aus dem bloßen Umstand der Besachwalterung des Zeugen somit auch nicht verhalten, sich mit einem - zudem zeitlich vor den nunmehrigen Ereignissen erstatteten und auf diese daher naturgemäß nicht Bezug nehmenden - psychiatrischen Gutachten über behauptete „Erinnerungs- und Wahrnehmungsstörungen“ des Zeugen zu befassen.
Dem Vorwurf der Mängelrüge (Z 5) einer offenbar unzureichenden Begründung des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zuwider hat das Erstgericht gar nicht festgestellt, dass die Angeklagte selbst „Unterschriften auf Überweisungen oder das Schriftstück vom 10. November 2008 gefälscht hätte“ (US 16 ff), welcher Umstand im Übrigen für die - den Vorwurf der Verwendung (von wem auch immer) gefälschter Urkunden beinhaltenden - Schuldsprüche zu I./ und II./ auch keine entscheidende Tatsache darstellen würde.
Mit der Behauptung, die von Hermann R***** beim Polizeikommissariat Favoriten erstattete Anzeige gegen die Angeklagte stelle keinen geeigneten Beweis dafür dar, dass der Anzeiger und die Angeklagte einander gekannt hätten, zeigt die Beschwerde keinen Begründungsmangel auf, sondern bekämpft in unzulässiger Form die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Keine unzureichende Begründung wird mit der Kritik daran dargetan, dass das Schöffengericht die Angaben des Zeugen Leopold Ba***** ungeachtet dessen Besachwalterung zum Teil als persönlich glaubwürdig angesehen hat. Die Behauptung, das Erstgericht habe die Meinung vertreten, dass der Zeuge in weiteren „wesentlichen Punkten gelogen“ habe, entbehrt jeder Grundlage (s US 33).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ignoriert mit der Bestreitung des Eintritts von Vermögensschäden zu I./ prozessordnungswidrig zum einen die Urteilsfeststellungen zum Schadenseintritt US 18, zum anderen, dass die Tat in zwei Fällen beim Versuch blieb.
Zu II./ vermeint die Beschwerde, es läge kein Gebrauch einer Urkunde im Rechtsverkehr iSd § 223 Abs 2 StGB vor, weil hievon „nichts in der Anklage“ stehe, nimmt aber damit nicht Bezug auf die für die rechtliche Beurteilung allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen (US 19 f). Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auch eigenständige beweiswürdigende Erwägungen kundtut, verfehlt sie erneut das Anfechtungsziel.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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