Spruch:
Der Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 14. Jänner 2010, GZ 25 Hv 142/09w-18, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494a Abs 1 und 495 Abs 2 StPO.
Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Landesgericht Eisenstadt aufgetragen, im Verfahren AZ 11 Hv 74/09t über den Widerruf der bedingten Strafnachsicht aus Anlass des Urteils des Landesgerichts Eisenstadt vom 14. Jänner 2010, GZ 25 Hv 142/09w-18, zu entscheiden.
Text
Gründe:
Dorin C***** wurde mit gekürzt ausgefertigtem - auch einen Schuldspruch eines Mittäters enthaltenden - Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 29. Juli 2009, GZ 11 Hv 74/09t-19, des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster, zweiter und vierter Fall und 15 StGB schuldig erkannt und nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 3 StGB der Vollzug eines Strafteils von neun Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mit - ebenfalls gekürzt ausgefertigtem - Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 14. Jänner 2010, GZ 25 Hv 142/09w-18, wurde Dorin C***** wegen vor dem oben angeführten Urteil begangener Taten des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf das frühere Urteil gemäß § 31 StGB zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Zugleich beschloss dieses Gericht gestützt auf § 55 StGB den Widerruf der mit dem früheren Urteil ausgesprochenen bedingten Strafnachsicht. Das Urteil und der Beschluss erwuchsen aufgrund allseitigen Rechtsmittelverzichts (ON 18 S 6) sofort in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Der genannte Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 14. Jänner 2010 verletzt, wie die Generalprokuratur in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu Recht aufzeigt, das Gesetz:
Nach § 55 Abs 1 StGB ist die bedingte Nachsicht einer Strafe zu widerrufen, wenn eine nachträgliche Verurteilung gemäß § 31 StGB erfolgt und eine bedingte Nachsicht bei gemeinsamer Aburteilung nicht gewährt worden wäre.
Die der Widerrufsentscheidung vom 14. Jänner 2010 ersichtlich zu Grunde gelegte Bestimmung des § 494a Abs 1 StPO stellt ausdrücklich auf die Verurteilung wegen einer „vor Ablauf der Probezeit … nach einer bedingten Nachsicht“ begangenen strafbaren Handlung ab, während § 31 StGB nur für Taten gilt, die (wie die hier vorliegenden) vor dem früheren Urteil begangen wurden. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Widerruf bei nachträglicher Verurteilung (§ 55 StGB) richtet sich daher nach § 495 Abs 2 StPO (RIS-Justiz RS0111521; Jerabek in WK² § 55 Rz 5). Demnach obliegt die Beschlussfassung über einen Widerruf im Fall einer nachträglichen Verurteilung jenem Gericht, dessen Urteil eine bedingte Nachsicht enthält und - was nur für den hier nicht gegebenen Fall Bedeutung hat, dass nicht nur eines der im Zusammenhang des § 31 StGB stehenden Urteile eine bedingte Nachsicht enthält - zuletzt rechtkräftig wurde (§ 495 Abs 2 StPO). Daher war vorliegend zur Entscheidung über einen Widerruf der bedingten Strafnachsicht das Landesgericht Eisenstadt im Verfahren AZ 11 Hv 74/09t berufen.
Weil die auf einer demnach gesetzwidrigen Zuständigkeitsannahme beruhende Widerrufsentscheidung geeignet ist, zum Nachteil des Verurteilten zu wirken, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, sie gemäß § 292 letzter Satz StPO zugleich mit der Feststellung der Gesetzesverletzung aufzuheben und dem Landesgericht Eisenstadt im Verfahren AZ 11 Hv 74/09t die Beschlussfassung über den Widerruf aufzutragen.
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