OGH 14Os147/10i

OGH14Os147/10i16.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Koller als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael S***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Siegfried G***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 29. Juni 2010, GZ 38 Hv 55/10w-100, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Siegfried G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - Siegfried G***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig (vgl US 8, 9) zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen und unter Verwendung gefälschter Schecks, mithin falscher Urkunden, folgende Personen zu diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag schädigenden Handlungen, nämlich jeweils zur Einlösung dieser Schecks, zu verleiten versucht, und zwar

(1) am 7. Juni 2004 in R***** gemeinsam mit Michael S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Verfügungsberechtigte der R***** R***** durch Vorlage eines Schecks über 10 Millionen Euro;

(2) am 28. August 2009 (in N*****) Verfügungsberechtigte der R***** W***** durch Vorlage gefälschter Travellerschecks im Wert von insgesamt 31.578,95 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 4 und 9 „lit b“ (der Sache nach lit a) StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Siegfried G***** schlägt fehl.

Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung von (inhaltlich) nur in einem Schriftsatz (ON 96) außerhalb der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen des Beschwerdeführers bekämpft, übersieht sie, dass die bloße Erklärung, derartige - vorliegend zudem nicht näher, etwa durch Bezeichnung des entsprechenden Schriftsatzes konkretisierte - Beweisanträge „aufrecht“ zu halten (vgl ON 99 S 28), dem Erfordernis, eine auf Durchführung der begehrten Verfahrensschritte bezogene, unmissverständliche Willenserklärung (auch) in der Hauptverhandlung zum Ausdruck zu bringen, nicht genügt (RIS-Justiz RS0099099 [T11]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310). Die Rüge scheitert daher in Bezug auf den Schuldspruch 2 bereits an der grundlegenden Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags.

Eine derart unmissverständliche Willenserklärung ist hingegen in Ansehung des zum Schuldspruch 1 gestellten und in der Hauptverhandlung „modifizierten“ Antrags auf „nochmalige Untersuchung der gegenständlichen Scheck-Kopie durch das LKA sowie Ladung und Einvernahme des untersuchenden Beamten“, weil „aufgrund der Untersuchung von Kopien“ nicht „einwandfrei nachweisbar“ sei, „dass es sich tatsächlich um Totalfälschungen gehandelt hat“, und es überdies für den Beschwerdeführer als Laien „zu keinem Zeitpunkt ersichtlich war, dass es sich bei den Schecks allenfalls um Totalfälschungen gehandelt hat“ (ON 99 S 28 f iVm ON 96 S 3 ff) zu erkennen. Angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Alternativen „falsche oder verfälschte Urkunde“ und „anderes solches Beweismittel“ (vgl RIS-Justiz RS0094537) war es für die Subsumtion unter § 147 Abs 1 Z 1 StGB aber nicht von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei dem inkriminierten Scheck um eine „Totalfälschung“ handelte; der begehrte Verfahrensschritt wurde daher zu Recht nicht durchgeführt. Im Übrigen war für die Tatrichter auch nicht zu erkennen, weshalb eine „nochmalige Untersuchung der gegenständlichen Scheck-Kopie“ zu einem anderen Ergebnis führen sollte. Der Antrag war somit auch auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (vgl RIS-Justiz RS0107040; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331).

Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit b, inhaltlich Z 9 lit a) wendet zum Schuldspruch 2 mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, „ob“ die vorgelegten Travellerschecks überhaupt täuschungsgeeignet waren, absolute Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) ein (vgl im Übrigen gerade mit Bezug auf Scheckfalsifikate: RIS-Justiz RS0120982), ohne jedoch den für die gesetzmäßige Darstellung eines Feststellungsmangels zu diesem Ausnahmesatz erforderlichen Hinweis auf indizierende Verfahrensergebnisse zu enthalten (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO); daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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