OGH 13Os106/10b

OGH13Os106/10b18.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Saadati als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ismet R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mevludin I***** sowie die Berufung des Angeklagten Ismet R***** gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 2. Juni 2010, GZ 35 Hv 39/10z-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Mevludin I***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wegen des Strafausspruchs werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Mevludin I***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ismet R***** und Mevludin I***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II/a), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (II/b) und der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (II/c) schuldig erkannt.

Danach haben sie am 28. Dezember 2009 in St. Pölten im einverständlichen Zusammenwirken

(I) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Margarete S***** dadurch, dass sie sich ihr in den Weg stellten, einer der Angeklagten deren Handtasche ergriff und sie ihr nach wiederholten Versuchen mit solcher Wucht entriss, dass sie einen Bruch des linken Mittelfingers erlitt und zu Sturz kam, während sich der andere zu allfälligem Eingreifen bereithielt und den Bewegungsspielraum des Opfers einengte, 70 Euro Bargeld, eine Handtasche, eine Brieftasche und ein Mobiltelefon weggenommen,

(II) durch die zu I beschriebenen Handlungen

a) den Führerschein der Margarete S***** mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass er im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werde,

b) die Bankomatkarten der Margarete und des Franz S***** mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt und

c) Margarete S***** dadurch geschädigt, dass sie einen Schlüssel aus deren Gewahrsam dauernd entzogen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Mevludin I***** geht fehl.

Indem die Mängelrüge (Z 5) die Auseinandersetzung mit einer bestimmten - im Übrigen nicht durch den gebotenen Hinweis auf die diesbezügliche Fundstelle (RIS-Justiz RS0124172) bezeichneten - Passage der Aussage des Beschwerdeführers vermisst (Z 5 zweiter Fall), verkennt sie das Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Das Erstgericht erörtert dessen leugnende Verantwortung und legt in den Gesetzen der Logik und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechender Begründung dar, aus welchen Gründen es diese als widerlegt erachtet (US 9 f). Eine darüber hinausgehende Diskussion des vollständigen Inhalts der Aussage des Beschwerdeführers ist unter dem Aspekt der Urteilsvollständigkeit nicht geboten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428), würde vielmehr dem gesetzlichen Auftrag zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zuwiderlaufen.

Soweit die Beschwerde unzureichende Urteilsbegründung (Z 5 vierter Fall) reklamiert, nimmt sie prozessordnungswidrig nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0116504, RS0119370). Die von ihr solcherart übergangenen Erwägungen der Tatrichter, mit denen die Feststellungen zum Tathergang aus der als glaubwürdig erachteten Aussage der Zeugin Margarete S*****, wonach ihr beide Täter den Weg versperrt haben und nach der Tat gemeinsam geflüchtet sind (ON 54 S 10 f, 12), und dem - in der Hauptverhandlung verlesenen (ON 54 S 13) - Polizeibericht, nach dem bei beiden Angeklagten Teile der Beute sichergestellt worden sind (ON 2 S 7), abgeleitet werden (US 10 f iVm US 4), sind aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich darin, den beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter eigene Beweiswerterwägungen entgegenzusetzen, und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes. Z 5a verlangt nämlich, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen - deutlich und bestimmt zu bezeichnenden - Beweismaterial erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegender entscheidender Tatsachen zu entwickeln (RIS-Justiz RS0119583; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 471, 481), welchen Erfordernissen die Beschwerde - wie dargelegt - nicht entspricht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO - ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene Berufung des Mevludin I***** wegen des Ausspruchs über die Schuld - schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen wegen des Strafausspruchs kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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