Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die Antragstellerin entstammt der 1994 geschiedenen Ehe des Antragsgegners mit der Mutter der Antragstellerin, in deren Haushalt sie nach wie vor lebt. Der Antragsgegner war zuletzt aufgrund eines am 20. Oktober 1998 geschlossenen Vergleichs zu Unterhaltsleistungen von monatlich 436,04 EUR verpflichtet, leistete in der Folge jedoch unstrittig freiwillig 581 EUR monatlich, seit Mai 2007 aufgrund einer einstweiligen Verfügung 750 EUR monatlich.
Die Antragstellerin - zunächst als Minderjährige noch vertreten durch ihre Mutter - beantragte die Unterhaltserhöhung auf monatlich 850 EUR ab 19. Dezember 2006 sowie die Zuerkennung eines Sonderbedarfs von 3.213 EUR für kieferorthopädische Behandlungen in den Jahren 2004 bis 2007.
Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zu erhöhten Unterhaltsleistungen von 766 EUR, 780 EUR, 808 EUR und 812 EUR für näher bestimmte Zeiträume und 813 EUR ab 1. Juli 2009, jeweils monatlich unter Abzug der bereits geleisteten Zahlungen von 581 EUR (bis 23. Mai 2007) und von monatlich 750 EUR (ab 24. Mai 2007).
Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche Unterhaltsbemessung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Antragsgegners legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 62 Abs 3 AußStrG - -außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG binnen 14 Tagen nach der Zustellung des rekursgerichtlichen Beschlusses den beim Erstgericht (§ 63 Abs 2 AußStrG) einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts nach § 62 Abs 1 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.
In diesem Fall, in dem es - ungeachtet der Einbeziehung des bereits früher verglichenen bzw tatsächlich geleisteten Unterhalts in den Spruch der Entscheidung - nur um die Erhöhung, nicht die erstmalige Festsetzung gesetzlichen Unterhalts geht, ist Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz nach zutreffender neuerer Rechtsprechung allein das 36-fache des strittigen laufenden Unterhalts (zuletzt etwa 3 Ob 88/10w mwN; RIS-Justiz RS0042366, RS0122735, RS0103147). Auf die Unterhaltsbeträge für die Vergangenheit kommt es nicht an (RIS-Justiz RS0114353). Strittig ist aber in Wahrheit - ungeachtet des Standpunkts des Antragsgegners, er schulde gar keinen Unterhalt, hat er doch keinen Herabsetzungsantrag erhoben - nur die Differenz zwischen dem vom Erstgericht zuerkannten und dem freiwillig bezahlten Betrag von 581 EUR monatlich, zumal der Antragsgegner die Entscheidung des Erstgerichts nur hinsichtlich der über 581 EUR monatlich hinausgehenden Unterhaltspflicht bekämpfte. Nur dieser Differenzbetrag war im Rekursverfahren strittig und daher Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts.
Der Differenzbetrag von 232 EUR (813 EUR minus 581 EUR) führt gemäß § 58 Abs 1 JN (36 Monatsbeträge) zu einem Entscheidungsgegenstand von 8.352 EUR, also jedenfalls unter 30.000 EUR, sogar dann, wenn der zusätzlich strittige Sonderbedarf von 3.213 EUR aufgrund des tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs gemäß § 55 JN iVm § 59 Abs 3 AußStrG zusammengerechnet würde.
Der Antragsgegner brachte das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht ein und machte geltend, dass und aus welchen Gründen er entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts den Revisionsrekurs für zulässig erachte. Der Abänderungsantrag gemäß § 63 Abs 1 AußStrG ist aber nicht an das Rekursgericht, sondern an den Obersten Gerichtshof gerichtet.
Im Hinblick auf die dargelegte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sondern dem Rekursgericht, allenfalls nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens, wenn das Erstgericht der Meinung ist, der Vorlage an das Rekursgericht stehe der verfehlte Antrag des Antragsgegners entgegen (3 Ob 88/10b mwN).
Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen.
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