OGH 15Os142/10m

OGH15Os142/10m10.11.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. November 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichly als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sabahudin H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter bis vierter Fall, 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Senad J***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten H***** und J***** gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 23. Juni 2010, GZ 35 Hv 42/10s-414, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten J***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten Sabahudin H***** enthält, wurde Senad J***** zu I./ des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter bis vierter Fall, 15 StGB und zu II./ des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung zumindest jeweils eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung nachstehenden Personen bzw Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen und wegzunehmen versucht, wobei sie die Diebstähle in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahmequelle (gemeint: Einnahme, s § 70 StGB) zu verschaffen und zwar:

A./ zwischen 17. und 18. Oktober 2009 in Klagenfurt Verfügungsberechtigten der Firma B***** 9.802,43 Euro Bargeld durch Aufbrechen des Lieferanteneingangs und des Tresors,

B./ in der Nacht vom 17. auf 18. Oktober 2009 in Villach Verfügungsberechtigten der Firma B***** Bargeld durch Aufbrechen der Lieferantentür und weiterer Zwischentüren, wobei es mangels Auffindens eines Tresors beim Versuch blieb,

C./ zwischen 7. und 9. November 2009 in Salzburg Verfügungsberechtigten der Firma B***** rund 15.000 Euro Bargeld durch Aufbrechen eines Fensters, einer Bürotür und eines Tresors;

II./ am 8. November 2009 in Wien ausländische öffentliche Urkunden, die durch Gesetz inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt sind, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem sie diese anlässlich ihrer Festnahme den einschreitenden Beamten vorwiesen, und zwar:

1./ Sabahudin H***** einen bulgarischen Führerschein und eine bulgarische Identitätskarte lautend auf „Stefan Iwanov“, bei denen jeweils die Lichtbilder der Originaldokumente ausgetauscht worden waren,

2./ Senad J***** einen bulgarischen Führerschein und eine bulgarische Identitätskarte lautend auf „Emil Adamov“, wobei jeweils die Lichtbilder der Originaldokumente ausgetauscht worden waren.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen die Annahme der Qualifikation nach § 130 erster Satz zweiter Fall StGB zu I./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Senad J*****; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge nach Z 4 kritisiert die Abweisung des zum Beweis dafür gestellten Antrags auf Vernehmung von fünf namentlich genannten Zeugen, dass der Beschwerdeführer nicht Mitglied einer kriminellen Vereinigung gewesen sei.

Die Beschwerde scheitert bereits daran, dass gegenständlich am 8. Juni 2010 mit Schriftsatz beantragt worden war, diese Zeugen zum genannten Beweisthema zu vernehmen (ON 411), und der Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 23. Juni 2010 lediglich vorbrachte, er „hält den Beweisantrag vom 8. Juni 2010 (ON 411) aufrecht zur kriminellen Vereinigung“ (ON 413, S 20).

Nur in der Hauptverhandlung nach § 238 StPO gestellte Beweisanträge können nach dem klaren Gesetzeswortlaut Gegenstand der Verfahrensrüge sein, nicht jedoch in Schriftsätzen enthaltene (Danek, WK-StPO § 238 Rz 4). Eine erfolgversprechende Rüge der Abweisung eines in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrags setzt aber auch voraus, dass dieser in jener deutlich und bestimmt mündlich vorgetragen worden ist. Ein unsubstantiiert vorgenommener bloßer Verweis des Beschwerdeführers auf den einen Antrag enthaltenden Schriftsatz entspricht diesem Antragserfordernis ebenso wenig wie die Verlesung des Schriftsatzes durch das Gericht (RIS-Justiz RS0118060 [T2]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310).

Im Übrigen wurde vom Verteidiger nicht dargetan, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Beschwerdeführer behauptete Ergebnis erwarten lasse (Danek, WK-StPO § 238 Rz 7), und war die Tauglichkeit der Beweisführung für das Schöffengericht auch nicht ohne weiteres erkennbar (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 328), sodass der Sache nach ein bloßer Erkundungsbeweis begehrt wurde (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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